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Bundesrechnungshof kritisiert MautpläneGutachter fürchten höhere Kosten

Durch die Autobahn-Gesellschaft wird das Fahren teurer: Auf die Maut fällt Mehrwertsteuer an – und künftig wird sie wohl doch nach Strecke berechnet.

Die Benutzung deutscher Autobahnen könnte künftig teuer werden Foto: dpa

Berlin taz | Es ist das zentrale Versprechen, mit dem CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt die koalitionsintern umstrittene Pkw-Maut durchgesetzt hat: Kein deutscher Autofahrer werde durch die Maut, die offiziell „Infrastrukturabgabe“ heißt, zusätzlich belastet, denn sie werde genau der Höhe der bisherigen Kfz-Steuer entsprechen. Doch dass dies Versprechen eingehalten wird, erscheint fraglich, und zwar wegen der geplanten Übertragung der Autobahnen an eine neue Infrastrukturgesellschaft.

Das geht aus einem vertraulichen Gutachten des Bundesrechnungshofs vor, das am Mittwoch im Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags beraten wird und das der taz vorliegt. Zuvor hatte bereits stern.de darüber berichtet.

Zum einen fällt durch die umstrittene Übertragung der Verantwortung für die Autobahnen an eine privatrechtlich organisierte Gesellschaft auf die Maut Mehrwertsteuer an, sobald diese von der neuen Infrastrukturgesellschaft erhoben wird. Das ist ab dem Jahr 2021 geplant, berichtet der Bundesrechnungshof unter Berufung auf das Bundesfinanzministerium. Für Autofahrer würde die Maut damit um 19 Prozent teurer, sofern es im Gegenzug keine Absenkung gibt. Auch Lkw-Transporte würden entsprechend teurer.

Noch größere Folgen dürfte eine andere Veränderung haben: In seinem Gutachten zitiert der Rechnungshof eine interne Leitungsvorlage aus dem Bundesfinanzministerium, wonach angestrebt werde, „die Infrastrukturabgabe in eine streckenabhängige Maut umzuwandeln“. Damit würden Vielfahrer mehr bezahlen als bisher und das Maut-Versprechen wäre gebrochen.

Finanz- und Verkehrsministerium weisen das zurück. „Die Bundesregierung verfolgt keine Pläne für eine streckenbezogene Pkw-Maut“, erklärten sie. Inwieweit das auch für die Zukunft gilt, bleibt dabei aber offen. Nach Ansicht des Bundesrechnungshofs gäbe es aus Sicht der Regierung jedenfalls gute Gründe für die Umstellung.

Der Schutzzaun gegen eine Privati­sierung ist löchrig

Rechnungshofspräsident Scheller

Denn die neuen Autobahn-Gesellschaft soll eigenständig Kredite aufnehmen dürfen. Und ob diese im Rahmen der europäischen Schuldenbremse dem Staat zugeordnet werden, hängt von der Art der Finanzierung ab. Nur wenn mehr als 50 Prozent der Einnahmen aus „Umsatzerlösen“ stammen, gilt die Gesellschaft als eigenständig, so der Rechnungshof. Dabei könne die Pkw-Maut nur einberechnet werden, „wenn sie als Preis für die Nutzung der Straße und nicht als Steuer gewertet wird“. Bei der bisher geplanten pauschalen Erhebung wäre das nicht der Fall, bei einer streckenabhängigen Berechnung hingegen schon.

Für Carl Waßmuth von der privatisierungskritischen Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“ steht damit fest: „Die sogenannte Ausländermaut war nur ein Türöffner.“ In Wahrheit gehe es darum, „Versicherungen und Banken Zugriff auf die Maut“ zu gewähren, was zu „Abzocke“ führen werde.

Auch unabhängig von der Maut-Frage sieht der Bundesrechnungshof die Pläne für die Autobahn-Gesellschaft überaus kritisch. So seien die Mitwirkungsrechte des Bundestags nicht ausreichend sichergestellt. Zudem sei, anders als von der Regierung dargestellt, eine „funktionale Privatisierung“ der Autobahnen möglich, etwa durch Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP). „Ohne eine entsprechende Einschränkung könnte allein die Gesellschaft darüber entscheiden, das gesamte Netz oder Teile des Autobahnnetzes funktional zu privatisieren.“

Notwendig sei es, ÖPP mit Laufzeiten von über 10 Jahren oder eine Strecke von mehr als 100 Kilometern im Grundgesetz auszuschließen. „Der Schutzzaun gegen eine Privatisierung ist löchrig“, erklärte Rechnungshofpräsident Kay Scheller.

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9 Kommentare

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  • Der Staat schenkt Autobahnen her :

    das Kapital bedankt sich sehr !

  • Wo ist denn der ökologische Anspruch der taz geblieben? Wenn Autofahren in Deutschland ein klein wenig teurer würde, so wäre das tatsächlich ein Erfolg für die Umwelt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es gut ist, wenn hier Private den Bundeshaushalt ausplündern. Frau Merkel tanzt gerade den Tango Korrupti.

  • in den letzten 3 Jahren bin ich in etwa 150 KM Autobahn gefahren, müsste aber für jedes Jahr eine volle Vignette bezahlen. Selbst wenn die Vignette über die Autosteuer wieder abgegolten würde, zahle ich für nichts eine Menge Euro, denn ich zahle so viel wie die Autosteuer war, die Leute die aber viel fahren, bekommen ihre Steuer ja als Leistung!

     

    Als Ausländer könnte ich mir die Vignette bei Bedarf kaufen, oder bei nicht Bedarf eben nicht. Also werde ich als Deutscher diskriminiert, weil ich für das ganze Jahr Autobahngebühr bezahlen muss.

    Ich werde Leidensgenossen suchen und vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen, sollte das nichts Fruchten, gehe ich vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und verklage Dobrindt wegen Diskriminierung!

     

    Merkel sprach Autobahngebühr, nicht mit mir.

    Merkel spricht davon, wie gut es uns allen doch geht, lässt aber wichtige Bereiche aus dem Armut und Reichtums Bericht streichen, man könnte ja glauben das dort drin steht, dass es Reichen gelingt politische Endscheidungen zu beeinflussen.

    Dobrindt begünstigt die unsauber laufenden Autos und lässt die Autoindustrie die Bundesbürger vergiften und verpasst uns diese widersinnige Maut - Geschichte mit etlichen Hintertüren um uns ab zu zocken!

    Schäuble will die Armut in Afrika bekämpfen, hat aber kein Interesse die Armut im eigenen Land zu verringern, er lässt die Menschen in der BRD lieber weiterhin an der Armutsgrenze leben.

     

    Wer kann diese Verlogene Bande denn überhaupt noch wählen?

  • Wenn Autofahren und LKW-Transporte teurer werden, ist das wohl eher zu begrüßen. Schlimm ist aber, dass diese ganze Maut-Geschichte doch offensichtlich nur geschaffen wurde, um die Infrastruktur zu privatisieren. Das geht ganz entschieden in die falsche Richtung.

  • Es wäre ok und gerecht, eine streckenabhängige Maut zu erheben - von allen. Aber wie will man das mit "Ausländern" abrechnen? Kassenhäuschen an den Grenzen? Zahlungeinforderung per Brief an den Halter - viel Spass mit den Ländern, mit denen keine Rechtsabkommen gelten.

    Und wie rechnet man das mit uns ab: lückenlose Erfassung der gefahrenen Strecken: Totalüberwachung? Dann wäre ja endlich der hintergründige Sinn der vielen Kameras geklärt.

    Selbst WENN das lösbar wäre: das Verkehrministerium outet sich dann mal wieder als Lügner, weil die Kostenerhöhung durch die Hintertür kommt: "WIR wollen das nicht" aber übergeben das Ganze an eine Gesellschaft und DIE machen das dann..."da haben wir keinen Einfluss mehr".

    Pendler können die MwSt. vermutlich steuerlich z.T. absetzen.

    SO sieht also die Einigung mit der EU im Hinterzimmerchen aus - und DANKE!

    Genauso lügt sich Dobrindt durch das Brenner-Projekt: "zunehmender Güterverkehr, Güter auf die Gleise" erfordert die milliardenteuren Zubringerstrecken: HA! Ohne jede Anschlusstelle ausserhalb der Grossstädte??? Eilige Passagiere werden da fahren, keine Güter! Es geht nur um Zeitgewinn, nicht um Ökologie. Güter auf den Gleisen sind ein kränkelndes Pferd.

  • Endlich nimmt sich die Bundesregierung das Thema Verkehrswende vor: „Vielfahrer werden mehr bezahlen.“

  • gegen eine streckenabhängige Maut hätte ich nun wirklich nichts einzuwenden: endlich eine Steuerung in die richtige Richtung!

  • Ökologie durch die Hintertür? Autofahren teurer machen, damit mehr Leute Bahn fahren? Oder werden die Leute die Kosten fürs Autofahren in Kauf nehmen (müssen) (Pendler?), und dafür an anderer Stelle Geld einsparen müssen?

  • Willkommen in Takatuka Land.