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Bürgerschaftswahl in HamburgWen wählen, wenn nicht grün?

Die Grünen können ihr Wahlergebnis in Hamburg verdoppeln. Besonders bei jungen Wähler*innen haben sie zugelegt. Dank Fridays for Future?

Klimastreik in Hamburg, die Jugend ist auf der Straße vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg Foto: Jannis Grosse/imago

Berlin taz | Auch wenn am Montag noch die letzten Stimmzettel ausgezählt werden, ist klar: Die Hamburger Bürgerschaftswahl ist ein Erfolg für die Grünen. Deren Spitzenkandidatin Katharina Fegebank fiel zwar deutlich hinter den regierenden Bürgermeister Peter Tschentscher zurück. Im Vergleich zu 2015 konnte die Partei ihr Ergebnis jedoch fast verdoppeln. Sie kommt nach derzeitigem Stand auf 24,2 Prozent der Stimmen. 2015 lag sie noch bei 12,3 Prozent.

Für die nächste rot-grüne Koalition im Hamburger Rathaus bedeutet das ein ganz neues Kräfteverhältnis. Der grüne Erfolg könnte auch Fridays for Future zu verdanken sein. In den letzten Monaten wurde es ruhiger um die Bewegung, eine Flaute nach dem 20. September, als laut Polizei 70.000 Menschen am bisher größte Klimastreik in Hamburg teilnahmen. Am vergangenen Freitag jedoch – zwei Tage vor der Wahl – gingen die Hamburger*innen wieder auf die Straße. Schätzungen der Polizei zufolge demonstrierten etwa 20.000 Menschen beim Klimastreik. „Wir sind müde, konstant außen vor gelassen zu werden“, klagte Greta Thunberg auf der Abschlusskundgebung in der Hamburger Innenstadt.

Dennoch mischte die Bewegung kräftig im Bürgerschaftswahlkampf mit. Ihr Ziel: die Hamburger Wahl zur Klimawahl zu machen. Das hat offenbar geklappt. Nach einer Umfrage von Infratest Dimap geben 21 Prozent der Befragten an, ihr Kreuz vornehmlich aus Klimagründen gesetzt zu haben. Alle anderen Themen, wie Verkehr, Bildung und Wohnen, erreichten weniger hohe Zustimmungswerte.

Die Großdemonstration unmittelbar vor dem Urnengang mit Galionsfigur Thunberg war dabei nur ein Mittel zum Erfolg. Bereits im August letzten Jahres wandte sich die Bewegung mit Forderungen an die Spitzenkandidat*innen. Die sollten konkrete Maßnahmen vorlegen, wie Hamburg bis 2035 klimaneutral werden könne. Daraufhin traf sich Fridays for Future mit den Spitzekandidat*innen zum öffentlichen Streitgespräch, bei dem die Vorschläge von Tschentscher und Fegebank auseinandergenommen wurden.

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Fridays for Future macht kein Geheimnis daraus, dass die Grünen-Positionen ihnen nicht weit genug gehen. „Beide Spitzendkandidaten haben uns nicht vollkommen überzeugt“, konstatiert Sprecher Arnaud Boehmann. Nirgendwo sei es so einfach wie in Hamburg, klimapolitisch aktiv zu werden. „Hamburg ist sehr reich und strukturstark und viele der klimatechnisch relevanten Faktoren und Industrien wie der Hafen oder die Verkehrsplanung sind in städtischer Hand. Nirgendwo sind die Dienstwege so kurz“, erklärt Boehmann. „Da sind auch die Grünen nicht mutig genug.“

In der Stadt dürfen junge Menschen ab 16 Jahren für die Bürgerschaft stimmen. Wen wählen, wenn nicht die Grünen, werden sich viele der streikenden Schüler*innen und Student*innen gefragt haben. Die Antwort fällt eindeutig aus. Bei den Wähler*innen unter 30 Jahren kommen die Grünen auf 33 Prozent, bei Erstwähler*innen sogar auf 35 Prozent. Die SPD landet abgeschlagen mit 26 beziehungsweise 24 Prozent auf dem zweiten Platz. Ginge es nach den jungen Wähler*innen, zöge die AfD gar nicht in die Bürgerschaft ein. Sie erhält nur 3 Prozent der Stimmen.

Der Plan von der Klimawahl ging auf. Fridays for Future zeigt sich zurückhaltend-optimistisch: „Wir sind vorsichtig geworden, weil es bisher keine Partei geschafft hat, eine Politik zu machen, die mit dem Pariser Abkommen konform geht“, konstatiert Boehmann. „Aber klimatechnisch war das eine gute Wahl.“

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2 Kommentare

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  • Auch sozial könnte Hamburg mehr, aber es ist auch eine Stadt von egoistischen Besitzern, die darauf bauen, dass arme Leute weder für den Klimaschutz, noch für soziale Gerechtigkeit aufstehen. Es ginge hier noch viel mehr, stattdessen haben die Grünen die Regierungsbank im Visier. Nur dass die CDU nichts taugt, haben die Wähler m.M. nach gut verstanden, aber diese Partei sollte an der fünf-Prozent-Hürde stehen.

  • @ Redaktion

    Wier wär's, Ihr beantwortet die Fragen, die Ihr in den Überschriften formuliert auch im Artikel?

    Im besten Fall wirkt es wie Clickbait.