piwik no script img

Bürgerentscheid übers FraenkeluferNicht alles, was ist, ist gut

Der Bezirk will das Pfützen-Holper-Fraenkelufer in Kreuzberg sanieren, eine Initiative ist dagegen. Das ist absurd.

Protest gegen die Umgestaltung des Fraenkelufers in Kreuzberg Foto: dpa

Nach nur mäßig starkem Regen war am Mittwoch wieder stellenweise Land unter am Fraenkelufer. Auf dem sandig-naturbelassenen Geh- und Radweg am Landwehrkanal in Kreuzberg bilden sich bei solchen Wetterlagen immer Pfützen gigantischen Ausmaßes; nur an den gepflasterten Rändern ist es dann möglich, trockenen Fußes oder ohne Spritzwasser per Rad voranzukommen. Nun plant der Bezirk, das Ärgernis anzugehen – doch das Bürgerbegehren „Fraenkelufer retten“ will lieber alles so lassen, wie es ist, und nur instand setzen.

Nun ist es grundsätzlich nicht falsch, bei Vorhaben in puncto Landwehrkanal misstrauisch zu sein: Man erinnere sich etwa an die Pläne, Hunderte Bäume zu fällen, um die Ufermauern zu sanieren. Nur engagierte BaumschützerInnen haben diesen Wahnsinn seinerzeit verhindern können.

Doch bei diesem Begehren scheinen die BürgerInnen das Allgemeinwohl aus dem Blick verloren zu haben. Was ist dagegen zu sagen, wenn der Bezirk den Weg mit „Natursteinpflaster mit wasserdurchlässigen Fugen“ auslegen will, damit er bei jedem Wetter benutzbar ist? Was ist gegen eine Verbreiterung des Wegs einzuwenden für Sitzbänke und Papierkörbe? Beides sucht man an diesem schönen Stück Kanal nämlich vergeblich.

Ebenso den barrierefreien Zugang zum Ufer, den der Bezirk nun schaffen will. Und so nett die sogenannte Schneckentreppe an der ehemaligen Mündung des Luisenstädtischen Kanals ist, die die Bürgerbewegten nun in Gefahr sehen: Mit Kinderwagen, Fahrrad oder für Mobilitätseingeschränkte ist der Weg ans Wasser ein Hindernislauf.

Romantische Stadtwildnis in allen Ehren, aber hier kann man durchaus Handlungsbedarf anmelden. Nicht einsichtig ist auch, warum sich die Bürgeri-Ini über Parktaschen aufregt, die künftig längs und nicht mehr quer zur Straße laufen sollen! Dabei sollen es laut Bezirk nicht einmal weniger Parkplätze werden.

Kurz und gut: Nicht alles, was ist, ist gut. Und ein paar Meter weiter, Richtung Böcklerpark, wo der Weg in diesem Sommer bereits neu gemacht wurde, hat der Bezirk doch auch gezeigt, dass eine behutsame Sanierung möglich ist.

10 Prozent der rund 210.000 Friedrichshain-KreuzbergerInnen müssten die Initiatoren beim Bürgerentscheid am Sonntag in einer Woche auf ihre Seite ziehen. Aber vielleicht siegt ja wieder mal die Berliner Wurschtigkeit, und niemand geht hin.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • Ich habe innerhalb kurzer Zeit am Sonntag 4 Leute getroffen, die für den Bürgerentscheid mit Ja stimmen wollten, aber angeblich ihre Abstimmungsunterlagen verlegt hatten oder meinten, sie hätten keine Unterlagen bekommen. Eine alte Dame hatte leider nur einen abgelaufenen Paß. Diese Leute haben nicht an Abstimmung teilgenommen, obwohl sie es vorhatten. Wie schade!

    Davon gabs sicher noch viel mehr. Doch eigentlich zählen nur die, die wirklich teilgenommen haben.Und nicht die Nichtwähler!

  • Als Anwohnerin und häufige Nutzerin der Promenade kann ich nur sagen: Aus meiner Sicht wird durch die Planung alles großzügiger und offener und endlich begeh- und befahr bei jedem Wetter - das ist zu Begrüßen! Man mag ja die Veränderungen in Kreuzberg und auch hier im Kiez am Landwehrkanal nicht toll finden, aber die Ufergestaltung wird hier schon lange nicht mehr dem "Ansturm" und der mittlerweile sehr hohen Frequentierung gerecht. Eine Blockade der Planung wird dies nicht verbessern. Im übrigen - so argumentiert die Ini ja auch - ist eine wassergebebunde Wegedecke auch bei regelmäßiger Pflege leider nicht geeignet für eine barrierefreie und intensive Nutzung wie hier am Kanal. Insbesondere bei Regen "weicht" die Oberfläche schnell auf und ist ganz schlecht befahrbar.

    Ich stimme ganz sicher mit NEIN zum Vorschlag der Initiative!

    Wer sich weiter informieren möchte:

    Am Samstag nochmal vorort am Infostand oder hier: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/fachgruppe-stadterneuerung/aktuelles/neugestaltung-des-landwehrkanal-nordufers-fraenkelufer-staedtebaulicher-denkmalschutz-404293.php

    http://www.bdla.de/berlin-brandenburg/aktuelles-termine/pressemitteilungen/2084-verband-empfiehlt-nein-stimmen-beim-buergerentscheid-fraenkelufer

    http://adfc-berlin.de/aktiv-werden/in-deinem-bezirk/friedrichshain-kreuzberg/401-fraenkelufer.html

  • Es ist ja durchaus legitim, den Bürgerentscheid zu kritisieren. Aber ich wundere mich darüber, dass die Redakteurin offenbar weder mit den Initiatoren der Initiative gesprochen, noch deren Argumente, die mit der Wahlbenachrichtigung verschickt wurden, gelesen hat. Dort steht nämlich, dass es beim Querparken bleiben solle, weil beim Längsparken durch sich plötzlich öffnende Autotüren RadlerInnen gefährdet seien.

     

    Statt dieser kurzen Polemik hätte ich lieber eine Analyse und Bewertung der Pläne beider Seite gelesen. Ich fühle mich im Vorfeld des Bürgerentscheids schlecht informiert.

  • 65 million people are displaced worldwide right now, and we Berliners are worried about dirt on our shoes.

    Crazy funked up world we live in...

    TAKE A WALK ON THE WILD SIDE

    Mit freundlichen Grüßen,

    The Birds who live in the Bush

  • Ich weiss echt gar nicht was ich machen soll und finde beide Vorschläge echt nicht gut. Vielleicht werde ich also am Sonntag wegbleiben , aber nicht aus "Wurschtigteit" (Zitat Artikel).

    Ich kann allerdings verstehen, dass die BewohnerInnen dem Bezirk die Kompetenz absprechen, rund um den Kotti ist sehr viel im argen: Parks, Aggression durch Drogenhandel, Verkehr und ingesamt eine fehlnde Strategie die den speziellen Anforderungen des Ortes gerecht würden.

    • @püppi von Wegen:

      wenn du weg bleibst stimmst du automatisch für den Bezirksamtsplan. Ich denke das gilt es erstmal zu stoppen um dann was vernünftiges zu überlegen. Gemeinsam - sprich diese Anwohner sollen eingeladen werden und an der Entscheidung beteiligt werden. Schließlich wohnen die vorORt und kennen die Situation besser als ein Planer an seinem Schreibtisch oderein Entscheider in seiner Behörde... Dafür müssen sich aber 20.000 Freiwillige finden die sich am Sonntag aufraffen und mit Ja stimmen....

  • Diese Leute wollen ihre Ruhe - was man ja verstehen kann - , deshalb wollen sie auch keine Aufstellung von Bänken, auf denen sich Menschen niederlassen könnten. Das ganz wird verschwurbelt zu "Gefährdung von Radfahrenden durch Aufstellung von immobilen Sitzmöbeln auf der Uferpromenade".

  • Es geht allerdings auch um Geld...und nicht grade wenig.

    Das Bürgerbegehren kostet 333.000 €

    Der Bezirkvorschlag: 785.000 €

     

    Also...wenn die Bürger begehren die billige Variante haben zu wollen...sollten wir sie ihnen geben....

     

    Mit dem restlichen Geld können bestimmt schöne Sachen gemacht werden...

    • @rush hour:

      Es scheint aber so, dass die Kosten für die Baumaßnahme aus Fördermitteln des Landesdenkmalschutzes finanziert werden, diese aber nicht für die Variante der Ini verwendet werden können. Für den Bezirk also Mehrkosten in Höhe von 333.000 €!!!!

      Das ist also kein Argument!

       

      Kostenhttp://www.tagesspiegel.de/berlin/buergerentscheid-in-friedrichshain-kreuzberg-anwohner-wollen-das-fraenkelufer-retten/14789804.html

      • @stadtoase:

        Was du und die BVV sagt, ist erst recht kein Argument. Für den Bezirk wäre es billiger, aber nicht für den Senat. Im Endeffekt also die gleiche Verschwendung öffentlicher Gelder, bloß auf einer anderen Ebene.

  • Was für ein einseitiger, schlecht recherchierter Artikel.

     

    Weg mit Pützen etc.:

    "will lieber alles so lassen, wie es ist, und nur instand setzen."

     

    Die städtebauliche "Ingenieure" sind bestimmt so gut gebildet, dass durch eine Entstandsetzung das Wasser in ein Seite abfließt. Dann gibt's auch keine Pfützen mehr. „Natursteinpflaster mit wasserdurchlässigen Fugen“ führt nur dazu, dass sich Steine lösen und absacken (Instandhaltung gibt es nicht). Dadurch gibt es wieder große Pfützen und Gefahren für die Benutzer. Und fragt mal einen Rollstuhl- oder Fahrradfahrer, was er von Pflastersteinen hält.

     

    Treppe:

    "Ebenso den barrierefreien Zugang zum Ufer, den der Bezirk nun schaffen will"

    Ein barrierefreier Zugang zum Ufer ist auch von den "Wutbürgern" vorgesehen. Die Treppe wurde nicht, wie es der Denkmalschutz vorsieht, gepflegt. Sonst sähe sie jetzt noch gut aus.

     

    Parkplätze:

    "über Parktaschen aufregt, die künftig längs und nicht mehr quer zur Straße laufen sollen"

     

    Hier geht es u.A. um die Sicherheit. Es gibt genug Idioten, die nicht schauen, bevor sie die Autotür öffnen. So wird es am Fraenkelufer auch sein. Ganz schnell hängt ein Fahrrad drin. Oder noch schlimmer: ein Kind.

     

    Informationen der anderen Seite: https://ngfinfo.wordpress.com

    • @Ted:

      Soll man jetzt nur wegen ein paar "Idioten, die nicht schauen, bevor sie die Autotür öffnen" auf eine positive Umgestaltung verzichten? Ich finde nicht! Sicherlich ist das ein Problem, aber dann dürfte ja auch an keiner Straße, keinem Gehweg (die werden auch von fahrradfahrenden Kindern genutzt und illegal von vielen anderen) das Längsparken erlaubt werden... Ganz schön schwierig. Und auch hier kommen nicht massenhaft Menschen zu Schaden.

      Und außerdem wird der Weg nach der neuen Planung ja wesentlich breiter sein!

  • Dieser Kommentar stellt sehr gut die Wutbürger, die ihre Ruhe haben wollen und sich als Ökos verkleiden, gut dar. Ignorieren ist schon fast zu viel Aufmerksamkeit.

  • Nachdem ich allgemein nur die Position des Bezirksamtes gelesen habe, hat mich schon interessiert was diese furchtbar konservativen, autoliebenden, besserverdiener vom Fränkelufer den da so wollen. Immerhin regen sie sich ja seit Jahren auf und machen eine Menge Wirbel.

     

    Gestern habe ich mir die Mühe gemacht und bin vor Ort gewesen. Sehr überrascht war ich von den sehr angenehmen Menschen die ich getroffen habe. Alle Radfahrer, Ökofreaks, ehemaligen grünen Wähler. Sehr gesprächsbereit und nett. Die Forderungen durchaus nachvollziehbar und gar nicht altbacken konservativ.

     

    Wo ich schon mal vor Ort war, habe ich mir auch im weiteren Verlauf das vollendete Werk des Stadtplaners Handke angeschaut. Entsetzt stellte ich fest, das die Liegewiese am Ufer des Böcklerpark abschnittes komplett entfernt wrden ist.

    Gerade diese Naherholungsfläche war mir persönlich immer wichtig. Wenn sich im Urbanhafen auf der Wiese die Leute mal wieder stapeln, bin ich gerne dorthin ausgewichen und den kühlen Schatten dort genossen.

    Nun gibt es zwei parallel verlaufende Wege - der eien gepflastert, der andere Planiert mit Betoneinfassung - das grün ist komplett weg, außer den paar großen Bäumen.

    Behutsam saniert ist anders, gelungene Umgestaltung auch.

    • @Bibi Blocksberg:

      Ich finde die Neugestaltung sehr gelungen! Vorher sind ja auch schon genug Leute auf einem zweiten Weg - neben dem Hauptweg - lang gelaufen. Bei der Masse der Leute die das Ufer mittlerweile nutzen, wuchs da dann aber kein Rasen mehr. Jetzt gibt es einen zweiten Weg, der allen - auch Rollstuhlfahrern, Kinderwagen, älteren Leuten, die nicht mehr über Zäune klettern wollen - die Möglichkeit direkt ans Wasser zu kommen. Das ist eine Verbesserung für viele! Außerdem ist die Rasenfläche ja nicht vollständig verschwunden!