Böllerverbot in Berlin: Die Pandemie ist die Gelegenheit
Bisher tat sich die Politik schwer damit, ein Böllerverbot zu Silvester in die Tat umzusetzen. Corona könnte das endlich ändern.
D ie Diskussion kommt alle Jahre wieder: Sollte, müsste, könnte man die private Silvesterböllerei nicht verbieten? Mit Corona hat die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek, die schon lange für ein Verbot kämpft, ein neues Argument gefunden. Anlass war das am Freitag bekannt gewordene Verbot des Verkaufs und Abbrennens von Feuerwerkskörpern in den Niederlanden, das mit der Überlastung des Gesundheitssystems durch die Pandemie begründet wird. Kapek twitterte darauf: „Unsere Krankenhäuser haben schon #COVID19. Das reicht. Deshalb #stayathome und #Feuerwerksverbot.“
In der Tat: Jahr für Jahr verletzen sich Hunderte Berlinerinnen und Berliner an fehlgeleitetem oder falsch gezündetem Feuerwerk. Nicht, dass Krankenhäuser in „normalen“ Jahren auf diese Kundschaft gewartet hätten. Aber mitten in einer Coronawelle mit zunehmenden Engpässen an Betten und medizinischem Personal braucht wirklich niemand diese „unnötigen“ PatientInnen.
Nun gab es vor Corona viele gute Gründe für ein Böllerverbot – allen voran die bürgerkriegsähnlichen Zustände auf den Straßen. Trotzdem hat sich die Politik bislang schwergetan, die fragwürdige Tradition zu unterbinden. Die Mini-Verbotszonen an Alexanderplatz, Brandenburger Tor und Pallasstraße, die es 2019 erstmals gab, waren nicht wirklich eine Lösung. Aber zu groß war die Angst, als „Bevormunderstaat“ dazustehen, der den BürgerInnen das letzte bisschen Spaß und „Freiheit“ nimmt.
Vielleicht wäre Corona daher wirklich eine gute Möglichkeit, die Sache einfach mal auszuprobieren. Rechtlich dürfte sich ein einmaliges Böllerverbot mit Verweis auf Infektionsschutz und die pandemiebedingte Gefahrenlage leicht durchsetzen lassen. Dann bleiben alle zu Hahause und gucken „Dinner for One“. Wer unbedingt vor die Tür will, macht einen Stadtspaziergang durchs ausgestorbene Berlin und gibt das eingesparte Böllergeld den Obdachlosen, die ihm über den Weg laufen. Schon hätten wir eine neue Tradition.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten