Boris Johnson lässt Medienmogul adeln: Oligarchensohn mit Titel
Der britische Premier Johnson zeigt sich für positive Berichterstattung dankbar – und macht einen Oligarchensohn zum Ritter mit Sitz im Oberhaus.
W as macht man mit einem Ex-KGB-Agenten, der nach dem Zusammenbruch der UdSSR Oligarch wurde? Vor allem, wenn der Typ sich anschließend mit einem gewissen Wladimir Putin überwirft, mit der ganzen Familie nach Großbritannien migriert. Und sich da als Hobby ein paar Zeitungen kauft. Na klar, man schlägt ihn zum Ritter mit Sitz im House of Lords, dem britischen Oberhaus. Wobei – halt STOPP! KGB-Agent geht natürlich nicht. Daher soll’s die „Peerage“, also den Adelstitel nebst Sitz im Oberstübchen der britischen Demokratie, für den Sohn geben. So denkt jedenfalls Premierminister Boris Johnson.
Um mal kurz für Klarheit zu sorgen: Der Ex-KGB-Mann heißt Alexander Lebedev, hat in den späten 1980er Jahren auch in London spioniert und besitzt zusammen mit seinem Sohn Evgeny die beiden Zeitungen Independent und Evening Standard. Vor allem der Evening Standard bzw. seine Haltung zu Johnson dürften der Grund sein, warum der seinen Buddy Evgeny ins Oberhaus katapultieren will. Zweimal im Jahr ernennt die Queen auf Vorschlag des Premiers sogenannte „Life Peers“, die dann bis zu ihrem Lebensende einen Sitz im House of Lords haben.
Der Evening Standard ist die einzige „lokale“ Tageszeitung in London und Umgebung. Sie hat derart für den damaligen Oberbürgermeister Boris Johnson getrommelt, dass der heute mal „Danke!“ sagen muss. Eine Art „Prawda“ sei der Standard für Johnson in seiner Zeit als „Mayor of London“ gewesen, so der britische Blog bylinetimes.com.
Lebedev junior scheint Johnson zu mögen. Vielleicht, weil er „vom Aussterben bedrohte Elefanten genauso gerne wie gescheiterte Prominente rettet“, lästert bylines.com. Auf Johnson passt beides. Weil er sich schon damals wie der Elefant im Porzellanladen verhielt, galt seine politische Karriere als beendet. Ohne das Amt als Londoner OB wäre es für den heutigen Regierungschef vermutlich nicht weitergegangen. Der Standard blieb an seiner Seite und fand dessen absurde Projekte knorke. Den in der Themse-Mündung vorgesehenen Flughafen zum Beispiel. Oder die begrünte „Garden Bridge“, die nie gebaut wurde, aber 43 Millionen Pfund für die Planung kostete.
Der geplante Ritterschlag sorgt für Entsetzen. Denn im Oberhaus hätte Lebedev reale politische Macht. Schließlich ist die zweite Kammer des Parlaments an Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Eine solche Vetternwirtschaft habe es seit Queen Victoria nicht mehr gegeben, schäumt der liberale Guardian. Kein konservativer Premier zuvor habe sich getraut, einen Medienmogul für seine Unterstützung zu adeln.
Evgeny Lebedev hat dagegen wohl ein neues Hobby: Politik machen. Und wenn es in den nächsten Sitzungen zum Brexit mal langweilig wird, nimmt er einfach seine Buntstifte mit und malt Papa und sich ein neues Wappen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht