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Bremen-Tatort „Stille Nacht“Die Grinchs sind da

Ein Mord an Heiligabend bei einem scheinbar friedlichen Familienfest. Leider möchte in diesem Krimi weder Spannung noch Weihnachtsstimmung aufkommen.

Kommisarin Selb und Matrose Jay an Weihnachten in der Seemannsmission Foto: Claudia Konerding/RB

Als Weihnachtsliebhaberin hat man es nicht leicht in diesem Land. Die Straßen riechen angenehm nach Glühwein und Bratwurst, geschmückte Weihnachtsbäume auf den Straßen und Kerzen in den Fenstern trotzen dem winterlichen Grau. Es könnte alles so schön sein, wären da nicht die Menschen. Griesgrämig schlurfen sie durch die Gegend und jede Erwähnung des frohen Festes scheint ihre Gesichter noch mehr zu verdunkeln und sie beginnen sich zu beschweren: der Stress, die Familienbesuche, die Kalorien.

Und auch in Deutschlands beliebtestem Fernsehkrimi scheinen die Grinchs übernommen zu haben, wie der aktuelle „Tatort“ aus Bremen zeigt.

Es ist Heiligabend, das Ermittlerinnenduo Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) hat Feiertagsdienst und überbietet sich im Aufzählen aller furchtbaren Dinge, die für sie für Weihnachten stehen. „Einbrüche“, sagt die eine, „Häusliche Gewalt“, entgegnet die andere, nur um mit „Last Christmas“ übertrumpft zu werden.

Der Krimi

Bremen-„Tatort“: „Stille Nacht“, So., 20.15 Uhr, ARD und in der ARD-Mediathek

Ganz anders sieht es bei der Familie Wilken aus. Dort feiert der Kapitän Hendrik mit seinem Ehemann, Kindern und Enkeln gemütlich mit Weihnachtsmannmützen auf den Köpfen und Geschenken unter dem Weihnachtsbaum. Auch ein philippinischer Matrose ist zu Gast, mit dem sie bis tief in die Nacht Karaoke singen. „Last Christmas“ natürlich, was sonst.

Es fehlen: Figuren mit Tiefe

Ein friedliches Fest könnte man meinen. Doch so etwas gibt es im deutschen Fernsehen nicht, weswegen natürlich alles deutlich weniger friedlich ist, als es auf den ersten Blick erscheint. Denn am nächsten Morgen liegt Großvater Henrik erschossen in seinem Zimmer.

Wer den deutschen Weihnachts-Grinchs entkommen möchte, muss eben doch auf die Hollywood­klassiker zurückgreifen

Moormann und Selb vermuten einen Raubmord – wie wir wissen, nehmen Einbrüche in der Weihnachtszeit zu –, doch dank der neuen Hightechkamera der Polizei lässt sich der schnell ausschließen. Der oder die Mörder_in muss sich also unter der kleinen Heiligabendgesellschaft befinden. Und so beginnt eine Art Kammerspiel, in der plötzlich jeder und jede verdächtig erscheint: Der Großvater, der aus Eifersucht handelt. Der Sohn, der sich immer ausgeschlossen fühlt. Die Tochter, die so große Probleme zu haben scheint, dass sie selbst mit Tabletten nicht in den Griff zu bekommen sind.

So albern und kitschig, wie die alljährlichen Weihnachts-„Tatort“-Folgen ist dieser zwar nicht, doch Spannung will in diesem Krimi auch nicht aufkommen. Das liegt einerseits an der geradeaus erzählten Geschichten, die auf doppelte Ebenen und unerwartete Wendungen verzichtet, andererseits an der schauspielerischen Leistung. Ängstliche Blicke und melodramatisches Hände-über-dem-Kopf-Zusammenschlagen gibt es hier zumindest reichlich. Figuren mit Tiefe dagegen weniger.

Und auch wenn Selb sich nach einer ausschweifenden Party doch für kurze Zeit dem „Last Christmas“-Ohrwurm hingibt, so richtige Weihnachtsstimmung möchte in diesem „Tatort“ nicht aufkommen. Wer den Grinchs entkommen möchte, muss eben doch auf die Hollywood-Klassiker („Home Alone“, „The Holiday“ oder „The Holdovers“) zurückgreifen. In diesen Märchengeschichten gibt es das nämlich noch: das schöne friedliche Fest mit geschmückten Weihnachtsbäumen, Glühwein und einem Happy End. Das hat für viele vielleicht wenig mit der Realität zu tun, aber wieso sollte man sich schon im Vorhinein die Stimmung vermiesen lassen.

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2 Kommentare

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  • Jeder darf sich sein eigenes Urteil bilden. Oftmals sind die Eindrücke unterschiedlich und ein neues Tatort Team braucht in der Regel etwas Anlaufzeit um seinen Stil zu finden. Ich fand die norddeutsche Bildsprache und das unaufgeregte Ermitteln einen angenehmen Kontrast zu dem was in diesem Format oftmals gezeigt wird, und selten dem Auftrag auch Regionalität abzubilden nicht gerecht wird

    • @Ein Unterfranke:

      Besonders wenn der Tatort so Adventskalender-tauglich ist, ist die Regionalität gut abgebildet!