Europäisch-kanadischer Handelspakt Ceta: Einfach nicht ratifizieren

Die Ablehnung der Ceta-Verfassungsklagen demoralisiert Ak­ti­vis­t:in­nen nicht. Sie fordern, dass die Regierung kein Ratifizierungsgesetz vorlegt.

Flagge von Campact an einem Fahrrad "TTIP und CETA stoppen"

Protest gegen Ceta und TTIP im Jahr 2016 in Berlin Foto: Sebastian Wells

BERLIN taz | Die Geg­ne­r:in­nen des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens Ceta geben sich nach der Abweisung der Verfassungsklagen gegen den Wirtschaftspakt nicht geschlagen. Sie wollen erreichen, dass Deutschland das Abkommen nicht ratifiziert und die umstrittenen Klageprivilegien für Konzerne so nicht zum Zug kommen.

Am Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht Klagen gegen die vorläufige Anwendung von Ceta abgewiesen, sich aber nicht zum kompletten Abkommen geäußert. „Die Entscheidung ist kein verfassungsrechtlicher Freibrief für die Ratifizierung von Ceta“, betont nun Ernst-Christoph Stolper vom Umweltverband BUND. Der frühere grüne Wirtschaftsstaatssekretär in Rheinland-Pfalz fürchtet allerdings, dass die Be­für­wor­te­r:in­nen des Abkommens jetzt genau das behaupten – und auf eine schnelle Annahme drängen. Das müsse verhindert werden, sagt er.

Gegen Ceta und den Schwesterpakt TTIP mit den USA hatten 2015 und 2016 Hunderttausende Menschen protestiert. Die Geg­ne­r:in­nen fürchten, dass die Abkommen multinationalen Konzernen Rechte einräumen, mit denen etwa der Verbraucherschutz oder Parlamentsentscheidungen ausgehebelt werden können. Die Verhandlungen zu TTIP waren kurz vor dem Amtsantritt des vorigen US-Präsidenten Donald Trump gescheitert.

Ceta trat 2017 teilweise in Kraft. Die EU hatte den Pakt wegen des Widerstands in vielen Mitgliedstaaten aufgeteilt: Der erste Teil, bei dem es vor allem um den Wegfall von Zöllen geht, ist vorläufig in Kraft getreten. Der zweite umfasst unter anderem die umstrittenen Investorenschutzklagen. Sie geben Unternehmen das Recht, Staaten nach unliebsamen politischen Entscheidungen – etwa zum Klimaschutz – auf entgangene Gewinne zu verklagen.

Handel ist gewachsen

Durch Ceta ist der bilaterale Handel zwischen der EU und Kanada stark gewachsen. Nach Angaben der EU-Kommission lag sein Volumen 2021 bei 61 Milliarden Euro, das waren 31 Prozent mehr als 2016, dem Jahr vor dem vorläufigen Inkrafttreten. Der zweite Teil des Abkommens tritt erst in Kraft, wenn alle EU-Staaten den Pakt ratifiziert haben. Deutschland und elf weitere Staaten haben das noch nicht getan. Im Koalitionsvertrag haben die Ampelparteien vereinbart, zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Die FDP ist für Ceta, die SPD mehrheitlich ebenfalls. „Wir Grünen haben Ceta bislang vor allem aus politischen Gründen abgelehnt – daran hat sich nichts geändert“, sagt die grüne Vize-Fraktionschefin Lisa Paus. Ihre Partei will das Urteil des Verfassungsgerichts prüfen und danach gemeinsam mit SPD und FDP entscheiden, wie es weitergeht.

Dass die Regierung auf eine Ratifizierung verzichtet, ist nicht völlig abwegig. Den Ceta-Gegner:innen macht Hoffnung, dass sich die Parteien im Koalitionsvertrag gegen weitgehende Klagerechte für Unternehmen ausgesprochen haben, wie sie im Ceta-Abkommen vorgesehen sind. „Wir setzen uns für Investitionsabkommen ein, die den Investitionsschutz für Unternehmen im Ausland auf direkte Enteignungen und Diskriminierungen konzentrieren, und wollen die missbräuchliche Anwendung des Instruments – auch bei den noch ausstehenden Abkommen – verhindern“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Klage gegen Ratifizierungsgesetz

Die Ak­ti­vis­t:in­nen sind durch das Karlsruher Urteil keineswegs demoralisiert. „Wir sind entschlossen, weiter gegen Ceta zu kämpfen“, sagt Ludwig Essig vom Umweltinstitut München. Er ist Koordinator des „Netzwerks gerechter Welthandel“, das aus dem Bündnis gegen TTIP und Ceta hervorgegangen ist. Die Ak­ti­vis­t:in­nen planen eine große Online-Veranstaltung, um zu beraten, wie es jetzt weitergeht. „Wir arbeiten darauf hin, dass von der Regierung kein Ratifizierungsgesetz eingebracht wird“, sagt Essig. Rechtlich ist eine Nichtratifizierung unproblematisch. Dann würde der vorläufig in Kraft getretene Teil des Abkommens weiter gelten, die Klagerechte für Unternehmen aber nicht kommen.

Sollte die Ampel-Regierung einen Ratifizierungsentwurf vorlegen, werden die Ceta-Kritiker:innen wohl wieder vor Gericht ziehen. „Eine erneute Verfassungsbeschwerde ist auf jeden Fall eine Option“, sagt Rauna Bindewald von Foodwatch.

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