piwik no script img

Bundestag beschließt PKW-Maut„Deutschland wird sich blamieren“

Der Bundestag beschließt die umstrittene Pkw-Maut. Die Abgabe für Fahrten auf Bundesfernstraßen soll nächstes Jahr eingeführt werden.

Im Bundestag: Merkel verzieht den Mund. Bild: dpa

BERLIN afp | Grünen-Chefin Simone Peter hat die Zustimmung des Bundestags zur umstrittenen Pkw-Maut scharf kritisiert. „Dobrindts Ausländermaut ist ein trauriger Sieg bürokratischer Piefigkeit“, sagte Peter der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.

Deutschland werde sich mit dem von der CSU durchgesetzten Gesetz „bis auf die Knochen blamieren, wenn von europäischer Seite ein klares Nein kommt“. Eine Abgabe, die nur auf ausländische Bürger ziele, sei nicht europarechtskonform. Daran änderten auch die in letzter Minute vorgenommenen Korrekturen nichts. Diese führten lediglich zu noch mehr Verwaltungsaufwand.

Das Projekt von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) „zielt nicht auf die eigentlichen Verursacher ab und ist deshalb ökonomischer und ökologischer Unfug“, sagte die Grünen-Vorsitzende weiter. „Die Umbenennung in Infrastrukturabgabe ist deshalb reiner Etikettenschwindel.“ Die Grünen wollen insbesondere eine deutliche Ausweitung der Lkw-Maut, die für Lkw ab 3,5 Tonnen auf allen Straßen gelten soll. „Der Schwerverkehr erdrückt Straßen und Brücken unter seiner Last“, sagte Peter.

Die Grünen-Vorsitzende kritisierte, dass bei den Verhandlungen zwischen Union und SPD Anfang der Woche keine besseren Regelungen für die Grenzregionen getroffen wurden. Es bleibe dabei, dass die Pkw-Maut „den kleinen Grenzverkehr behindert und damit die Idee einer gelebten Nachbarschaft in Europa“, sagte Peter. Von den prognostizierten Einnahmen bleibe zudem „unterm Strich nichts übrig, weil die Maut ein Bürokratiemonster ist“.

Mautfrei an der Grenze?

Die Grünen-Fraktion hatte drei Änderungsanträge im Parlament gestellt, die am Freitag keine Mehrheit fanden. Es ging unter anderem um die Möglichkeit, Strecken in einem 30 Kilometer breiten Streifen an der Grenze von der Mautpflicht zu befreien, um dem Grenzverkehr nicht zu schaden. Außerdem sollte das Infrastrukturabgabengesetz automatisch außer Kraft treten, wenn der Europäische Gerichtshof festgestellt hat, dass die Abgabe europarechtswidrig ist. Entsprechend sollten auch die Steuerentlastungsbeträge dann nicht mehr berücksichtigt werden.

Die Pkw-Maut, die 2016 starten soll, zielt auf Fahrer von nicht in Deutschland zugelassenen Autos. Halter von hierzulande angemeldeten Pkw werden für die Abgabe entsprechend bei der Kfz-Steuer entlastet. Dobrindt erwartet durch die sogenannte Infrastrukturabgabe zusätzliche Einnahmen von 500 Millionen Euro pro Jahr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Mautgebühren auch für die Putzfrau, dafür sollte der Spitzensteuersatz und die Erbschaftssteuer abgeschafft werden. Ich hoffe, man kann dabei auf die SPD zählen.

  • 1G
    13937 (Profil gelöscht)
    • @13937 (Profil gelöscht):

      Darf ich höflich anmerken, dass z.B. in Österreich die Kfz-Steuer schon jetzt, also VOR deutscher Absenkung zur Maut-Kompensation, um ein mehrfaches höher ist (http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.99789.de/09-27-1.pdf) als in Deutschland?

      • @Bitbändiger:

        Was hat das damit zu tun? Es ist völlig unerheblich ob die Kfz-Steuer höher oder niedriger ist.

         

        Es sollte einem Land selbst überlassen sein, wie es seine Infrastruktur finanziert. Und Fakt ist, dass im Moment viele Kraftfahrer die deutsche Infrastruktur nutzen (auch für reinen Transit), ohne sich an den Kosten zu beteiligen. Und wenn diese nun für die in anspruch genommene Leistung auch bezahlen, sollte man natürlich auch die entlasten, die bisher alles finanziert haben.

         

        Ein Beispiel. Sie verreisen mit Freunden, mieten dafür ein Haus und einigen jeder bezahlt so und so viel. Jetzt bringen einige Ihrer Freunde auch ihre Partner mit ganz selbstverständlich, ohne auch was zu bezahlen. Bis sich einer ihrer Single Freunde beschwert, dass die Partner auch für Kost und Logis bezahlen sollten. Das leuchtet allen ein und die Partner bezahlen also auch. Am Ende der Ferien, sind nun aber 400 Euro mehr eingenommen worden (da Fixkosten durch die zusätzlichen Partner nicht gestiegen sind) als sie ausgegeben haben. Dann geben sie das Geld auch anteilig zurück und stekcen es nicht ein.

        • @Kleopatros:

          Ihre Einlassung nebst verworrenem Beispiel liegt doch deutlich neben der Sache.

           

          Ich habe @Robert Hansen auf den Vorhalt geantwortet, dass man ja in Europa auch fast überall per Maut zur Kasse gebeten werde. Dies hebt ab auf die heuchlerischen "Gerechtigkeits-"Fanatiker aus den bayerischen Hinterwäldern. Der Unterschied ist aber, dass in den anderen Ländern die Einheimischen gleichermaßen belastet werden wie die Ausländer, und speziell (und nicht nur) die Österreicher sogar jetzt schon mit einer deutlich höheren Kfz-Steuer als die Deutschen.

           

          Kann doch nicht so schwer zu verstehen sein?

    • @13937 (Profil gelöscht):

      @ Robert Hansen

      Sie springen zu kurz, denn da gibt es einen (feinen) Unterschied:

      Diese Länder bitten auch ihre eigenen Einwohner zur Kasse ohne gleichzeitige Entlastung bei anderen Abgaben, eben EU-konform.

      Spätestens in 3 -4 Jahren wird das in D auch so sein. Dann wird die deutsche Variante wegen ihres diskriminierenden Charakters vom EuGH für rechtswidrig erklärt werden. Aber die Abgabe (Maut) wird bleiben. Nur die Autobesitzer in der BRD werden (wieder) die volle Kfz-Steuer bezahlen, denn auf eine einmal erschaffene Einnahmequelle wird man in Berlin nicht verzichten wollen (s. Soli, Sektsteuer etc.).

       

      Noch ein Unterschied:

      In der BRD werden auch die Bundesstraßen "mautpflichtig". Die meisten Länder kassieren aber nur für Autobahnen und bieten nicht selten ein sehr gut ausgebautes Netz an Nationalstraßen (Ortsumfahrungen sind außerhalb der BRD meist Standard) zur kostenlosen Benutzung an. Für einen Tagesausflug ins Elsass oder nach Tirol muss dort niemand eine Straßenbenutzungsgebühr bezahlen.

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @13937 (Profil gelöscht):

      Bayernfan? Das lässt sich überhaupt nicht vergleichen. Was die CSU hier macht, ist reine Bierzeltpolitik, es wird uns allen schaden!!!

  • Zur Erinnerung:

     

    Merkel: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben": https://www.youtube.com/watch?v=T5a08pZBYf4

    • @duke:

      Zur Erinnerung , DUKE :

       

      Angela Merkel hat ihr Wort überhaupt nicht gebrochen, denn eine richtige PKW-Maut gibt es doch auch jetzt nicht.

       

      Eine echte Maut bezahlen schließlich immer alle Benutzer. Dobrindts bierzeltgeneriertes Gesetz ist doch keine Maut, sondern etwas völlig anderes, nämlich eine Infrastrukturabgabe. Bei diesem genialen bayrischen Bürokratiemonster werden bekanntlich nur Ausländer zur Kasse gebeten.

       

      Deshalb wird es mit dieser Kanzlerin auch keine Maut geben. Noch Fragen ?

      • @unSinn:

        Ich hoffe das ist ironisch gemeint?!

        Ansonsten ist das reine Wortspielerei, sonst nix.

         

        PKW benutzt Autobahn, Fahrer zahlt dafür, = Maut, Punkt. Infrastruktur Abgabe, ja nee is klar^^ und machen wir uns nix vor bald zahlen alle.