Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkunft: Rechter Terror in Serie?

Auf die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen im Kloster Blankenburg wurde ein Brandschlag verübt. Es ist einer von mehreren in letzter Zeit.

Eine Unterkunftsbaracke auf dem Gelände des früheren Klosters Blankenburg bei Oldenburg.

Erstaufnahme für Geflüchtete: Unterkunft auf dem Gelände des Klosters Blankenburg im Jahr 2015 Foto: dpa/Thorsten Helmerichs

OSNABRÜCK taz | Das Kloster Blankenburg bei Oldenburg wirkt nur auf den ersten Blick wie eine Idylle. Wie sehr dieser Eindruck täuscht, hat sich in der Nacht zum vergangenen Sonnabend gezeigt: Auf die hier untergebrachte Außenstelle Oldenburg der Landesaufnahmebehörde (LAB) Niedersachsen wurde ein Anschlag verübt.

Zwei Brandsätze zündeten auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete. Die Feuer beschädigten zwei Gebäude, eines leer stehend, eines schwach belegt. Verletzt wurde niemand, zumindest nicht phy­sisch. Neben der LAB, derzeit mit rund 180 Personen belegt, hauptsächlich aus Syrien, Irak und Afghanistan, befindet sich hier auch eine Dienst­stelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

„Die Hintergründe der Tat sind unklar“, sagt Jens Rodiek, Sprecher der Polizeiinspektion Oldenburg-Stadt/Ammerland. „Noch gibt es keinen konkreten Verdacht. Es wird daher weiter in alle Richtungen ermittelt.“ Wegen der „besonderen Bedeutung des Objektes“ ist auch der Staatsschutz eingebunden. Die Polizei spricht von einem „Großaufgebot“ an Ermittlerinnen und Ermittlern.

Nach Einschätzung des Flüchtlingsrats Niedersachsen sind die Hintergründe der Tat nicht ganz so unklar. „Dass das Anschlagsziel eine Unterkunft für Asylsuchende war, ist aus unserer Sicht kein Zufall“, sagt Sascha Schießl, Referent der Geschäftsführung. „Wir werten den Brandanschlag daher als rechtsextreme und rassistische Tat.“ Wichtig sei jetzt, die Betroffenen umfassend zu unterstützen. Zugleich sei eine beschleunigte Verteilung der Personen auf die Kommunen zwingend erforderlich, damit sie nicht mehr lange an dem Ort des Anschlags bleiben müssten.

Erkennbare rechtsextreme Strukturen

Es sei falsch, derartige Brandanschläge als Einzeltaten zu sehen, sagt Schießl. Die rechtsextremen Strukturen zu erkennen, innerhalb derer solche Brandanschläge verübt würden, sei die Grundlage für entschiedenes politisches und zivilgesellschaftliches Handeln.

„Der Brandanschlag zeugt von einer massiven Bedrohungslage“, erklärt das Kollektiv Solidarity without Borders Oldenburg. Geflüchtete in öffentlichen Unterbringungen lebten ohnehin häufig in ständiger Angst vor Abschiebungen und unter massiver Kontrolle. „Wir fordern die Schließung von Blankenburg und allen Lagern“, schreibt das Kollektiv.

Rund 100 Teilnehmer kamen am Tag nach der Tat zu einer Spontandemonstration in Oldenburg, zu der die Ortsgruppe des Bündnisses „Nationalismus ist keine Alternative“, kurz „Nika“, aufgerufen hatte. Sie protestierten gegen „die Festung Europa und ihre Fans“.

Man betrachte den Brandanschlag „unter dem Verdacht des rechten Terrors“, erklärt die Ortsgruppe in einer Mitteilung.Und erinnert an drei Brandanschläge im vergangenen Jahr: Im Bremer Umland in Syke, Gnarrenburg und Ganderkesee warfen Unbekannte Brandsätze auf mi­grantisch betriebene Restaurants. Auch wenn die Polizei und der Staat nicht zu dieser Einordnung kämen, ließen sich die Angriffe klar einer rechten Anschlagsserie zuordnen, so die Aktivisten. „Rechter Terror ist ein gewaltiges Problem in Niedersachsen“.

Auf den ersten Blick seltsam: Der Stadtrat lehnte den Dringlichkeitsantrag „Solidarität mit Geflüchteten nach dem Brandanschlag in Blankenburg“ der Oldenburger Linken zur Ratssitzung am 31. Mai ab. Stadtsprecher Reinhard Schenke fasst das so zusammen: „SPD, CDU, Grüne, FDP – alle dagegen. Als Grund wurde genannt, dass keine Dringlichkeit bestehe.“

Feuer an zwei Stellen

„Da die Straftäter gleich an zwei Stellen Feuer gelegt haben, ist davon auszugehen, dass sie die erfolgreiche Ausbreitung des Feuers auf jeden Fall sicherstellen wollten“, hatte Hans-Henning Adler, der Fraktionsvorsitzende der Linken, an Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) geschrieben. „Die Täter haben damit gezeigt, dass sie den Tod von Bewohnerinnen und Bewohnern in Folge des Brandes billigend in Kauf genommen haben.“ Der Vorgang habe aber nicht nur eine strafrechtliche Seite. „Zu so einer abscheulichen Tat können sich Menschen nur aufgerufen fühlen, wenn das politische Klima im Land den Hass auf Geflüchtete fördert“, so Adler.

Rita Schilling, Sprecherin der Ratsfraktion der Oldenburger Grünen, erklärt die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags so: „Das liegt allein schon in der Geschäftsordnung begründet. Dringlichkeit herrscht ja nur dann vor, wenn sonst womöglich ein unmittelbarer Schaden einträte, eine Frist verstriche. Das ist hier aber nicht der Fall.“ Außerdem sei ja noch gar nicht sicher, wer für den Anschlag verantwortlich sei: „Wir haben hier in der Stadt seit einigen Wochen eine ganze Brandanschlagsserie“, sagt Schilling. Auch eine Kneipe sei zum Ziel geworden, ebenso eine Kita. Die Resolution werde in der nächsten Ratssitzung Ende Juni behandelt. „Dann kann uns die Staatsanwaltschaft vielleicht schon mehr sagen“, hofft Schilling.

Welche Maßnahmen will die Landesaufnahmebehörde nun ergreifen, damit Ähnliches sich nicht wiederholen kann?„Der Sicherheitsdienst ist rund um die Uhr auf dem Gelände und auch für die Bewohnerinnen und Bewohner zu jeder Zeit ansprechbar“, sagt Hannah Hintze, Stabsstellenleiterin der Braunschweiger Behörde. „Aufgrund der aktuellen Vorkommnisse haben wir unsere Sicherheitsmaßnahmen noch einmal verstärkt.“

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