Börsengang von Saudi Aramco: Danke, liebe Scheichs!
Der Börsengang des Ölgiganten ist der größte, den es bislang gab. Das zeigt, was Investoren über das Pariser Klimaabkommen denken.
D anke, liebe Scheichs! Mit dem Megabörsengang des staatlichen Ölgiganten Aramco zeigt ihr, wer in Zeiten von Fridays for Future, UN-Klimakonferenz und Green New Deal wirklich das Sagen hat.
Aramco ist zwar ein fossiler Koloss mit einem Produktportfolio aus dem 19. Jahrhundert, legt aber gerade einen IPO (Börsensprech) nur mit Superlativen hin. Es ist der größte Börsengang aller Zeiten, der sogar mehr einbringt als der des chinesischen Onlinehändlers Alibaba. Und: Nun hat nicht mehr Google den weltweit größten Börsenwert, sondern mit 1,5 Billionen Euro ein Offlinekonzern unter der Fuchtel des saudischen Königshauses.
Wer unter der Ökokäseglocke lebt, zum Klimastreik geht, nächstes Jahr weniger Fleisch essen und nicht mehr so viel fliegen will, könnte zumindest so denken. Die westliche (Wohlstands-)Welt schwafelt von Divestment, also weniger Investitionen in klimaschädliche Firmen.
Am Aramco-Firmensitz im saudischen Dhahran reden sie zwar von der Transformation weg vom Öl, planen aber für die nächsten Jahrzehnte noch mit schwarzem Gold. Das bietet sich an: Die nachgewiesenen Erdölvorkommen, auf die Aramco Zugriff hat, sind fünfmal (!) so groß wie die von Big Oil, also den anderen großen internationalen Ölkonzernen ExxonMobil, Shell, BP, Chevron und Total zusammen. Aramco kann noch 52 Jahre Öl auf dem aktuellem Niveau weiterproduzieren.
Gewinne von morgen
An der Börse werden die Gewinne von morgen gehandelt, weniger das Pariser Klimaabkommen, Abstandsregelungen für Windräder, Enkeltauglichkeit oder anderes FFF-Mimimi von der „einen Welt“. Allein im letzten Jahr fuhr Aramco einen Gewinn von 111 Milliarden Dollar ein (etwa sechsmal so viel wie VW). Und die Investoren glauben offenbar, dass das so weitergeht.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und bei Facebook und Twitter.
Die Gründe: die Welt und ihr ungestillter Öldurst. Außerdem die geringen Produktionskosten in Saudi-Arabien. Während Ölförderung in Russland oder Venezuela, verglichen auch mit der Gewinnung regenerativer Energien, langsam zu teuer wird, ist das Bohren in der Wüste vergleichsweise spottbillig.
All das erklärt, warum die Saudis auf den UN-Klimakonferenzen und auch derzeit in Madrid nur eines tun: bremsen – und hoffen, dass die Reichen im Norden weiter Vollgas in ihren SUVs geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen