Bürgermeisterwahlen in Athen: Unbequemer Zeitgenosse
Vallianatos will für die Liberale Allianz ins Athener Rathaus einziehen. Im Wahlkampf gab der Politologe bekannt, dass er HIV-positiv ist.
ATHEN taz | Politikwissenschaftler, Journalist, Kommunikationsberater, Politiker, Weltbürger und nicht zuletzt Aktivist für die Rechte homosexueller Menschen – in dieser Reihenfolge möchte Gregoris Vallianatos wohl am liebsten wahrgenommen werden. Sosehr der 58-Jährige um die Rechte der Homosexuellen kämpft, so wichtig ist es ihm, nicht darauf reduziert zu werden.
Bereits seit den achtziger Jahren war Vallianatos dem Vernehmen nach als Berater des sozialistischen Politikers und späteren Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou tätig. Seit November 2011 führt der Politologe, der in Athen, London und Paris studierte, die Liberale Allianz an. „Liberale Wähler aller Parteien“ will er durch seine politische Arbeit ansprechen – bisher ohne Erfolg: Bei der Parlamentswahl 2012 verzettelten sich die griechischen Liberalen diverser Splitterparteien in endlosen Streitigkeiten und verspielten dadurch ihre Chancen auf einen gemeinsamen Einzug ins Parlament. Ein ähnliches Wahldesaster droht nun auch bei der Kommunalwahl im kommenden Mai.
Dass ausgerechnet jetzt der Kandidat für den Bürgermeisterposten in Athen via //el-gr.facebook.com/gregory.vallianatos.3:Facebook bekannt gibt, er sei HIV-positiv, betrachten manche Nutzer deshalb als „billigen Stimmenfang“. Vallianatos sieht es anders: „Bereits im Jahr 2002 hatte ich dies bei einer TV-Sendung doch angedeutet“, sagt er im Gespräch mit der auflagenstärksten Athener Zeitung, Ta Nea. Wie auch immer: Niemand kann bestreiten, dass Vallianatos mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält. So einiges Unverständnis verursachte im Dezember 2011 etwa seine öffentliche Beichte, er habe während seiner dreijährigen Studienzeit in London als „Begleiter“ gearbeitet und das sei halt ein Job wie jeder andere auch.
Für Schlagzeilen sorgte der streitbare Aktivist Vallianatos kürzlich mit einer Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. In einem aufsehenerregenden Fall (Vallianatos u. a. gegen Griechenland vom 7.November 2013) setzte er durch, dass die „eingetragene Partnerschaft“ in Griechenland auch gleichgeschlechtlichen Paaren offensteht. Ob und wann dieses Urteil in geltendes Recht übergeht, ist noch völlig offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch