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Britische Süßigkeiten im TestDie Zucker-Challenge von der Insel

Die wochentaz-Redaktion knuspert sich durch Schokolade und Karamell aus UK. Am Ende kriegt sie den Mund vor lauter Staunen gar nicht mehr auf.

Eine süßer als die andere: die Produkte vor dem Test Foto: Michael Brake

D urch glückliche Umstände landete neulich eine Jutebeutelladung britischer Süßigkeiten in der wochentaz-Redaktion. Ein Geschenk, das mit dem süßen harten Kern des Teams sogleich verkostet wurde, wobei zwei Fragen im Raum standen. 1. Schmeckt das? 2. Könnte British Candy zum Trendfood taugen, so wie es direktimportierte US-amerikanische und japanische Süßigkeiten und Snacks ja bereits sind?

Erste Erkenntnis unserer (möglicherweise unrepräsentativen) Auswahl: Man isst in UK gern kleine Riegel, verpackt in Hochglanzplastik in grellwarmen Farbtönen, die außen schokoladig und innen karamellig sind. Wie Cadbury Crunchie, das mit etwas gefüllt ist, das „wie eine Honigwabe oder Lava“ aussieht. „Löst sich im Mund von allein auf und wird zu Luft“, lobt jemand, „Viel zu süß, sterbe“, beklagt wer anderes. Im Schnitt gab es 4,7 von 10 Punkten.

Bei Tunnock’s Real Milk Chocolat Wafer Biscuits (5,1 Punkte) ergänzen Waffeln das Karamell. Optisch kam das gut an, geschmacklich nannten es gleich drei Leute „pappig“, noch getoppt von „Manner-Schnitte, aber so, als würde sie schon eine Weile rumliegen“. Bei McVitie’s Club Orange (5,5 Punkte) war der Orangengeschmack manchen zu künstlich. Andere lobten „Das Soft Cake für die feinen Leute“ oder konstatierten „nur süß, nicht sehr süß“.

wochentaz

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Denn die britische Durchschnittssweetness liegt weit über der deutschen, das gilt auch für The Big Daddy von Marks + Spencer, der beim Test optisch und inhaltlich klar aus der Reihe tanzt. Ein einzelner, 300 Gramm schwerer Block in einer hellblauen Pappverpackung, bedruckt mit einem Wal, alles eher wertig und für eine urban-hippe Zielgruppe gestaltet. Ein Biss hinein gleicht einer Reise ins Erdnussbutterglas oder auch: „Schmeckt nach Snickers nur mit geilerer Salznote“. 7,6 Punkte. Tagessieg!

Am anderen Tabellenende, mit nur 1,4 Punkten – jemand gab gar –1 – steht Parrs Cinder Toffee. Federleichte bernsteinfarbene Karamellbrocken aus der Plastiktüte, die aussehen „wie ein Schwamm“, „angegammelter Bauschaum“ oder „eingelegter Soft-Tofu“ und beim Verzehr „an bis zum Stein komprimierte Zuckerwatte“ erinnern. Das besondere daran: Binnen Sekunden ist der gesamte Mundraum verklebt, eine Kollegin hat sich fast den Unterkiefer ausgerenkt.

Hinterließ Eindruck: Parrs Cinder Toffee Foto: Michael Brake

Schnell hatten alle Respekt („Erstickungsgefahr!“), wurden Taktiken ausgetauscht („nicht kauen, sondern lutschen“), und damit war auch klar: Wenn hier irgendwas Trendfood werden kann, dann Cinder Toffee. Es knallt optisch und eignet sich perfekt für das beliebte Tiktok-Genre der Challenge, bei der Nut­ze­r:in­nen sich bei einer Mutprobe selber filmen und das Erlebte kommentieren. Nur diesmal ohne Worte, denn den Mund, den kriegen sie dann nicht mehr auf.

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Michael Brake
wochentaz
Jahrgang 1980, lebt in Berlin und ist Redakteur der Wochentaz und dort vor allem für die Genussseite zuständig. Schreibt Kolumnen, Rezensionen und Alltagsbeobachtungen im Feld zwischen Popkultur, Trends, Internet, Berlin, Sport, Essen und Tieren.

7 Kommentare

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  • Warum probiert man so etwas? Und warum schreibt man dann noch darüber? Geht es um die liberale Wahlfreiheit? Oder um Produktinformation von Marktjunkies?

    Es gibt ziemlich viel gesunde, leckere und vor allem natürliche Nahrungsmittel, die man schnell zubereiten oder einfach roh und pur essen kann. Vieles gibt es jetzt frisch vom Acker oder aus dem Garten, kann man in der „Natur“ sammeln und außerdem machen Kühlketten, alte Konservierungs- und moderne Lagermethoden fast alles auch offseason verfügbar. Alles ist nachhaltiger als irgendwelches hochverarbeitetes Convenience Food.

    Tipp für den Mai: Blätter und Blüten vom Gundermann; einmal leichter Minzgeschmack, einmal süß; pur oder im Joghurt, zum Salat usw.

  • In Großbritannnien gibt es eine Zuckersteuer. Wieso sind diese Produkte dann trotzdem süßer als in Deutschland? Enthalten sie (trotz der Steuer) mehr Zucker oder wird der Zucker durch Süßstoffe (gesundheitlich auch kritisch gesehen) ersetzt?

  • Wo gibt es diese Drogen, werden die auch direkt importierten oder muss man die von Gewährsleuten in die EU schmuggeln lassen?

  • Nein, eine Rezension britischer Süßigkeiten, bei denen weder Maltesers noch Snowballs vorkommen, kann ich einfach nicht ernst nehmen ;)

    • @Anne Pipenbrinck:

      Vollkommen richtig! Mir fehlt auch eine Betrachtung dessen, was in England hartnäckig als "Schokolade" bezeichnet wird. Nur ein Cadbury Produkt überhaupt aufgeführt, das geht besser!

      Was überhaupt fehlt: die berüchtigten "Rocks", steinharte, aggressiv bunte Zuckerstangen, die in englischen Seebädern die kulturelle Bedeutung haben, wie hier Pommes. No beach life without rocks!

      Trotzdem ein lustiger, lesenswerter Artikel!

  • Das nächste Mal bitte die Alkohol-Challenge von Sibirien. Der Teaser schreibt sich von selbst:



    ‚Die wochentaz-Redaktion schluckt sich durch Wodka und Obstbrand aus Russland. Am Ende kriegt sie den Mund vor lauter Kotzen gar nicht mehr zu.‘

  • Sehr lustig und herrlich absurd formuliert!