Boris Johnsons Nachfolge: Frauen und Minderheiten zuerst
Diversität prägt das Rennen um die Spitze bei den britischen Konservativen. Verteidigungsminister Wallace verzichtet.
Wallace war am Donnerstag nach Johnsons Rücktrittserklärung in einer Umfrage unter konservativen Parteimitgliedern an der Spitze gelegen.
Die Absage ist nicht nur aufgrund seines durch den Einsatz im Ukrainekonflikt gestiegenen Ansehens ein Rückschlag. Er verkörpert auch für viele Parteimitglieder genau die Art von Anstand und Verantwortung, die sich viele zur Ablösung von Boris Johnson wünschen.
Das bewiesen auch die von Wallace genannten Gründe für seine Nichtkandidatur. Neben der Familie nannte er auch seine Aufgabe, das Land weiterhin zu verteidigen.
Auch der ultrakonservative Steve Baker entzog sich dem Rennen und gab an, dass er sich hinter die bisherige Generalstaatsanwältin Suella Braverman stelle. Bisher ließen sich neun KandidatInnen bestätigen, und es wird damit gerechnet, dass es bis Montag mindestens zehn werden.
Rishi Sunak hat am meisten Unterstützer
Unter jenen, die ihre Kandidatur bestätigt haben, zählt der am vergangenen Mittwoch zurückgetretene indischstämmige Finanzminister Rishi Sunak die bisher größte Zahl an Unterstützer:innen aus der Parlamentsfraktion.
Nach den parteiinternen Regeln stimmen erst die derzeit 359 konservativen Abgeordneten über alle Kandidatinnen und Kandidaten ab, wobei bei jedem Wahlgang der Letztplatzierte herausfällt. Wenn noch zwei übrig sind, ist die Basis von derzeit rund 200.000 Parteimitgliedern an der Reihe. Wird das Verfahren nicht abgekürzt, etwa indem am Ende der Zweitplatzierte zurückzieht, gibt es spätestens Anfang September einen neuen Premierminister.
Weitere Kandidaten sind der pakistanischstämmige Sajid Javid, der vier verschiedene Ministerposten in konservativ geführten Regierungen seit 2014 innehatte, zuletzt den des Gesundheitsministers bis zu seinem Rücktritt am Mittwoch, aber auch den des Innenministers unter Theresa May und des Finanzministers unter Boris Johnson.
Ein diverses Feld
Es kandidiert auch der Ex-Gesundheitsminister unter David Cameron, Jeremy Hunt, der 2019 das Rennen gegen Boris Johnson um Mays Nachfolge verlor. Die Kandidatur der Außenministerin Liz Truss wurde am Sonntag erwartet.
Andere sind der irakischstämmige Nadhim Zahawi, der unter Johnson nacheinander Impfminister, Erziehungsminister und Finanzminister war; der halb französischstämmige Afghanistanveteran Tom Tugendhat, der den parlamentarischen auswärtigen Ausschuss im Parlament leitet; Kemi Badenoch, Tochter nigerianischer Eltern, die unter Boris Johnson als Kommunalministerin und als Gleichberechtigungsministerin diente und sich als Stimme gegen „Woke“ versteht; außerdem die indischstämmige Suella Braverman und auch Handelsministerin Penny Mordaunt sowie Grant Shapps, der als Verkehrsminister beständig Boris Johnson verteidigte.
Es ist ein sehr diverses Feld: Fünf der Kandidat:innen gehören ethnischen Minderheiten an; drei, mit Liz Truss wären es vier, sind Frauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich