piwik no script img

Bremen will AfD-VerbotWenn nicht jetzt, wann dann

Bremens rot-grün-rote Landesregierung will im Bundesrat für ein AfD-Verbotsverfahren werben. Erster Schritt: ein Prüfauftrag an den Verfassungsschutz.

Für die Bremer Koalition ein „Auftrag an die Politik“: Anti-AfD-Demo in Bremen im Januar Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Bremen taz | Bremen prescht vor, zumindest ein paar Schritte: Das kleinste Bundesland unter rot-grün-roter Landesregierung möchte ein AfD-Verbotsverfahren forcieren. Kommende Woche soll die Bürgerschaft über einen entsprechenden Antrag abstimmen.

Die AfD sei völkisch-national, vertrete einen Volksbegriff, der gegen den des Grundgesetzes verstoße, und habe mit Äußerungen zahlreicher Mandatsträger immer wieder bestätigt, dass sie nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe, erklärten am Mittwoch die Vorsitzenden der drei Regierungsfraktionen im Haus der Bremer Bürgerschaft. Konkreter Anlass für den Vorstoß seien die Demos, die seit Bekanntwerden der Vertreibungspläne der AfD Hunderttausende auf die Straße gebracht haben.

Diese begreife man „als Auftrag an die Politik, jetzt endlich tätig zu werden“, so Sofia Leonidakis, Fraktionsvorsitzende der Linken. Wer weiter warte, verliere das Momentum, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Mustafa Güngör: „Die Aufmerksamkeit für das Thema war nach den Correctiv-Recherchen groß. Schon jetzt im März spüre ich weniger davon.“

Einen Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht können nur Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat stellen. Vorgeschaltet wird dem eigentlichen Verbotsantrag erst ein Prüfauftrag: Bremen will sich im Bundesrat zunächst dafür einsetzen, dass die Landes­ämter und das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Materialsammlung über die AfD zusammentragen. Damit solle eine „solide Prüfung“ der Verfassungsfeindlichkeit möglich sein.

Erfolgsaussichten für ein Verbot absichern

Der Zwischenschritt ist als wesentliche Entscheidungsgrundlage und Begründung für einen Parteiverbotsantrag unabdingbar und soll helfen, die Erfolgsaussichten eines Verfahrens noch sicherer einzuschätzen. Wie hoch diese sind, da scheint es selbst innerhalb der Bremer Koalition Uneinigkeit zu geben. „Ich bin nicht überzeugt, dass es für ein Verbotsverfahren auf Bundesebene reicht“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Henrike Müller.

Ein gescheitertes Verfahren könnte laut Kri­ti­ke­r*in­nen die Partei legitimieren und so letztlich mehr schaden als nützen. Sogar einzelne Vertreter der AfD hatten sich deswegen für ein Verbots­verfahren ausgesprochen.

Die vorgeschaltete Prüfung wäre zugleich aber eine Möglichkeit, zögernde Landesregierungen mit an Bord zu holen. Sowohl der Antrag auf Prüfung als auch ein späterer Verbotsantrag müssen vom Rat mit absoluter Mehrheit getragen werden. Beim NPD-Verbotsverfahren gab es 2017 sogar ein einstimmiges Votum der Länder bei der Innenministerkonferenz.

Keine Einigkeit unter den Ländern

Bei der AfD hingegen gibt es unter den Ländern noch keine Einigkeit. Nachfragen zur Unterstützung im Bundesrat wichen die Bremer Fraktionsvorsitzenden am Mittwoch aus. „Wir hoffen auf einen Schulterschluss auf Bundesebene über Parteigrenzen hinweg“, sagte die Linke Leonidakis. Dafür müsse man mit den A- wie auch den B-Ländern sprechen, also sowohl solchen, deren Koalition von der SPD, als auch solchen, die von der CDU angeführt würden.

„Es haben sich bereits Ministerpräsidenten offen für die Prüfung eines AfD-Verbots gezeigt, darauf kann man aufbauen.“ Der SPDler Güngör hofft, dass zumindest die Prüfung die notwendige Mehrheit bekommt. „Welches Landesamt sollte etwas dagegen haben, dass jetzt nach Material für ein Verfahren gesucht wird?“

Sollte der Verbotsantrag kommen, wird es Jahre dauern bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der richtige Zeitpunkt für ein Verbotsverfahren ist ein kritischer Faktor. So war etwa das Parteiverbotsverfahren gegen die NPD von 2017 gescheitert, weil das Verfassungsgericht der Partei mit ihren 5.000 Mitgliedern keine ausreichenden Erfolgschancen für ihre demokratiegefährdenden Pläne bescheinigte.

Das dürfte bei der AfD mit ihren aktuellen Wahlumfragen, die sie in mehreren Bundesländern als stärkste Kraft sehen, anders aussehen. „Mit Fortschreiten der Zeit wird die Gefahr durch die AfD nicht kleiner, sondern größer“, so Leonidakis. Wenn die Partei erst einmal an Landesregierungen beteiligt sei, schreite „die Aushöhlung der Institutionen voran“, warnte auch Güngör. Der Schutz der Demokratie müsse jetzt beginnen. „Worauf warten wir also?“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Vielleicht sollte Bremen erst mal üben und den Status der AfD in der Beurteilung des Bremer Verfassungsschutzes als "gesichert rechtsextrem" nach oben schrauben wie in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.

    Als Verdachtsfall wie in Bremen wird das nichts mit einem Verbot.

    Also bitte erst die Hausaufgaben machen Bremen!

  • „Vorgeschaltet wird dem eigentlichen Verbotsantrag erst ein Prüfauftrag: Bremen will sich im Bundesrat zunächst dafür einsetzen, dass die Landes­ämter und das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Materialsammlung über die AfD zusammentragen“

    Was ist verkehrt an dem Antrag für die Aufnahme einer vorgeschalteten Prüfung? Wenn nach dieser Prüfung noch nicht ausreichende Beweise für ein bundesweites Verbot vorliegen, dann muss man ja das Verbot noch nicht zwingend beim Bundesverfassungsgericht beantragen.



    Nur ohne Beginn einer Prüfung wird ein Verbotsverfahren doch nie beantragt.

    Die demokratischen Parteien müssen m.E. die Lügen / die populistischen Nichtlösungen dieser Partei immer wieder argumentativ bloßstellen, dürfen sich nicht deren Populismus aneignen, müssen der Bevölkerung offen gegenüber kommunizieren, dass es einfache Lösungen für komplexe Probleme leider nicht gibt. Und gleichzeitig sollten sie gemeinsam immer wieder prüfen, ob mittlerweile genug Beweise für ein erfolgreiches bundesweites Verbot vorliegen.

  • Es kann nicht sein das RichterInnen, AnwältInnen, PolizistInnen und sonst BeamtInnen Mitglied und teils InhaberInnen hoher Posten innerhalb einer eigentlich verfassungsfeindlichen Partei sind, bei der sich „die Politik“ nicht traut, dieses auch zu prüfen. Alle diese BeamtInnen haben einen Diensteid auf das Grundgesetz und damit auf unsere Demokratie geleistet. Diese Personen leben von den Menschen, die sie offensichtlich teils öffentlich verachten, herabwürdigen und sich herablassend über sie lustig machen. Es ist längst nicht mehr nachvollziehbar das sich große Teile des politischen Betriebs nach wie vor nicht auf eine Verbotsprüfung einlassen können. Allein nur die Prüfung würde bereits zu einem Massenaustritt verbeamteter Personen führen. Denn insgeheim wissen diese Personen ganz genau wofür diese Partei eigentlich steht.

  • Viel Glück mit diesem Kanzler und der Union.

    • @christoph ganter:

      Die Union hat die bisher einzigen erfolgreichen Parteiverbote geschafft, unter anderem der nationalsozialistisch orientierten Sozialistischen Reichspartei (SRP) im Jahr 1952.



      Liefern muss hier die Ampel.

    • @christoph ganter:

      Was hat der Kanzler damit zu tun?

  • anyway, das npd-verbot scheiterte an der beteiligung des VS an den strukturen der npd.



    also: selbst schuld.



    erstmal verbot der afd auf landesebene, wie campact das fordert. dann auf bundesebene, wie bremen das jetzt endlich!!! fordert.



    weiter so.



    dann antifa-arbeit von uns allen - auf demos, im quartier gegen alt+neonazis vorgehen, kein maul halten - offen auftreten gegen die nazis.



    es lohnt sich!



    in meiner straße kenne ich sie, die paar nazis, sie gehen in eine kneipe um die ecke, da gehen auch die hsv-fans hin. ich erzähle es anderen nachbarn, daß das rechte nazi-säcke sind.



    die wollen es kaum glauben - aber sind jetzt aufmerksamer, hoffe ich doch.

    sonngtags gehen die kneipenbesitzer der rehten eckkneipe in die andere eckkneipe, die auch von hsv-fans besucht wird, die eckkneipe schräg gegenüber hißt immer die hsv fahne. +das im ex-linken HH-eimsbüttel, früher bekannt als bermuda-dreieck.



    da sind jetzt die rechten am ruder. linke sind wo? i don't know.

    unsere (weniger gewordenen, aber für uns alten wichtigen) parkbänke im park am weiher + am isebek-kanal (umkämpftes naherholungsgebiet, inis früher vor ort -zum erhalt der natur daselbst, heute nicht mehr) werden von den hsv-fans blauweiß angemalt, die st.pauli fans halten dagegen mit braun (ausgerechnet braun!!!) - weiß streifen. wie geil ist das denn?



    ungeil, weil unpolitisch.



    die lieben kleinen hosenscheißerInnen werden in sehr teuren braunen st.pauli-klamotten auf den spielplatz geschickt - alles mode, und so modern, + so trendy. aber nie im leben links.

    die blauweißen sind auf dem vormarsch. es ist unpolitisch, nutzt aber der rechten mischpoke.



    dies beobachtungen einer 75j.alten schachtel in HH-eimstown.



    fußball, männlich, übel. das zum frauentag morgen.



    es kotzt mich an.

  • Endlich! Ich hoffe, sie finden genügend Unterstützung!