Biofach-Messe eröffnet: Nachfrage wächst schneller als Fläche

Die Absatzzahlen im Bio-Einzelhandel legen zweistellig zu, doch die heimischen Bauern kommen nicht hinterher. Mehr Importe sind die Folge.

Bio-Lebensmittel

Bio-Lebensmittel: VerbraucherInnen greifen immer häufiger zu Foto: dpa

NÜRNBERG taz | In Deutschland sind im Jahr 2015 deutlich mehr Bioprodukte über die Ladentheken gegangen: Der Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel hat um 11,1 Prozent zugelegt.

Damit ist der Bio-Umsatz zum ersten Mal seit 2008 wieder zweistellig gewachsen. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) präsentierte die Zahlen des Arbeitskreises Biomarkt am Mittwoch zur Eröffnung der Messe BioFach, die bis Samstag in Nürnberg stattfindet.

Insgesamt kommt der Biomarkt auf ein Volumen von 8,6 Milliarden Euro, 2014 waren es erst 7,8 Milliarden Euro. Laut BÖLW liegt das Wachstum vor allem am Lebensmitteleinzelhandel mit den Discountern, der 4,8 Milliarden Euro Bio-Umsatz erreichte. Im Naturkosthandel wuchs der Umsatz zwar um 10 Prozent auf rund 2,7 Milliarden Euro – im Lebensmitteleinzelhandel aber demnach sogar um 13 Prozent. Der Umsatz sei vorrangig auf die gestiegene Verkaufsmenge zurückzuführen und nicht auf höhere Preise, sagte Ministerialdirektor Clemens Neumann vom Bundeslandwirtschaftsministerium.

Wachstum gibt es auch in der hiesigen Ökolandwirtschaft, allerdings in geringerem Maß als beim Biomarkt. Der BÖLW-Vorsitzende Felix Prinz zu Löwenstein sprach trotzdem von einer „Trendwende“: Zum ersten Mal seit drei Jahren habe es wieder ein kräftigeres Wachstum bei den Höfen gegeben. Die Zahl der Biobetriebe wuchs demnach um 4 Prozent auf 24.343 Betriebe. Bei der Fläche ist das Wachstum mit 2,9 Prozent jedoch geringer ausgefallen. Das reiche nicht, um „aufzuschließen zum dynamischen Wachstum des Marktes“, so Löwenstein.

Das Problem beschäftigt die Branche seit Jahren: Bio verkauft sich gut, doch die Landwirtschaft kommt nicht hinterher. „Die deutsche Landwirtschaft hat die Potenziale des Biomarktes auch 2015 nicht ausgeschöpft“, erklärte deshalb Peter Röhrig, Geschäftsführer des BÖWL. Das Resultat: Mehr Ökoprodukte müssen importiert werden. Dabei sind Importe schwerer zu kontrollieren. Die wichtigen Bio-Importländer Italien und Rumänien etwa waren in der Vergangenheit auch Inspektoren der EU-Kommission für Mängel in ihren Ökokontrollsystemen aufgefallen.

Auch Markus Arbenz, Direktor von Ifoam, der Weltorganisation der Bioverbände sprach davon, dass die Nachfrage größer als das Angebot werde: „Die Sorge treibt uns um.“ Arbenz stellte die neuen weltweiten Zahlen vor, die Ifoam mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL erhebt. Es habe ein verhaltenes Wachstum weltweit gegeben, sagte Arbenz. Demnach gab es 2014 knapp 44 Millionen Hektar ökologisch bewirtschaftete Fläche, fast eine halbe Million Hektar mehr als 2013.

Mehr Hilfe für Umstellung gefordert

BÖLW-Vorsitzender zu Löwenstein forderte unter anderem, die Bedingungen für potenzielle Umsteller vom konventionellen auf die Ökolandwirtschaft in Deutschland sicherzustellen: Derzeit böten zwar alle Bundesländer Förderung an für konventionelle Betriebe, die auf Bio umsatteln wollten. Jetzt müsse aber sichergestellt werden, dass „diese Töpfe nicht leerlaufen“, so zu Löwenstein. Wenn nämlich so viele Bauern ihre Höfe auf Bio umstellten, wie es der Markt erlaube, gehe den Ländern das Geld bald aus.

Dazu appellierte er an die Politik, dafür zu sorgen, dass mehr EU-Mittel in die Agrarumweltprogramme umgeschichtet würden. Es hieße immer, die „Ökos“ wollten das ganze Geld für sich, regte sich zu Löwenstein auf. „Das ist aber völliger Käse.“ Seine Argumentation: Das Geld sei für konventionelle Betriebe – die in der Umstellung auf Bio eine Zukunft sähen.

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