Brandherd Naher Osten: Türkei hat Mossad-Spitzel im Visier
Der IS reklamiert den Anschlag im Iran für sich. Doch in der Region wächst das Misstrauen gegenüber Israel – auch in der Türkei.
Hintergrund dieser Aktivitäten ist die Angst, der Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas könnte sich über Gaza hinaus auf die ganze Region ausweiten. Insbesondere die iranische Führung sieht sich mit der Frage konfrontiert, ob und wie sie auf jüngste Aktivitäten Israels reagieren soll.
Zunächst wurde letzte Woche ein iranischer General in Syrien getötet, der wohl für den Nachschub für die mit Iran verbündete libanesische Schiitenmiliz Hisbollah verantwortlich war, dann erfolgte am Dienstagabend der Schlag gegen den Hamas Vize Saleh al-Aruri in Beirut. Am Mittwoch dann der Anschlag auf die Trauerfeierlichkeiten am Grab von Soleimani in Kerman, bei dem angeblich über hundert Menschen getötet wurden.
Zwar ist die Urheberschaft des Anschlags in Kerman völlig unklar, aber auf den Straßen Irans und in den einschlägigen Staatsmedien wird dennoch Israel für den Anschlag verantwortlich gemacht. Just am letzten Dienstag, kurz vor dem Attentat in Beirut am Dienstagabend, gab der türkische Innenminister Ali Yerlikaya bekannt, dass in einer „Operation Maulwurf“ türkische Sicherheitskräfte 33 Menschen festgenommen haben, die im Verdacht stehen, für den israelischen Geheimdienst Mossad spioniert zu haben. Nach 13 weiteren Personen wird immer noch gefahndet.
Türkei bekannter Hamas-Rückzugsort
Den Festgenommenen wird vorgeworfen, dass sie sich an der Vorbereitung von Angriffen und Entführungen gegen in der Türkei lebende Ausländer beteiligt hätten. Mit anderen Worten, sie werden verdächtigt, Aktionen gegen Hamas-Mitglieder, die sich in der Türkei aufhalten, vorbereitet zu haben. Über die Nationalität der Festgenommenen wurden keine Angaben gemacht. Seit der Ankündigung des Mossad-Chefs David Barnea, man werde die militärischen und politisch Verantwortlichen für das Massaker vom 7. Oktober zur Verantwortung ziehen, „egal wo sie sich aufhalten“, ist die Türkei alarmiert.
Neben Katar und dem Libanon ist vor allem die Türkei als Rückzugsort für Hamas Funktionäre bekannt. Der türkische Geheimdienst MIT ist seitdem bemüht, alle möglichen Mossad-Quellen in der Türkei stillzulegen. Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte Israel, es werde „sehr ernste Konsequenzen“ haben, wenn der Mossad in der Türkei Jagd auf Hamas Leute machen sollte. Erst vor zwei Tagen orakelte er, es gäbe „eine heimtückische Operation gegen die Türkei und ihre Interessen“.
Darüber werden Erdogan und Außenminister Hakan Fidan nun mit US-Außenminister Antony Blinken reden wollen. Hakan Fidan, der vor seiner Zeit als Außenminister fast 20 Jahre lang Chef des türkischen Geheimdienstes war, sagte am Mittwoch, das Risiko, dass aus dem Krieg im Gazastreifen ein regionaler Flächenbrand wird, „ist real“. Der Mossad dürfe keine weiteren Aktionen gegen die Hamas im Ausland durchführen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei