Böllerverbot in Berlin: Noch nicht der richtige Knaller

Die Pyro-Verbotszonen blieben böllerfrei. Aber solange sich ein Verbot auf kleine Bereiche beschränkt, bleibt's wischiwaschi. Ein Wochenkommentar.

Böllerverbot in Berlin: Eine Silvesterrakete schlägt neben Passanten an der Oberbaumbrücke ein

Der Funke für ein richtiges Böllerverbot ist noch nicht übergesprungen Foto: dpa

Es gab unterschiedliche Meinungen zum Knallembargo im Steinmetzkiez nach den dort in Schöneberg erstmals eingerichteten Böllerverbotszonen. Für einige war es ohne Geböller kein richtiges Silvester, andere waren froh darüber, dass es entspannt blieb und keinen Müll gab.

Über 500 Polizist:innen hat die Schöneberger Verbotszone um die Pallasstraße und die um den Alexanderplatz – mit der Feiermeile am Brandenburger Tor die dritte Böllerverbotszone in der Stadt – frei gehalten. Sogar Wasserwerfer standen bereit. Aber auch wenn Polizei, Feuerwehr und Innensenator Andreas Geisel (SPD) ein positives Fazit zogen und dazu Abgeordnete der Linken und der CDU mehr Verbotszonen für das nächste Jahr forderten, sind die doch eine halbgare Maßnahme.

Denn die ritualisierten Krawalle gab es halt anderswo: In der Sanderstraße sollen Unbekannte versucht haben, mit einer Schreckschusspistole in die Fahrerkabine eines Feuerwehrautos zu schießen. Auch im restlichen Nordneukölln und in Wedding war alles so irre wie immer. Selbst in der sonst so bürgerlichen Kastanienallee gab es laut Polizeibericht nach einer Schlägerei Flaschen- und Böllerwürfe auf Einsatzkräfte aus einer Gruppe von 150 Personen heraus.

Die Feuerwehr war mit über 600 Bränden sogar deutlich häufiger gefordert als vergangenes Silvester – und dennoch froh über die Verbotszonen: Wenn es in diesen Schutzzonen jetzt auch noch gebrannt hätte, wäre die Belastung noch größer geworden, sagte Landesbrandmeister Karsten Homrighausen in der „Abendschau“.

Verbotszonen sind Wischiwaschi

Zum Böllern kann man eigentlich nur zwei Haltungen haben: Entweder man will die bösen Geister des alten und neuen Jahres vertreiben und es ordentlich krachen lassen – dann gehören Feinstaub und natürlich auch Kontrollverlust für eine Nacht dazu. Oder man verbietet es gleich komplett oder in einem deutlich größerem Areal – etwa innerhalb des S-Bahn-Rings. Ein Böllerverbot auf Raten wie die Verbotszonen bleibt Wischiwaschi.

Die ritualisierten Krawalle gab es dieses Silvester halt anderswo

Natürlich könnte die Polizei nicht überall kontrollieren, aber mit einem berlinweiten Verbot oder auch nur einer Prohibition im Innenstadtring wäre zumindest ein Zeichen gesetzt. Denn ein großer Teil der Bevölkerung würde sich wohl dran halten, wenn böllern illegal wäre – ebenso, wie Rauchverbote in Restaurants mittlerweile akzeptiert sind, würde die Zustimmung mit der Zeit zunehmen.

Deswegen läuft die Kritik des Polizeigewerkschafters Benjamin Jendro ins Leere, der angesichts, natürlich, der personellen Ausstattung weitere Verbotszonen für nicht durchsetzbar hält. Denn was gegen Umweltbelastung und Wahnsinn in der Silvesternacht hilft, sind nicht mehr Verbotszonen, sondern ein generelles Verbot – wenn man es denn will.

Aber seien wir ehrlich: Rational begründet finden fast alle Böllerei scheiße, aber ein bisschen Spaß macht das Feuerwerk dann doch irgendwie. Denn sobald man angesoffen mit einem Sektglas in der Hand auf einem Balkon oder dem Kreuzberg steht und sich die Lichteffekte anschaut, ist bei allem Feinstaub-Shaming das Feuerwerk vielleicht doch keine so schlechte Sache.

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