Bundestag beschließt UN-Bundeswehreinsatz in Afghanistan: Ein bisschen Hilfe
Es war kein Grundsatzstreit, über den der Bundestag am Samstag entschieden hat – auch wenn das Abstimmungsergebnis diesen Eindruck nahe legt. Wieder einmal hat die große Mehrheit der Regierungsfraktionen und der Opposition der deutschen Beteiligung an einer internationalen Militäroperation zugestimmt, wieder einmal hat die PDS den Antrag geschlossen abgelehnt.
Anders als im Kosovokonflikt und beim Afghanistankrieg ging es dieses Mal jedoch nicht um die prinzipielle Frage, ob der Zweck die militärischen Mittel heiligt, sondern lediglich darum, ob dieser Einsatz überhaupt geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen. Zweifel daran ließen Redner aller Parteien erkennen. Keine Bundestagsfraktion – auch nicht die der PDS – glaubt, dass sich die Lage in Afghanistan ohne militärgestützte internationale Beteiligung stabilisieren lässt. Andererseits ist aber auch niemand davon überzeugt, dass ein paar tausend Soldaten in der Hauptstadt ausreichen, um das bürgerkriegszerrissene Land zu befrieden. Kanzler und Außenminister räumten unumwunden ein, dass viele Fragen offen blieben und sich nicht alles habe durchsetzen lassen, was wünschenswert gewesen sei. Außerdem war im Bundestag viel davon die Rede, dass die Afghanen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssten und das Ausland allenfalls Hilfestellung leisten könne. Das hört sich, so abstrakt gesprochen, gut und sinnvoll an. Mit Blick auf die konkrete Lage klingt es allerdings weniger gut, sondern ziemlich zynisch. Der Winter ist da, und sieben Millionen Afghanen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Das internationale Militär ist jedoch nicht einmal in allen großen Städten des Landes stationiert, von der Provinz ganz zu schweigen, und es schützt auch keine Nahrungsmitteltransporte. Stattdessen bewachen die Soldaten Gebäude in Kabul. Wer einen Beweis dafür sucht, dass dem Westen das Schicksal der afghanischen Zivilbevölkerung ziemlich gleichgültig ist, der mag ihn im Umfang und Mandat der UN-Operation sehen.
Das kann man ungerecht finden. Zu Recht lässt sich darauf hinweisen, dass angesichts des Widerstandes der afghanischen Übergangsregierung gegen ausländische Truppen jeder größere UN-Einsatz schnell in den Ruch von Fremdherrschaft gekommen wäre. Aber wenn es dem Westen darum geht – und darum muss es ihm gehen! – das sympathisierende Umfeld von Terroristen nicht weiter anschwellen zu lassen, dann wird ihm Rechthaberei wenig nützen. Das Einzige, was da helfen kann, ist der Einsatz aller verfügbaren Kräfte für die Unterstützung der afghanischen Bevölkerung. Und dazu trägt diese UN-Operation wenig, zu wenig bei.
BETTINA GAUS
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