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Bündnis von Verdi und Fridays for FutureArbeitskampf für Klimaschutz

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Gelungene Kombination: Die kommende Tarifrunde für den ÖPNV verbindet die Gewerkschaft mit der Klimakrise.

Verdi-Ausstand demnächst zum Klimastreik? Ein „normaler“ Warnstreik im Februar in Rostock Foto: Bernd Wüstneck/dpa

W as für ein geschickter Schachzug: Bei der kommenden Tarifrunde von Verdi für die Beschäftigten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verbindet die Gewerkschaft erstmals deren Lage mit einem höchst aktuellen allgemeinpolitischen Thema: der Klimakrise. Der Gedanke der GewerkschafterInnen ist richtig. Wer eine ökologische Verkehrswende und deshalb viel mehr Busse und Bahnen als heute haben will, muss auch dafür sorgen, dass es genug Menschen gibt, die die Fahrzeuge fahren. Dazu müssen Löhne und Arbeitsbedingungen erheblich besser werden, als sie es heute sind.

Verdi will aus diesem urgewerkschaftlichen Thema ein gesellschaftliches machen – und liegt damit genau richtig. Denn wer etwas gegen die Klimakrise unternehmen will, muss den Autoverkehr eindämmen und den öffentlichen Verkehr attraktiver machen – für NutzerInnen und Beschäftigte.

Die Strategie der GewerkschafterInnen ist vielversprechend. Sie suchen den Schulterschluss mit AkteurInnen wie den SchülerInnen von Fridays for Future, die das Anliegen-Dreieck Klimaschutz – Verkehrswende – gute Ar­beits­bedingungen zu ihrem eigenen machen. Der Zeitpunkt ist günstig, nicht nur, weil die Klimakrise zurzeit viel Aufmerksamkeit genießt. Zum ersten Mal ist die Gewerkschaft bundesweit im ÖPNV streikfähig, weil sie es geschafft hat, alle Manteltarifverträge gleichzeitig zu kündigen. Das gibt Verdi neue Macht und ein Mobilisierungspotenzial, das die Gewerkschaft für die AktivistInnen aus der Klimabewegung interessant macht.

Das neue Bündnis fordert zu Recht, dass die Politik schnell mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr zur Verfügung stellt. Denn die vielen Milliarden, die mit dem Klimapaket und diversen Förderprogrammen auf den Weg gebracht wurden, verstellen den Blick auf die finanziellen Löcher, die jetzt gestopft werden müssen und nicht erst in einigen Jahren. Schön wäre es, wenn sich andere Gewerkschaften ein Beispiel an diesem neuen Bündnis nähmen und sich etwa die IG Metall für ein Autobahn-Tempolimit ausspräche.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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2 Kommentare

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  • Das wundert mich auch. Mit verdi kann man als Klimagerechtigkeitbewegung nach deren Reaktion auf den sogenannten Kohlekompromiss nicht ernsthaft zusammenarbeiten....



    www.verdi.de/press...-b8cb-525400b665de

  • Nichts gegen die Unterstützung und Solidarisierung von FfF für ein gewerkschaftliches Anliegen, dass dem Ziel des Klimaschutzes dienlich ist. Im Gegenteil. Allerdings sollte FfF sehr genau darauf achten, ihren Status als Basisbewegung zu schützen und sich nicht vereinnahmen zu lassen. Erinnert sei an die Versuche von Seiten der Autokonzerne (Diess&Co).

    Es sei daran erinnert, dass die Förderung des ÖV seit Jahrzehnten a u s s c h l i e ß l i c h auf der politischen Agenda steht, aber bis heute nur am Katzentisch politischer Prioritäten sitzt. Ähnlich wie Güter auf die Schiene. Es ist nicht zu erkennen, dass sich daran etwas ändern kann und wird, wenn man sich die zur Verfügung gestellten Mittel für den Straßenbau und die Förderung der E-Mobilität anschaut.

    Von einer Verkehrswende kann überhaupt nicht die Rede sein! Höchstens von einer Wende zu einer weiteren Antriebsart für den motorisierten Individualverkehr. Die Milliarden für die E-Mobilität werden mit "Klimaschutz" begründet und vermarktet. Weshalb sollte also ein E-Mobilbesitzer, der eine Kaufprämie für die Anschaffung eines "klimafreundlichen" Autos bekommen hat, auf den ÖV umsteigen?