Bundesparteitag in Graz: FPÖ verarbeitet Ibiza-Trauma
Mit 98 Prozent der Stimmen wird Norbert Hofer neuer Vorsitzender der FPÖ. Er lobt Ungarns Premier und wirbt für eine schärfere Asylpolitik.
Strache selbst, der auf dem Video einer falschen russischen Oligarchin für verdeckte Parteispenden fette Staatsaufträge in Aussicht gestellt hatte, blieb dem Parteitag fern. Hofer versäumte es aber nicht, ihn zu grüßen: „Ich weiß um Deinen persönlichen Einsatz, ich weiß, wie schwer diese Stunden für Dich waren. Ich bitte um einen Applaus.“ Den Inhalt des verdeckt aufgezeichneten Videos relativierte er in bewährter Weise: „HC Strache ist eine böse Falle gestellt worden, von Kriminellen, von Gaunern. Es ist uns gelungen, die Partei wieder auf die richtige Schiene zu setzen.“ Hinter der Rednertribüne prangte der zentrale Slogan, mit dem die FPÖ in die Wahlen vom 29. September zieht: „Fair.Sozial.Heimattreu. Wir sind bereit“.
Mit 98,25 Prozent der 801 Delegiertenstimmen erhielt Hofer das starke Mandat, das er sich wünschte, um die durch zahlreiche Skandale gebeutelte Partei zu alter Stärke zurück zu führen. In seiner Rede, bei der er auf das mitgebrachte Manuskript verzichtete, wurde Hofer nicht müde, die Erfolge seiner Partei in der gescheiterten Regierung zu preisen. Allem voran die Bekämpfung des politischen Islam durch eine schärfere Asylpolitik und konsequente Abschiebungen.
Wie weit es schon gekommen sei in Österreich beweise die Tatsache, dass in Wien der drittbeliebteste Name bereits Muhammed sei. Für das Versprechen „Der Islam wird niemals Teil unserer Geschichte und Kultur sein“ setzte es Szenenapplaus.
Die Schenkelklopfer überließ er Kickl
Die zahllosen „Einzelfälle“ in seiner Partei, nämlich Funktionäre, die NS-Nostalgie pflegen oder durch menschenverachtende Fremdenfeindlichkeit auffallen, verharmloste Hofer durch Hinweise auf Ausrutscher bei ÖVP und SPÖ. Dennoch sicherte er sich durch eine Reform des Parteistatuts das Recht, Parteimitglieder und nicht nur wie bisher Vorstandsmitglieder, aus der FPÖ auszuschließen.
Politisches Vorbild für Norbert Hofer ist Ungarns Premier Viktor Orbán, dem er freundschaftlich verbunden sei und den er vor wenigen Tagen in Budapest besucht hatte. „Dieses Land entwickelt sich ganz anders“, lobte er die Zustände im zunehmend autoritär regierten Ungarn, wo die Regierung die Medien weitgehend kontrolliert. Orbán habe ihm auch „einen Weg aufgezeigt, der vielleicht funktionieren könnte“. Worin der besteht, blieb sein Geheimnis.
Hofer ist das freundliche Gesicht der FPÖ und hätte damit vor drei Jahren um ein Haar die Bundespräsidentenwahlen gewonnen. Immer wieder kommt er auf diese 2,2 Millionen Stimmen zurück, die er in der Stichwahl gegen Alexander Van der Bellen einsammeln konnte. Das solle das künftige Wahlziel seiner Partei sein.
Innenminister Herbert Kickl an Hofer gewandt
Auf deftige Bonmots und Schenkelklopfer, die Herbert Kickl seinen Vorgängern Strache und Jörg Haider verlässlich in die Reden geschrieben hatte, verzichtete Hofer. Das überließ er Kickl selbst, der stellvertretender Parteivorsitzender bleibt. Kickl hatte als Innenminister das Ziel „Null Asyl“ ausgegeben. Den Zorn des Koalitionspartners zog er sich zu, als er die „schwarzen Seilschaften“ im Ministerium attackierte und durch eigene Vertrauensleute zu ersetzen begann.
Kickl trat zunächst den Gerüchten eines Machtkampfes zwischen dem angepassten Norbert Hofer und seiner eigenen aggressiven Linie entgegen: „Wir sind ein patriotisches Doppelpack“, stellte er zu Hofer gewandt klar: „die, die du nicht niederclinchst, kriegen von mir einen rechten Haken“. Er warnte in gewohnt angriffiger Art vor der von der SPÖ geforderten Erbschaftsstreuer, „dass die Finanz noch ins Totenhemd greift“.
Sebastian Kurz, ein „Weichspüler“
Aber auch der gewünschte Koalitionspartner ÖVP bekam sein Fett ab, weil Sebastian Kurz auch schon Signale an Grüne und Neos ausgesandt und Kickl als künftigen Minister seiner Regierung ausgeschlossen hat. Kurz sei ein „türkiser Weichspüler“ und man wisse ja, dass man mit Weichspüler keine Flecken entfernen könne. „Wir werden keine Außenstelle des Sebastian Kurz-Anbetungsvereins werden“, versprach er dem johlenden Publikum.
Medienvertreter, die auf dem Parteitag einen Showdown zwischen Hofer und Kickl erwartet hatten, wurden enttäuscht. Die FPÖ hat offensichtlich aus dem Desaster von Knittelfeld gelernt. Dort hatte sich 2002 die damals von Jörg Haider geführte FPÖ in einen Regierungsflügel und eine Rebellengruppe gespalten. Bei den darauf folgenden Neuwahlen stürzte die Partei von 27 auf zehn Prozent ab.
„Wir waren auf dem Weg, die stärkste Partei in Österreich zu werden. Und sind an uns selbst gescheitert“, gab sich Norbert Hofer in Anspielung auf Ibiza selbstkritisch. Aber: „Niemals mehr werden wir an uns selbst scheitern, dafür bin ich da, und das ist unser Ziel und unsere Aufgabe“.
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