Biofach-Messe in Nürnberg: Bio boomt, Marktanteil niedrig

Die Umsätze mit Biowaren legen zu, immer mehr Bauern stellen ihre Betriebe auf Öko um. Eine Marktwende ist jedoch nicht in Sicht.

Leicht angeditschte Biotomaten in Nahaufnahme.

Biotomaten sind beliebt. Doch die deutschen ErzeugerInnen können den Bedarf nicht decken Foto: Chromorange/imago

Der Umsatz mit Biolebensmitteln in Deutschland wuchs 2019 erneut rasant, der Marktanteil jedoch stagnierte fast. Das geht aus Zahlen hervor, die der Branchenverband Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) am Mittwoch zum Start der weltgrößten Naturkostmesse Biofach in Nürnberg präsentierte. Die Schau und die parallel dazu stattfindende Naturkosmetikmesse Vivaness erwartet 3.800 Aussteller aus rund 100 Ländern sowie 50.000 FachbesucherInnen.

Laut BÖLW gaben VerbraucherInnen 2019 etwa 11,97 Milliarden Euro für Bio-Lebensmittel aus, ein Plus von knapp 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Bio punktete in allen Vertriebswegen“, sagte BÖLW-Geschäftsführer Peter Röhrig. Das stimmt, kommentierte Jan Wittenberg, Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL) und Biobauer. „Aber nicht alle machen Politik mit dem Einkaufswagen. Die Lippenbekenntnisse sind stark, aber die tatsächliche Einkaufsmentalität muss nachziehen.“

Den höchsten Umsatz erzielten Hersteller von Bioprodukten im Lebensmitteleinzelhandel, dazu gehören auch Discounter wie Aldi oder Lidl. Laut BÖLW wurden dort 7,13 Milliarden Euro umgesetzt, 11 Prozent mehr als im Vorjahr.

Der Naturkostfachhandel mit Bioläden und auch Ketten wie Alnatura oder Denn’s konnte seinen Umsatz um 8,4 Prozent auf 3,18 Milliarden Euro steigern. Die höchsten Öko-Umsatzanteile am gesamten Lebensmittelmarkt erreichten nach Angaben des BÖLW Bio-Mehl mit 26 Prozent, Eier mit 23 Prozent und Milch mit 14 Prozent.

Marktanteil bleibt niedrig

Und dennoch: Der Anteil der Ökolebensmittel am gesamten Lebensmittelmarkt beträgt nur 5,8 Prozent – nur einen halben Prozentpunkt mehr als im Vorjahr. Zum Vergleich: 2012 lag der Anteil noch bei 3,7 Prozent. Der BÖLW begründet dies damit, dass Produkte wie Wurst mit einer großen Preisdifferenz zwischen biologischer und konventioneller Herstellung den Wert nach unten reißen. Einzelne Produkte wie Bio-Milch und -Mehl haben jetzt bereits bis zu 20 Prozent Marktanteil.

Mit dem Umsatz steigt auch die Zahl der ErzeugerInnen: 2019 stellten hierzulande täglich rund fünf BäuerInnen den Betrieb auf ökologische Landwirtschaft um. „Insgesamt legte die Bio-Fläche in den vergangenen fünf Jahren um fast 50 Prozent zu. Jeder zehnte Hektar in Deutschland ist enkeltauglich“, sagte Röhrig.

ABL-Vorstand Wittenberg ist dennoch nicht von einer knallgrünen Zukunft überzeugt. Er glaube nicht, dass alle Betriebe auf Bio umstellten: „Die konventionelle Landwirtschaft wird auf jeden Fall weiterbestehen und wahrscheinlich auch die Mehrheit bleiben.“ 33.698 Höfe gelten hierzulande als ökologisch, 12,6 Prozent aller Agrarbetriebe.

„Inländisch können wir die Nachfrage nach Bio nicht befriedigen“, sagt Wittenberg. „Das heißt, wir müssen leider importieren, besonders aus der Schwarzmeerregion.“ Das müsse sich ändern, findet der Biobauer. Die Branche müsse „dafür sorgen, dass wir durch die Schwemme der neuen Bioware keinen Preisverfall ­kriegen“.

Für den BÖLW-Vorsitzenden Felix Prinz zu Löwenstein liegt die Verantwortung in Brüssel und Berlin: „Die EU-Agrarpolitik bestimmt mit Milliarden, welche Landwirtschaft sich lohnt. Wichtig ist, dass mindestens 70 Prozent der Agrargelder an freiwillige Umweltleistungen gebunden werden.“

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