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Börsen-Crash in PekingScheiß-Kapitalismus

Chinas Regierung motivierte die Bevölkerung, ihr Geld in Aktien anzulegen – jetzt leiden die Kleinsparer unter fetten Verlusten. Kennen wir schon.

Investor vor einem Aktienbord in Schanghai Foto: Reuters

Es geht mal wieder rund. Und zwar mit atemberaubender Geschwindigkeit. Gerade mal eine halbe Stunde benötigten die chinesischen Aktienhändler am Donnerstagmorgen, um die Kurse um satte 7 Prozent nach unten zu drücken. Seit dem Höchststand im Juni 2015 hat der chinesische Durchschnittsanleger fette 40 Prozent seines Geldes verloren.

„Durchschnittsanleger“ ist wichtig. Der Kleinsparer, der sein Glück an der Börse gesucht hat, dürfte noch deutlich mehr verloren haben. Denn anders als die Profis steigt er gemeinhin weder zum optimalen Zeitpunkt ein noch wieder aus. Weil er zwar den finanziellen Glücksversprechen der Finanzzocker erliegt, aber letztlich keine Ahnung hat.

Für China mag das neu sein. Für die westliche Welt ist es ein altbekanntes, böses Spiel. Irgendwann kommt die durch Gier nach immer mehr getriebene Welt des Kapitals auf die Idee, sich nicht mehr nur mit dem eigenen Vermögen zu beschäftigen. Und holt den kleinen Mann an Bord. Die kleine Frau natürlich auch.

Das Glücksversprechen ist einfach. Gebt mir euer Geld, dann habt ihr die Chance, noch viel mehr Geld zu bekommen! Das funktionierte in Deutschland schon Mitte der 90er Jahre wunderbar, als Fernsehonkel Manfred Krug dem gemeinen Sofahocker die Telekom-Aktie ans Herz legte, die sich später als Megaflop erwies.

Funktioniert überall. Nicht.

Das klappt in noch größerem Stil, seit Banken, Versicherungen und Politik den Deutschen weismachten, sie müssten nur kräftig in Rentenfonds investieren, damit sie im Alter nicht darben. Das lief auf ähnliche Art ganz prima in den USA oder Spanien, wo die Massen dazu verführt wurden, in Immobilien so viel Geld zu stecken, bis viele am Ende gar nichts mehr hatten.

Und nun eben auch in China, wo die sich immer noch als kommunistisch bezeichnende Regierung das Volk befeuerte, ihr Geld in Aktien anzulegen. Das ging ja auch gut. Zunächst. Vor einem Jahr explodierten die Aktienkurse förmlich. So sehr, dass immer mehr Menschen auf den längst fahrenden Zug aufsprangen.

Das Glücksversprechen ist einfach. Gebt mir euer Geld, dann habt ihr die Chance, noch viel mehr Geld zu bekommen!

Das Werbemotto ist weltweit gleich: „Geld macht doch glücklich!“ Stimmt ja auch, aber eben nur, wenn man es hat. Dass man aber in der Logik der kapitalistischen Finanzwelt erst mal sein Geld abgeben muss, um später eventuell mehr zu haben, wird kaum betont. Denn dann würde ja klar: Man kann das ganze auch schnell mal wieder verlieren. So wie jetzt in China. Minus 40 Prozent. Krawumm.

Warum dennoch alle so gern darauf reinfallen? Die Chinesen, die Amerikaner, wir? Weil das Gegenüber mit dem altbekannten Trick auftrumpft: Es präsentiert uns Gewinner. So wie die Lottogesellschaft, die immer wieder neue Millionäre vorführt. „Mit Kleingeld zum Multimillonär – 50-Millionen-Euro-Gewinner hat sich gemeldet“, jubelte die Westdeutsche Lotterie erst Anfang Januar. Da will man doch dabei sein, oder?

So geht es eben auch am Finanzmarkt. „DAX legte 2015 um fast 10 Prozent zu“, hieß es zum Jahreswechsel. Klingt wahrlich verlockend, zumal man als Normalsparer dank der Geldpolitik der EZB für seine Penunzen auf dem Sparbuch null Prozent Zinsen bekommt. Allerdings kommt jedes System irgendwann an seine Grenzen.

Die Bank gewinnt immer

Deshalb ist das Ganze so ähnlich wie Roulette. Am Spieltisch wie am Aktienmarkt gibt es immer ganz Schlaue, die glauben ein unschlagbares System zu haben. Dabei weiß man selbst im Casino genau: Am Ende gewinnt immer die Bank.

Im kapitalistischen Finanzcasino gilt das gleiche. Mit einem Unterschied: Falls die Bank ausnahmsweise nicht gewinnen sollte, zahlt der Staat. So wie jetzt in China. Da werden Milliarden in „die Märkte“ gepumpt, damit nicht alles den Bach runtergeht. Und harte Verkaufsbeschränkungen sollen die Spekulationen der Großanleger eindämmen, um die Kleinsparer zu schützen.

Letzteres wirkt wie der Versuch der Kommunisten, einen Kapitalismus mit sozialistischem Antlitz hinzubekommen. Aber wenn selbst die damit scheitern, ist das der Fehler der Chinesen, die keine Ahnung von freier Marktwirtschaft haben? Oder ist das Problem nicht doch eher die andere große Ideologie mit K: Kapitalismus?

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12 Kommentare

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  • Ich wollte schon schreiben, dass der Autor nicht weiß wie es läuft! Er weiß es aber (fast) wie diese zentrale Aussage zeigt.

     

    "Dass man aber in der Logik der kapitalistischen Finanzwelt erst mal sein Geld abgeben muss, um später eventuell mehr zu haben, wird kaum betont."

     

    Das was in allen Lebenslagen akzeptiert ist: Vom Klavierspielen bis zur Kindererziehung bis zur Ausbildung, Partnerwahl....

     

    Ich muss erst was säen (kostet immer Geld) , dann kann ich ernten, hat der Autor also verstanden....,soll also immer gelten außer für die Börse und das Kapital.

     

    Obwohl ein Analogum:

    ....Firma gründen, Maschine kaufen Leute einstellen, Kredit beschaffen, Kapital einbringen... später noch mehr wachsen und andere Leute mitnehmen durch Börsengang... und vielleicht gehts dennoch schief!

     

    Ist doch nicht schwer!

    Wo also ist das Problem beim Kapitalismus?

    Eben: Mitmachen, besser machen und dadurch ändern. Nicht pauschal ablehnen und die Menschen ideologisiern und verunsichern.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Dem kann ich nur zustimmen. Ich mag den Kapitalismus nicht, aber er ist halt nun mal da. Also versuche ich das System für mich zu nutzen.

  • Alle Definitionen , die auf " ......ismus " enden kommen mir " spanisch " vor.

    Hans-Ulrich Grefe

    • @Grefe Hans-Ulrich:

      Da meinen Sie dann wohl den spanischen Vorkommismus.

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Der Autor hat natürlich recht: Der Kapitalismus ist ein Scheiß-System, das überwunden werden muss. Aber von Börsenzyklen hat der Autor wenig Ahnung. Zwar hat der Shanghai-Composite hat in den letzten Monaten 40 % verloren, davor aber auch enorm zugelegt. Seit 1996 etwa 340 %. Auch wer den Kapitalismus nicht mag kann durch langfristiges Investieren Geld verdienen, denn an der Börse wird nicht nach dem Parteibuch gefragt.

    • Gereon Asmuth , Autor des Artikels, Ressortleiter taz-Regie
      @86548 (Profil gelöscht):

      Keine Ahnung von Börsenzyklen? Nun, genau das schreibe ich doch: "Und nun eben auch in China, ... . Das ging ja auch gut. Zunächst. Vor einem Jahr explodierten die Aktienkurse förmlich. So sehr, dass immer mehr Menschen auf den längst fahrenden Zug aufsprangen." Genau das ist das Problem. Der unbedarfte Investor wird durch rückblickend sich als Traumraten darstellende Werte (hey +340%, supi) dazu verlockt, sein Geld auch anzulegen. Meist aber immer erst gegen Ende eine Blase, da er ja - anders als die Marktprofis - wenig Ahnung hat. Und daher verliert - anders als die Profis, die durch ausgeklügelte Spekulationsgeschäfte sogar kräftig verdienen können, wenn die Kurse einbrechen. Das sollte man schon wissen, wenn man etwas Ahnung von Börsenzyklen hat.

      • @Gereon Asmuth:

        Ich weiß, dass das hier eine Zeitung ist und kein wissenschaftliches Journal. Trotzdem möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es von wissenschaftlicher Seite nicht bewiesen ist, dass es so etwas wie Blasen an den Finanzmärkten gibt. Sie können auf Google Scholar gerne selbst sich die Literatur dazu anschauen (und ja ich weiß, dass sowas am Stammtisch nicht gut ankommt, aber die TAZ ist ja eine durchaus bekannte Zeitung und sollte solche Kleinigkeiten berücksichtigen). Nächster Punkt: Nicht nur Profis können kräftig gewinnen wenn die Aktienpreise fallen, sondern Ich und Sie können auch an fallenden Kursen gewinnen. Sie müssen nur einen Riecher haben, dass die Kurse in China, Japan, etc. fallen und Put Optionen auf den jeweiligen Index erwerben, oder ETF's erwerben, welche eine short-Strategie verfolgen (einzelne Aktien als Kleinanleger zu shorten wird eher schwer, da der Aufwand zu hoch ist). Zudem möchte ich noch darauf hinweisen, dass fallende Kurse nicht unbedingt etwas schlechtes darstellen. Wenn der wahre Wert der Unternehmen zu hoch ist (Gibt es doch Blasen?!), warum sollte es dann schlimm sein, dass Spekulanten die Preise wieder ins ''Gleichgewicht'' bringen? Das einige Anleger kurzfristig Geld verlieren, sollte kein ausreichender Grund sein, dass ein Börsen-Crash in seiner Natur etwas schlechtes darstellt. Die Spekulanten und der Crash können ja nichts dafür, dass die Menschen nicht ausreichend diversifizieren und einen zu kurzen Anlagehorizont haben (Vielleicht sind die chinesischen Anleger dem Autor hier zu ähnlich und begreifen die Börse als pures kurzfristiges Glücksspiel..)

      • 8G
        86548 (Profil gelöscht)
        @Gereon Asmuth:

        Unbedarfte Investoren steigen tatsächlich häufig zu ungünstigen Zeitpunkten an der Börse ein. Auch ich bin so Anleger, der eigentlich wenig Ahnung von Aktien hat. Aber ich bringe Geduld mit, kaufe regelmäßig Aktien von soliden Unternehmen und denke langfristig. Natürlich habe ich auch schon Geld verloren, aber es waren eben fast immer nur Buchverluste. Und die werden meistens wieder aufgeholt.

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    Fortzsetzung ...

    Ich habe das schon ein paarmal geschrieben: Die EM Länder haben sich in den letzten Jahren massiv (auch in ausländ. Währung - meist Dollar) verschuldet. Ein starker Dollar (im Bezug auf die Auslandsverschuldung), steigende Zinsen in den USA (Kapital fließt zurück in die USA) und fallende Commodity Preise (Länder wie Russland, Brasilien, etc sind massiv auf hohe Com. Preise angewiesen) werden dort zu steigenden Staatspleiten führen.

    Insbesondere die hohen Staatsschulden und die lockere Geldpolitik sind auf die Ideen des Neu-Keynesianismus zurückzuführen (die, wenn ich mich recht erinnere, auch von den Linken unterstützt werden - also bitte jetzt im Nachhinein nicht die Schuld -nur- bei anderen suchen. Auch an die eigene Nase fassen)

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    So, so. Nun ist also wieder der böse Kapitalismus schuld.

    China hat einen sog. Staatskapitalismus. D.h. der Staat ist an den meisten (großen) Firmen entweder direkt oder indirekt beteiligt. Insgesamt hat / bzw. immer noch China versucht seine Wirtschaft zentral zu lenken, was aber zu massiven (noch stärker als im Kapitalismus) Kapitalmisallokationen führt. Diese werden im Kapitalismus durch Rezessionen und Crashs wieder abgebaut (gutes Beispiel: dotcom Blase). China hat nun ein über Jahre andauerndes massiven Wirtschaftswachstum gehabt und in der Folge auch massive Misallokationen.

    Insbesondere nach der Krise 2008 hat China versucht mit massiven Konjunkturprogramm (also genau das, was Linke immer fordern) die Wirtschafts gestützt. Es folgte zum Einen ein massiver Boom (z.B. im Immobiliensektor), aber zum Anderen auch eine massiv zunehmende Staatsverschuldung (die meistens geschönt dargestellt wird, indem z.B. diese in Staats"vehicle" ausgelagert werden). Die Erhöhung der Staatsausgaben hat aber meist nur einen sehr kurzfristigen Effekt ... . Den Rest werden wir in den nächsten Jahren sehen. Insbesondere, wenn die Zinsen in den USA wieder ansteigen und Kapital, was u.a. in China (und anderen EM Staaten) investiert war, zurück in die USA fließt.

    Fortsetzung folgt (Ich mag die Begrenzung nicht - man kann sich nicht ordentlich artikulieren und die Argumentationskette erscheint abgehackt - mal drüber nachdenken liebe taz)

  • Wer sich von Beratern beraten lässt, die kein Geld für Ihre Beratung bekommen, sondern für den Verkauf von Produkten - und das sind ausnahmslos alle Berater bei Banken - der fällt auf die Nase... so ist das nun mal. Und es ist vollkommen logisch.

    Und die Politik macht es nicht viel besser, Stichwort Lobbyisten. Da muss dann schnell mal über Nacht ausgeholfen werden, da sonst die Welt untergeht. Wichtig ist, dass nicht zu viel davor nachgedacht wrd, den sonst ist alles viel zu spät...

     

    Für einen selbst bleibt nur die eigene Internetrecherche, wenn man sein Geld nicht zu 0% anlegen will, wobei das Herausfiltern nützlicher Informationen auch nicht immer einfach ist. Oder ein Honorarberater, da muss man aber schon ein wenig auf der hohen Kante haben, damit sich das lohnt.

  • Jaja, der Kapitalismus. Ein Segen für die Menschheit.