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Bürgerbeteiligung an StadtentwicklungBürger sollen mitentscheiden

Mit konkreten Maßnahmen soll die Beteiligung der Bürger bei Baumaßnahmen geregelt werden. Senatorin Lompscher spricht von einem „Klimawandel“.

Gelungenes Beispiel für Bürgerbeteiligung: der Park am Gleisdreieck Foto: dpa

Berlin taz | Auf einer Website, auf der alle relevanten Bauprojekte des Landes Berlin und der Bezirke in einer Karte verzeichnet sind, ein Vorhaben finden, das einen betrifft oder zu dem man eine Meinung hat: ein großer Schulneubau, eine neue Fahrradschnellstraße oder die Neubausiedlung in der Nachbarschaft. Sich mit den Informationen über den Stand des Vorhabens in einem Beteiligungsbüro nach konkreten Partizipationsmöglichkeiten erkundigen; an einer Planungswerkstatt teilnehmen, Ideen einbringen, Ergebnisse direkt beeinflussen: Die Bürgerbeteiligung in Berlin soll nutzerfreundlicher werden; nachvollziehbarer und offener.

Das ist das Ergebnis eines aufwendigen Prozesses, dessen Ergebnis als „Leitlinien für Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Projekten und Prozessen der räumlichen Stadtentwicklung“ am Montag vorgestellt wurden. Etwa zwei Jahre lang haben daran 24 Menschen aus Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik gearbeitet, sie haben Stadtforen durchgeführt, BürgerInnen und ExpertInnen befragt.

Nun ist das Abgeordnetenhaus dran, die Leitlinien zu verabschieden, damit sie zukünftig verbindlich angewendet werden können. Laut Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) werden sie zu einem „Klimawandel“ in Politik, Verwaltung und Bürgerschaft führen.

„Die da oben machen eh, was sie wollen“, beschreibt Kerstin Njoya, die als Bürgervertreterin die Leitlinien mit erarbeitet hat, eine in der Bevölkerung verbreitete Stimmung. Ihre Motivation sei dagegen gewesen, zumindest auszuloten, „was in Richtung Einfluss nehmen geht“, so Njoya bei der Vorstellung der Leitlinien. Herausgekommen sei ein „stabiles Grundgerüst“.

Werkzeugkasten entwickelt

Dieses umfasst neun Grundsätze und fünf Instrumente für die Partizipation. Erstere sind eher als philosophische Grundlagen zu verstehen: Es geht um die Beteiligung vieler verschiedener Gruppen, den respektvollen Umgang oder darum, dass die Öffentlichkeit frühzeitig informiert wird und Ergebnisoffenheit nicht nur vorgetäuscht wird.

Konkret wird es bei den Instrumenten. In Anlaufstellen, einer zentralen sowie dezentralen in allen Bezirken, sollen Mitarbeiter über Bauvorhaben und Beteiligungsmöglichkeiten informieren. Geeinigt wurde sich zudem auf eine digitale Vorhabenliste auf mein.berlin.de, nachvollziehbare Beteiligungskonzepte für jedes einzelne Vorhaben, die Möglichkeit, Beteiligung bei Projekten anzuregen, für die Partizipation nicht zwingend vorgeschrieben ist, sowie einen Beteiligungsbeirat, der die Umsetzung der Leitlinien überprüfen soll. „All das ist kein Hexenwerk und keine Raketenwissenschaft“, so Lompscher, „sondern fasst die Erfahrungen mit Bürgerbeteiligung gut zusammen“.

Das Papier durchzieht die Überzeugung, dass die Menschen vor Ort mehr Wissen als externe Planer haben. Wichtig sei es, sie frühzeitig einzubeziehen und zu informieren, so die Grünen-Abgeordnete Susanna Kahlefeld, womöglich sogar mit einem überraschenden Ergebnis: „Wenn der Informationsfluss wirklich gut ist, geht die Nachfrage nach Beteiligung zurück.“ Man könnte auch sagen: Dann sinkt das Meckerpotenzial.

Der Wille der Koalition, Beteiligung bei bedeutenden Projekten zur Regel werden zu lassen, und zwar nicht nur versteckt in Aktenordnern bei Planfeststellungsverfahren, wie es Lompscher ausdrückte, drückt sich in der Finanzierungszusage aus. 2,2 Millionen Euro stehen mit dem Haushaltsplan 2020/21 für die Anlaufstellen bereit.

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