Bundesentwicklungsministerin in Benin: Mit Jobs gegen den Terror
Nach Burkina Faso besuchte Svenja Schulze (SPD) bei ihrer Westafrika-Reise Benin. Angst vor Terror und die Klimakrise bewegen die Menschen im Land.
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Treffpunkt ist der Hof der Grundschule Zakpo Adagamey. Die Schüler:innen stehen in ihren khakifarbenen Uniformen Spalier. Plakate informieren über Projekte der Weltbank und deutscher Entwicklungszusammenarbeit. Die mögen sehr unterschiedlich sein, aber haben eines gemeinsam: Sie sollen vor Ort den sozialen Zusammenhalt fördern, Lebensbedingungen verbessern und die Ausbreitung des Terrorismus eindämmen.
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Adam trägt einen karierten Anzug und sitzt unter einer Zeltplane in einem Halbkreis. Mitgliedern der Delegation erzählt er von seinem Alltag im Norden. „Natürlich spüren wir den Terrorismus. In den Dörfern an der Grenze sterben Menschen“, sagt er nüchtern. Es sei wichtig, diese Realität zu kennen. Tobre sei zum Glück bisher verschont geblieben. Doch die Angst, dass eines Tages auch Bewaffnete auf Motorrädern kommen, ist da. „Vielleicht sind wir schon morgen an der Reihe.“
Zentrum des Terrorismus im Sahel war zunächst Mali, dann Teile von Niger sowie Burkina Faso. Der Wendepunkt für Benin war Ende November 2021, als ein Anschlag auf einen Militärposten in Porga unweit der Grenze zu Burkina Faso verübt wurde. Endgültig war klar: Milizen wie die „Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime“ (JNIM) breiten sich von Burkina Faso nach Süden aus.
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Militärjunta in Bukina Faso
Acled, eine nichtstaatliche Organisation, die Daten zu Konflikten weltweit sammelt, bezeichnet die Situation in Benin mittlerweile als „unruhig“. Auf dem Konfliktindex liegt der 13-Millionen-Einwohner:innen-Staat bereits auf Platz 43. Anfang Mai vorigen Jahres wurden in den Dörfern Kaobagou und Guimbagou 20 Personen ermordet, es war der bisher schwerste Anschlag im Land.
Beide Länder hat Svenja Schulze, die auch Präsidentin der Sahel-Allianz ist, vergangene Woche bereist. Burkina Faso ist heute nicht nur ein Staat, in dem mehr als 6.100 Schulen geschlossen und rund 2 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Das Land wird seit 2022 auch von einer Militärjunta mit Ibrahim Traoré an der Spitze regiert. Seitdem nähert es sich an Russland an und distanziert sich vor allem von der einstigen Kolonialmacht Frankreich.
Schulzes Besuch ist der erste einer europäischen Ministerin seit der Machtübernahme und wurde deshalb mit Spannung erwartet. „Was mich sehr gewundert hat und ich sehr positiv finde ist, dass ich sehr freundlich – auch als Präsidentin der Sahel-Allianz – empfangen wurde.“ Sie habe mit deutlich mehr Reserviertheit auf burkinischer Seite gerechnet, aber sei darin bestätigt worden, was sie schon vor der Reise betonte: zuhören und gesprächsbereit bleiben.
Aus europäischer Sicht zentral sind Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich mit einem Transitionsfahrplan nach Hause fahre“, sagt Schulze. In den Gesprächen habe die Regierung aber deutlich gemacht, dass Wahlen stattfinden sollen. Aufgrund der Sicherheitslage sei jedoch nicht klar, wie diese für das ganze Land organisiert werden können, so die Aussage der Junta. Ob diese sich wirklich für Wahlen einsetzen wird, lässt sich nicht prüfen. Schulze wertet das als „kleinen Schritt der Bewegung“, an dem für Burkina Faso auch finanziell viel hängen könnte. Denn mehr Kooperation sei auch an Bedingungen geknüpft.
Klimawandel, keine Jobs, Mangel an Infrastruktur
Was in Burkina Faso passiert ist, soll sich auf keinen Fall in Benin wiederholen. In Bohicon sprechen neben Mouhamadou Adam mehrere Frauen über ihren Alltag im Norden. In der Regel dringt davon wenig in Richtung Süden. Eine erzählt, dass mehrere Männer auf „großen Motorrädern“ kamen und einige Jugendliche verschleppten. „Bis heute wissen wir nicht, wo sie sind und ob sie überhaupt noch leben.“ Etwas später sagt Adam, „Angst tut der Bevölkerung nicht gut“, und schiebt schnell hinterher, „die Regierung versucht, etwas gegen die Situation zu tun, um die Risiken zu minimieren.“
Es ist eine komplexe Situation, in der es nicht nur um bewaffnete Extremisten geht, oder um Banditen, die sich etwa durch Schmuggel bereichern wollen. Es geht auch um fehlende Einkommensmöglichkeiten, mangelnde Infrastruktur sowie den Klimawandel.
„Die Bedürfnisse der Menschen werden nicht gesehen“, findet Antoinette Aoudi. In der Stadt Kandi im Departement Alibori ist sie Geschäftsführerin des Rathauses. „Es gibt Schulklassen, in die bis zu 100 Kinder gehen.“ Auch reichten die Angebote in der Gesundheitsversorgung nicht aus. Aoudi wünscht sich zudem, dass Menschen Möglichkeiten der Familienplanung nutzen. Das war bisher ein Tabuthema, doch sie will öffentlich darüber sprechen.
Denn mit der wachsenden Bevölkerung steigt der Druck auf Ressourcen wie Ackerland und Weideflächen für Tiere. „Unsere Erde ist doch nicht elastisch“, sagt Aoudi. Gleichzeitig werden Regenzeiten und Regenmengen unvorhersehbarer. Alle berichten über Konflikte zwischen Farmern und Viehhirten, und über mangelnde Wasserstellen. Auch durch Milizen, die entlegene Gegenden als Rückzugsorte nutzen, verknappen sich Nutzflächen. Alles ist miteinander verwoben.
Terrorismus den Nährboden entziehen
Antoinette Aoudi will gehört werden und mitbestimmen. „Wenn Bedürfnisse nicht ernst genommen werden, kippt die Stimmung schnell.“ Vor allem einstige französische Kolonien waren lange Zeit zentral organisiert, die Machtzentren weit weg und unerreichbar. An Entscheidungsprozessen wurde die lokale Bevölkerung nicht beteiligt.
Projekte wie das „Guichet Sahel“, für das 13 Gemeinden im Norden ausgewählt wurden, sollen das ändern. Geschaffen und verbessert werden sollen Infrastrukturen wie Schulen und Krankenstationen, aber auch Einkommensmöglichkeiten für die Menschen. Was Priorität hat, entscheiden die Gemeinden gemeinsam, um so den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
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Ein Satz fällt immer wieder. „Das Beste ist, dem Terrorismus den Nährboden zu entziehen“, so Svenja Schulze, „der Staat muss vor Ort wahrnehmbar sein.“ Sie sagt auch: „Menschen, die sich leicht vom Terrorismus anziehen lassen, müssen eine andere Perspektive bekommen, Arbeit finden.“ Deshalb wird zum Abschluss der Reise auch das Prestigeprojekt der Regierung von Patrice Talon besucht. Es ist der 1.640 Hektar große Industriepark Glo-Djigbé (GDIZ), der 45 Kilometer von der Wirtschaftsmetropole Cotonou entfernt liegt. Vor der Übernahme des Präsidentenamts 2016 galt Talon als Benins wohlhabendster Unternehmer.
Im Stechschritt geht es durch die ersten Hallen, wo die Verarbeitung von Baumwolle, Benins Exportrohstoff Nummer eins, zu T-Shirts und Handtüchern begonnen hat. Es ist stickig. Ein paar Hallen weiter werden Cashewnüsse gewogen und gewaschen. Nach GDIZ-Angaben sollen 300.000 Jobs entstehen. Die sind dringend nötig: In Benin liegt das Durchschnittsalter bei knapp 18 Jahren, immer mehr junge Menschen drängen auf den Arbeitsmarkt. Zugleich fehlt es an gut qualifizierten Kräften. Für die Zukunft der Region gilt auch das als entscheidend.
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