Bundesrats-Initative zum Sexualstrafrecht: Nein soll wirklich Nein heißen

CDU und CSU wollen das Sexualstrafrecht offenbar bis zum Sommer umfassend reformieren. Justizminister Maas hatte sich dagegen ausgesprochen.

Frauen protestieren auf der Straße, sie halten Schilder auf denen "Finger weg" und "Frauen sind kein Freiwild" stehen

Mehr sexuelle Selbstbestimmung für Frauen Foto: dpa

BERLIN taz | CDU und CSU möchten das Sexualstrafrecht offenbar umfassender ausweiten als bisher geplant – und das noch vor der Sommerpause. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf die rechtspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker. Ihr zufolge stehen die Unionsabgeordneten geschlossen hinter der Feststellung, dass der Grundsatz „Nein heißt Nein“ keine Einschränkung vertrage.

Konkret heißt das: Wer sexuelle Handlungen an einer Person durchführt, die damit nicht einverstanden ist und das auch erkennbar ausdrückt, würde sich in Zukunft strafbar machen. Ob sich das Opfer körperlich gegen den Täter wehrt oder nicht, würde keine Rolle mehr spielen.

Zuvor hatte am Freitag schon der Bundesrat kritisiert, dass ein vorliegender Reformvorschlag der Bundesregierung nicht weit genug gehe. In einer Stellungnahme bemängelte die Länderkammer, dass nach den Plänen der Regierung auch in Zukunft ohne Strafe davonkommen kann, wer „ein klar formuliertes ‚Nein‘ des Opfers“ oder „ nonverbale Kommunikation“ wie Weinen oder Schluchzen ignoriere.

Justizminister Heiko Maas (SPD) hatte den kritisierten Entwurf im April in den Bundestag eingebracht. Er soll einige der bestehenden Lücken im Sexualstrafrecht beseitigen. Als Vergewaltiger gilt vor Gericht bisher nur, wer eine andere Person durch Gewalt oder Drohungen zu sexuellen Handlungen zwingt oder sich an einem wehrlosen Opfer vergeht. Maas möchte, dass sich in Zukunft auch derjenige strafbar macht, der sein Opfer überrumpelt, so dass dieses gar nicht erst die Möglichkeit zur Gegenwehr hat.

Maas will Ergebnisse einer Kommission abwarten

Strafbar sollen auch sexuelle Handlungen an Personen werden, die sich nur deswegen nicht aktiv wehren, weil sie „im Fall ihres Widerstandes ein empfindliches Übel“ befürchten – etwa wenn der Täter ein Vorgesetzter ist und das Opfer um seinen Job fürchtet. Für die meisten anderen Fälle würde aber auch in Zukunft gelten: Ein einfaches Nein des Opfers ist nicht genug, um den Täter hinterher strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

Sogar diese vergleichsweise harmlose Strafrechtsverschärfung aus dem Justizministerium hing zunächst monatelang im Kabinett fest, da sie vom Kanzleramt blockiert wurde. Erst im Dezember 2015 gab es von dort grünes Licht. Nach den Ereignissen der Kölner Silvesternacht stieg in den Regierungsparteien dann die Bereitschaft, weitere Lücken zu schließen. Längst sind es nicht mehr nur Frauenorganisationen, denen der Regierungsentwurf zu kurz greift. Sogar die Fraktionschefs von SPD und Union setzten sich zuletzt dafür ein, das Prinzip „Nein heißt Nein“ konsequent umzusetzen.

Heiko Maas plädierte dagegen noch Ende April im Bundestag dafür, zunächst auf größere Änderungen im Sexualstrafrecht zu verzichten. Eine wirklich umfassende Reform sei zu aufwendig, als dass sie in wenigen Monaten umzusetzen sei. Er wollte zunächst die Ergebnisse einer Expertenkommission im Herbst abwarten.

Nun könnte es doch schneller gehen – falls die neuen Äußerungen aus der Union ernst gemeint sind. Ganz sicher ist das nicht: Schon vor Monaten hatte sich der CDU-Vorstand auf die Forderung geeinigt, dass ein Nein für eine Straftat ausreichen muss. Einen Tag später bat Fraktionsvize Thomas Strobl, die Forderung nicht wörtlich zu nehmen: Man habe nur eine griffige Formulierung gesucht.

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