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Bioverband umgeht eigene RichtlinienHornpflicht bei Rindern aufgeweicht

Etliche Demeter-Betriebe halten Rinder ohne Hörner. Jetzt will der Biobauernverband diese Praxis in Deutschland legalisieren.

Da fehlt doch was … Foto: imago images/Panthermedia

Berlin taz | Viele Höfe des Biobauernverbandes Demeter halten entgegen seinen Richtlinien Rinderrassen ohne Hörner, hatte die taz Anfang Juni berichtet. Nun erwägt der Verein, diese Ausnahmen zu legalisieren. Demeter nehme den Artikel zum „Anlass, zu prüfen, diese Ausnahmeregelung auch explizit in die deutsche Richtlinie aufzunehmen“, teilte Sprecherin Susanne Kiebler der taz mit. 5 bis 10 Prozent der Demeter-Rinder tragen keine Hörner, sagte sie laut Branchenportal Bio-markt.info.

Der anthroposophisch ausgerichtete Verband wirbt intensiv mit Slogans wie: „Demeter-Kühe haben Hörner.“ Regelmäßig heißt es etwa in Kundenzeitschriften oder auf Internetseiten, die Landwirte des Verbands „passen ihre Tiere nicht einfach den ‚Produktionsbedingungen‘ an, sondern bauen Ställe, die groß genug sind für die ­Bedürfnisse ganzer Kühe“. So würden die Bauern das Verletzungsrisiko minimieren. Wegen der Verletzungsgefahr arbeiten die meisten konventionellen und Biohöfe mit enthornten oder genetisch hornlosen Rindern.

In der taz räumte eine Demeter-Sprecherin im Juni ein: „Zahlreiche Betriebe, die vor weniger als 15 bis 20 Jahren umgestellt haben, haben einen gewissen Anteil hornloser Tiere in ihrer Herde.“ Die Regeln von Demeter Deutschland sehen aber nur Ausnahmen für sozialtherapeutische Einrichtungen und Rinder der hornlosen Fleischrassen Aberdeen Angus, Deutsche Angus und Galloway vor. Dass „zahlreiche“ Höfe auch 15 bis 20 Jahre nach Beginn ihrer Umstellung auf Demeterstandard genetisch hornlose Rinder halten dürfen, davon steht in der Richtlinie kein Wort.

Ausnahme in „besonders begründetet Fällen“

Weil Demeter durch den taz-Artikel in Erklärungsnot geraten war, behauptet die Organisation nun, dass die Ausnahmen für die vermeintliche Umstellungsphase auch durch die Richtlinie von Demeter International ermöglicht würden, der globalen Organisation von Demeter-Verbänden. Dieser Standard erlaubt den Landesorganisationen, in „besonders begründeten Fällen“ eine Ausnahme von der Hornpflicht zu gewähren.

Aber diese Richtlinie gilt gar nicht direkt für Bauern in Deutschland. In der internationalen Richtlinie steht gleich auf dem Titelblatt: „umzusetzen von jedem Mitgliedsland“. Sie ist der Rahmen für die Richtlinien des nationalen Verbands, an die sich die Bauern dann wirklich halten müssen. Selbst Demeter-Sprecherin Kiebler bestätigt auf taz-Anfrage: „Die nationalen Richtlinien können strenger sein als die internationalen, dürfen jedoch nicht ‚lockerer‘ sein.“

Deshalb muss Demeter Deutschland die Ausnahmen in seiner Richtlinie erweitern, damit die Betriebe in der angeblichen Umstellungsphase weiter hornlose Rassen halten dürfen. Ob Demeter auch die offensichtlich irreführende Werbung à la „Demeter-Kühe haben Hörner“ ändert, ist nicht bekannt. Die taz wird zu gegebener Zeit fragen, ob der Verband die Verstöße gegen die Hornpflicht tatsächlich legalisiert hat – und ob er das für die Verbraucher transparent macht.

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7 Kommentare

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  • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt

    Niemand hat gefordert, dass Demeter-Bauern ihre Tiere (vorzeitig) schlachten sollen.



    Vielmehr müssten Bauern mit solchen Rindern in andere Bioverbände gehen (z.B. Bioland).



    Oder Demeter ändert seine Richtlinien und hört auf, Verbraucher irrezuführen.

    • @Jost Maurin:

      Hallo Jost Maurin, danke für Ihren gut recherchierten Artikel. Danke für guten Journalismus den Mächtigen und Uneinsichtigen auf die Füße zu treten.



      Demeter wurde zu groß und oben sitzen die Machthungrigen. Einfach Klasse!! MfG John Berg

    • @Jost Maurin:

      Geht es noch Schädlicher für die Landwirtschaft ?



      Es reicht also jetzt nicht mehr, BIO - Landwirte gegen Konventionelle aufzuhetzen und auszuspielen, es müssen auch noch die verschiedenen BIO - Verbände nach gut und Böse eingeteilt werden.



      In der Heutigen Ausgabe der TAZ ist auch ein Bericht von Demeter über die Schlechten Preise für ihre Erzeugnisse, und gerade solche Kommentare wie von ihnen Herr Maurin spielen den großen vier des Lebensmitteleinzelhandels voll in die Karten.



      Warum nicht feste Vorgaben, festgeschriebene Zuschläge für BIO - Ware gegenüber Konventioneller Ware ? gut, dann entscheidet wieder der Käufer, und es bleibt wie es ist.



      Weil Forderungen an die Landwirtschaft zu stellen gehört ja zu den Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen, jeder versteht ja mehr als die Landwirte, die ja sowieso alles verkehrt machen.



      Im Laden, wen es um die Summe geht welche ausgegeben wird, siegt dann halt der Geiz.

      • @Günter Witte:

        Ja - unser Jungspund is liggers n bannig fixen Dutt bi de Klütenpann un kann gewißlich Kattenshiit in Düstern rüüken. 😈

        kurz - Nich to glöben - aber amtlich 👹

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Das ist doch ein genialer Schachzug. Überholt mich die Realität links und rechts, passe ich eben die Regeln an. Danke, Demeter! Der erste große Schritt aus dem ach so verläßlichen Umfeld der naturnahen Erzeuger in die große Welt der „etwas Bio können wir auch“ ist gemacht. Da könnt ihr ja schon einmal üben, wie ihr den KundInnen die Bio-Hörner dann aufsetzt.

  • Warum hat die taz eigentlich ein Problem damit, dass ein Bauer, wenn er auf Demeter Umsteigt, seine alten Kühe erst mal behält statt sie sinnlos abzuschlachten?



    Für jeden naturverbundenen ökologischen Menschen und nach Philosophie des Demerterverbandes ist das grundlose Töten von Tieren zu vermeiden.



    Warum fordert die taz dann immer wieder das Bauern, die beschlossen haben auf Demeter umzusteigen erstmal ihre Altbestände euthanasieren sollten?



    Das ist doch schon alleine dem (neu gewonnen) Gewissen des Landwirtes nicht zuzumuten ... mal von der gesellschaftlichen Akzeptanz abgesehen.

  • Da kriegst ja echt n Horn - Steiner'n Anstoßes:

    ”Der anthroposophisch ausgerichtete Verband wirbt intensiv mit Slogans wie: „Demeter-Kühe haben Hörner.“



    &



    Jungs dürfen nicht Fußball spielen.

    kurz - Drei Eck 'n Elfer 😎 - aber am de'Meter - wa!

    unterm----Gegen Knochenweiche jeglicher Provenienz - wa! 👹



    Kalzepott - 🐐 & 🐮

    Na Mahlzeit 🍜