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Boris Palmer besucht BerlinGanz die alte Krawallo-Logik

Antje Lang-Lendorff
Kommentar von Antje Lang-Lendorff

Der Grüne Boris Palmer wollte die Spannungen zu seiner Partei abbauen. Die geplante Berlin-Tour mit der CDU dürfte das Gegenteil bewirken.

Für den Tübinger Oberbürgermeister endet in Berlin der funktionierende Teil Deutschlands Foto: dpa

B oris Palmer ist ein Wiederholungstäter. Ende letzten Jahres lästerte der Oberbürgermeister von Tübingen über das von seinen Parteikollegen mitregierte Berlin: „Wenn ich dort ankomme, denke ich immer: ‚Vorsicht, Sie verlassen den funktionierenden Teil Deutschlands‘“ Die grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop pampte zurück, niemand zwinge ihn, ins vielfältige Berlin zu kommen, er könne sich anderswo als Hilfssheriff blamieren. Nun macht Palmer am Mittwoch doch eine Stadtrundfahrt – ausgerechnet auf Einladung der CDU-Fraktion.

Laut Christdemokraten soll es darum gehen, Palmer zu zeigen, „wo es gut läuft in Berlin und wo es besser laufen könnte“. Es ist abzusehen, dass vor allem Letzteres im Mittelpunkt steht: Zwar startet die Tour am Messegelände – um Palmer auf das boomende Berliner Messegeschäft aufmerksam zu machen, wie der CDU-Fraktionssprecher betonte. Direkt nebenan befindet sich aber auch das schadstoffbelastete ICC, für das es immer noch keine spruchreife Perspektive gibt. Zuständig: Ramona Pop.

Weiter geht's an der Leipziger Straße in Mitte, wo der Senat zum Unwillen der CDU Tempo 30 verhängt hat wegen der Feinstaubbelastung. Zuständig: Regine Günther, parteilos, für die Grünen. Und natürlich darf bei der Runde auch der Görlitzer Park nicht fehlen. Palmer sagte bei seinem Berlin-Bashing, er komme „mit dieser Mischung aus Kriminalität, Drogenhandel und bitterer Armut“ nicht klar. Nun, im Görli kann er sich gemeinsam mit der CDU wunderbar über das Berliner Lotterleben aufregen. Zuständig: Monika Herrmann, grüne Bezirksbürgermeisterin.

Für die mitfahrenden Journalisten hat das Ganze sicher einen hohen Unterhaltungswert, die öffentliche Aufmerksamkeit ist Palmer und der CDU gewiss. Und natürlich kann es sein, dass sie den Finger an der ein oder anderen Stelle auch zu Recht in die Wunde legen, auf Missstände hinweisen.

Seine Parteikollegen dürften das Ganze allerdings vor allem als illoyal empfinden. Palmer richtet sich bei der Tour schließlich nach der CDU-Agenda, er lässt sich Berlin vom politischen Gegner im Abgeordnetenhaus zeigen. Erst Anfang des Monats hat Palmer kundgetan, sich weniger mit den Grünen streiten zu wollen. „Ich will dazu beitragen, mit meiner Partei wieder ein besseres Verhältnis zu erreichen“, sagte er. Sein Berlin-Besuch am Mittwoch ist genau das Gegenteil: Er folgt eben doch wieder der alten Krawallo-Logik.

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Antje Lang-Lendorff
wochentaz
Teamleiterin Gesellschaft in der wochentaz. Seit 2007 fest bei der taz, zunächst im Berlin-Teil, dann in der Wochenend-Redaktion. Schwerpunkte: Soziales und Reportage.
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7 Kommentare

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  • Wer kommt denn auf die Idee, dass das aufzeigen von schlimmsten Zuständen, spießbürgerlich ist. Ist man/frau nur hipp und modern wenn man/frau den Dreck und die Unfähigkeit einiger Verantwortlicher nicht sieht oder sich dabei noch wohlfühlt?



    Nur wenn ich im Schweinestall groß geworden bin fühl ich mich im Schweinestall wohl. Allerdings bin ich dann wahrscheinlich ein Schwein

  • Boris Palmer möchte offensichtlich nur das sehen, was seine Meinung bestärkt. Muss man ihm nachsehen, alles andere ist ihm einfach etwas zu komplex.

  • Und deshalb darf man Probleme nicht ansprechen? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Ich empfinde Hrn. Palmer als einen der authentischsten Politiker der Partei.

    • @Tabus überall:

      Und auch einen der rassistischsten. Vielleicht wäre er in einer anderen Partei viel authentischer ...

  • Ich schätze, wenn die Umfrageergebnisse für die Grünen so positiv bleiben wie bisher, dass Palmer jemand ist, der die Zukunft der Grünen darstellt. Die Partei wird sich immer mehr dem rechten Spieß- und Kleinbürger anpassen müssen, wenn sie anstatt Inhalte lieber nur ein Feeling für Umweltbewusstsein anbieten.

  • Scheinbar muss jede Partei ihren durchgeknallten Außenseiter haben. Wenn dazu noch schwäbische Provinz kommt, wird es peinlich. Die Berliner CDU sollte ihn zur nächsten Abgeordnetenhauswahl aufstellen. Viele Grüne wären froh, ihn dann los zu sein.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Kann der Pedant nicht einfach in seinem Tübingen bleiben und die Einhaltung der Kehrwoche überwachen? Berlin ist eine Großstadt, keine Großstadt der Welt wird jemals so clean und perfekt sein, wie Palmer sich das in seinen Provinzlerträumen vorstellt.