Trainerdämmerung an der Weser: Bremen wechselt Werner aus
Der SV Werder präsentiert am Montag seinen neuen Trainer Horst Steffen. Dabei will die Trennung von Vorgänger Ole Werner erst noch verarbeitet sein.

Da schien es nur eine Formsache zu sein, dass Werner seinen Vertrag verlängert. „Man wird nicht viele Traditionsvereine finden, die sich ähnlich gut entwickelt haben im Laufe der letzten vier Jahre“, hatte der Trainer nach Saisonende gegenüber der Deichstube gesagt.
Die Nachrichten-Bombe zündete dann in zwei Etappen. Am Montag teilte Werder Bremen mit, dass Trainer Ole Werner seinen Vertrag nicht verlängert. Der lief zwar noch bis 2026, aber bereits am Dienstag verkündete Geschäftsführer Clemens Fritz die Trennung: Der Club brauche „auf der Position des Cheftrainers Kontinuität und Klarheit für die Zukunft“.
Klarheit ist das Wort, das beide Seiten am liebsten verwenden. Doch an der scheint es zuletzt gefehlt zu haben. „Wir haben viele Gespräche mit ihm geführt und man konnte in den letzten Wochen ja auch etwas zwischen den Zeilen lesen“, sagte Fritz nach der Trennung.
Wohl schon länger unzufrieden
Damit meinte er wohl Äußerungen Werners wie die, dass sich entweder um einen Trainer herum Dinge verändern müssten, „oder irgendwann ist es an dem Punkt, wo es für alle gut ist, wenn sich auf der Position des Trainers etwas tut“. Dies lässt nur den Schluss zu, dass sich für Werner die Dinge um ihn herum zu langsam veränderten, sprich im Kader und an anderen Stellen im Verein. Die Medien in Bremen berichteten schon länger darüber, dass Werner mit der Transferpolitik und dem Scouting des Klubs unzufrieden sei.
Die Mannschaft als Ganzes entwickelte sich unter Werner weiter – einige verpflichtete oder ausgeliehen Spieler wie Skelly Alvero, Naby Keita, oder Andre Silva erfüllten die Erwartungen allerdings nicht. Dafür wurde in der Öffentlichkeit meist Werner verantwortlich gemacht, genauso wie für den Weggang der Talente Nick Woltemade und Eren Dinkci. Dass er selbst es wohl anders sah, deutete er nur an. „Wenn wir von einem Spieler wirklich überzeugt sind, können wir in der internen Abstimmung noch klarer werden und es schneller durchziehen“, sagte er.
Entscheidend für Werners Entscheidung dürfte allerdings nicht die leichten Risse im Binnenverhältnis, sondern ein grundsätzlicher Zielkonflikt gewesen sein. Die Geschäftsführung will Transferüberschüsse erzielen, in diesem Sommer mindestens 7,5 Millionen, und wieder eigene Talente in der Bundesliga-Mannschaft sehen.
Das Umfeld träumt allerdings vom nächsten Schritt, also der Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb. Für einen Trainer, der nur den zwölftgrößten Spieleretat der Bundesliga zur Verfügung hat, muss sich das anhören wie die Quadratur des Kreises.
„Ich will nicht nur hier sein, weil ich mich hier wohlfühle und die Leute mich mögen, sondern weil wir gemeinsam besser werden können“, sagte Werner nach der Saison. Diesen Glauben hat er in den Gesprächen danach wohl verloren. Dass die sportliche Leitung bereits wenige Tage nach der Trennung von Werner mit Horst Steffen einen Nachfolger präsentierte, zeigt, dass sie schon länger auf dieses Szenario vorbereitet war.
Der Neue kennt Liga 1 nicht
Der 56-jährige Steffen hat bislang keine Erfahrung in der höchsten Spielklasse. Aber ihm ist es gelungen, den Klub des 13.000 Einwohnerstädtchens Elversberg binnen sieben Jahren aus der vierten Klasse fast dahin zu bringen. Nur knapp scheiterte der Zweitligist am Dienstag in der Relegation zur Bundesliga am TSV Heidenheim.
Für Werder interessant wurde Steffen durch seinen offensiven, attraktiven Spielstil, aber vor allem aufgrund seiner Qualität, junge Spieler weiterzuentwickeln. So brachte er noch in der dritten Liga dem damals von Werder ausgeliehen Nachwuchsstürmer Nick Woltemade das Toreschießen bei.
Dass Werder es vor einem Jahr nicht gelang, das Eigengewächs Woltemade im Klub zu halten, der dann ablösefrei nach Stuttgart wechselte, dort eine furiose Saison spielte und nun im Kader der deutschen Nationalmannschaft steht, wirkt noch nach. Der klare Auftrag an Steffen: Talente, wie die aus der eigenen U19, die gerade in ihrer Altersklasse DFB-Pokalsieger wurde, frühzeitig in den Profikader einbinden und ihnen eine Perspektive aufzeigen.
Klingt logisch, bedeutet aber, dass die Geschäftsführung den gesamten Klub und seine Anhänger auf diesem Weg mitzunehmen hat. Sonst muss am Ende wieder ein Trainer als Sündenbock dafür herhalten, falls er mit dem Team gegen den Abstieg spielen muss, und die Startplätze für die europäischen Wettbewerbe in weiter Ferne bleiben.
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