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Britischer TourismuskonzernThomas Cook ist pleite

Das älteste Reiseunternehmen der Welt stellt den Betrieb ein. Die britische Zivilluftfahrtbehörde steht nun vor der Aufgabe, Tausende Touristen heimzuholen.

Trotz Pleite: Kunden, die aktuell im Ausland sind, sollen nach Hause gebracht werden Foto: dpa

LONDON ap | Beim britischen Touristikkonzern Thomas Cook ist der letzte Rettungsversuch vor einem Konkurs gescheitert. In der Nacht zum Montag gab die zivile Luftfahrtbehörde (CAA) den finanziellen Kollaps eines der ältesten und größten Reiseunternehmen der Welt bekannt. Thomas Cook habe den Geschäftsbetrieb eingestellt, zudem würden Hunderttausende Buchungen gestrichen. Konzernchef Peter Fankhauser sprach von einem „zutiefst traurigen Tag für das Unternehmen, das Pionierarbeit bei Pauschalreisen geleistet und Millionen auf der Welt das Reisen ermöglicht“ habe.

Mehr als 600.000 Kunden hatten beim Konzern gebucht. Bei rund 150.000 handelt es sich um in aller Welt gestrandete britische Touristen, die nun laut der CAA nach Hause gebracht werden müssen. Die Regierung in London sprach von der größten Rückholaktion in Friedenszeiten. Rund 22.000 Angestellte von Thomas Cook in 16 Ländern – davon 9.000 im Vereinigten Königreich – verlieren ihre Jobs.

Das 1841 gestartete Unternehmen war schon seit einigen Jahren in Geldnöten. Im Mai gab es an, mit 1,25 Milliarden Pfund (rund 1,42 Milliarden Euro) in der Kreide zu stehen. Als Grund für die wirtschaftlichen Probleme gab Thomas Cook nicht zuletzt die Ungewissheit um den für Ende Oktober geplanten Brexit an, der die Nachfrage nach Sommerurlauben gedämpft habe. Höhere Treibstoff- und Hotelkosten spielten ebenfalls eine Rolle, angesichts Hitzewellen in vergangenen Sommern in Europa blieben viele Menschen zudem lieber zu Hause.

Erst kürzlich konnte Thomas Cook zwar 900 Millionen Pfund auftreiben – das Geld stammt unter anderem vom chinesischen Hauptanteilseigner Fosun, einem Mischkonzern. Doch versuchte der Touristikkonzern am Wochenende sich in Gesprächen mit Aktionären und Gläubigern weitere 200 Millionen Pfund zu sichern, um den Konkurs noch abzuwenden. Auch Gewerkschaften schalteten sich ein und riefen Wirtschaftsministerin Andrea Leadsom zu einer „echten finanziellen Unterstützung“ für Thomas Cook auf.

Nun bleibt noch ein großer Reiseanbieter

„Das Unternehmen muss gerettet werden, wie auch immer“, schrieb der Generalsekretär der Gewerkschaft Transport Salaried Staffs Association, Manuel Cortes, in dem Brief. Keine britische Regierung könne den Verlust „so vieler Arbeitsplätze und die Aussicht zulassen, dass nur noch ein großer Reiseanbieter – TUI – den Massenmarkt kontrolliert“. Auch die oppositionelle Labour-Partei hatte die Regierung aufgefordert, Thomas Cook zu helfen.

In der Nacht zum Montag gab das Unternehmen dann jedoch auf seiner Webseite bekannt, in die Zwangsliquidation zu gehen. Zwar habe es eine „weitgehend“ Einigung auf einen Deal gegeben, teilte Konzernchef Fankhauser mit. Allerdings sei in den vergangenen Tagen „eine zusätzliche Einrichtung“ verlangt worden, was eine unüberbrückbare Herausforderung dargestellt habe. Ins Details ging Fankhauser nicht. „Ich möchte mich bei unseren Millionen Kunden entschuldigen und bei unseren Tausenden Angestellten.“

Nun steht die britische Zivilluftfahrtbehörde vor der komplexen Aufgabe, Abertausende britische Touristen heimzuholen. Eine Flotte von Flugzeugen sei bereits organisiert worden, teilte die CAA mit. Die Aktion dürfte mindestens zwei Wochen dauern. Auch eine von der Zivilluftfahrt aufgebaute Webseite für gestrandete Kunden von Thomas Cook solle es geben. Die meisten sind durch ein staatlich betriebenes Versicherungsprogramm abgedeckt, das Urlaubern bei einem Ausfall eines in Großbritannien ansässigen Touranbieters die Heimholung aus dem Ausland garantiert.

Verkehrsminister Grant Shapps ergänzte, Dutzende Chartermaschinen seien angemietet worden, um Betroffene kostenlos nach Hause zu fliegen. Hunderte Mitarbeiter würden in Callcentern und Anlaufstellen bei Flughäfen im Einsatz sein. „Die Aufgabe ist gigantisch, die größte Heimholung in der Geschichte des Vereinigten Königreichs in Friedenszeiten“, erklärte Shapps, und: „Da wird man um Probleme und Verzögerungen nicht umhinkommen.“

Geschätzte eine Million Kunden von Thomas Cook dürften zudem nun feststellen, dass ihre geplanten Reisen gestrichen sind. Auch sie werden wohl eine staatliche Erstattung erhalten.

Schon während der letzten Rettungsversuche bei Thomas Cook gab es für Urlauber düstere Vorzeichen. Einige Touristen berichteten der BBC, dass ein Hotel in Tunesien Gäste, die bei Thomas Cook gebucht hätten, einbestellt und weitere Zahlungen verlangt hätten – aus Sorge, vom Unternehmen nicht den ausgemachten Betrag zu erhalten. Ryan Farmer aus Leicestershire sagte, viele Urlauber hätten sich geweigert, da sie ja schon ihre Rechnungen bei Thomas Cook beglichen hätten. Das Sicherheitspersonal habe dann die Hoteltore verriegelt und „niemandem erlaubt, rauszugehen“. Es habe sich wie eine „Geiselnahme“ angefühlt.

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7 Kommentare

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  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Warum zahlt das jetzt wieder der Steuerzahler? Damit die Großaktionäre mehr aus der Konkursmasse retten können?



    Eigentlich sollte man von Reiseveranstaltern eine generelle Rückholversicherung verlangen. Die schlagen das dann natürlich auf die Ticketpreise drauf, was ja durchaus eine positive Lenkungswirkung haben könnte.



    Btw und OT: Flugbenzin massiv besteuern!

    • @84935 (Profil gelöscht):

      "Eigentlich sollte man von Reiseveranstaltern eine generelle Rückholversicherung verlangen."

      Diese Pflicht gibt es in Deutschland ja auch, seit 1994 ist jeder Reiseveranstalter verpflichtet, einen Reisesicherungsschein durch eine Bank oder Versicherung zu erwerben, die hier auch greifen.

      Das UK kennt diese Pflicht nicht und dort ist die Rückholung eine staatliche Aufgabe.

      • 8G
        84935 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Danke für die Aufklärung!

  • So wird also demnächst CO2 gesparrt. Blöd nur, wenn wir demnächst CO2 massiv besteuern und aber keinen Job mehr haben, um al das zu bezahlen.

    Erinnert mich ein bißchen an die Ostdeutschen, die 1990 lautstark eine sofortige Einheit und die D-Mark forderten und sich dann wunderten, dass der eigene Job damit verschwand ...

  • Fürs Klima ist das eine sehr gute Nachricht. Nach dem Scheitern von Thomas Cook kann die TUI jetzt ihre marktbeherrschende Stellung nutzen um die Preise so weit anzuheben wie nie zuvor und auf die oft unbequemen Holzklassereisenden verzichten.

    Billig-Reisen nach Mallorca werden bald vielleicht gar nicht mehr angeboten und die breite Masse der Deutschen darf mit der Bahn an der Ostsee Urlaub machen.

    Mit dem Flugzeug in den Urlaub zu reisen, wird wieder zum Privileg werden, das sich nicht jeder leisten kann. So kann man sich wieder als etwas Besseres fühlen.

  • Tja.



    Das ist schonmal ein guter Anfang. Auf jedenfall ein Tip für das Klimarettungsgeseier unserer gnädigen Obrigkeit. #SoGehtDas



    #KannWeg



    Professionelle #Enkeltöter



    *Plastikträne ans Hemd steck*



    Hör ich da jemanden jammern?

  • Werden für die Rückholaktion nicht jene Maschinen verwendet, die von T. Cook ohnehin dafür eingeplant/gekauft/gemietet worden waren?

    Oder versteckt sich das dahinter?