Ökolebensmittel auf der Messe Biofach: Schatten des Biobooms

Ökologische Lebensmittel gibt es in jedem Supermarkt. In der Branche hält sich die Freude darüber in Grenzen, der Wettbewerb verschärft sich.

Bioprodukte aus dem Supermarkt

Bio im Supermarkt konkurriert mit den Fachhandel Foto: ap

BERLIN taz | Felix Prinz zu Löwenstein hat richtig gute Laune. Wenn er heute auf der Naturkostmesse Biofach in Nürnberg die neuesten Branchenzahlen zum Verkauf ökologischer Lebens­mitteln verkünden darf, wird der Vorsitzende des Bundes für Ökologische Lebensmittel­wirtschaft (BÖLW) sich mal wieder nicht beklagen können. In den vergangenen zwanzig Jahren ist der Absatz von Biowaren in Deutschland stetig gewachsen.

So auch im vergangenen Jahr. Noch macht ihr Anteil nur rund 5 Prozent aus, die Tendenz ist aber steigend. Der Boom wird sich auch auf der diesjährigen Biofach in Nürnberg zeigen. Die Messe ist mit 2.950 Ausstellern und gut 50.000 Besuchern die weltweit größte ihrer Art.

„Der Handel sucht händeringend nach einheimischer Ware“, sagt zu Löwenstein der taz. Und das auch im Ausland. Aussagekräftige Zahlen zu Importware gibt es kaum. Zu Löwensteins Ziel: Biolebensmittel, die wir hier anbauen können, sollten auch hier wachsen. „Denn jeder Hektar bio mehr hierzulande ist ein Hektar mehr für Biodiversität.“

Gegen den Boom hat der BÖLW-Chef absolut nichts. Ganz im Gegenteil. Doch auch er weiß, dass die hohe Nachfrage Probleme mit sich bringt – „Herausforderungen“, wie zu Löwenstein sie nennt. „Es kommen immer wieder Player dazu, die nicht das Grundanliegen haben, die gesamte Ernährung und die Landwirtschaft zu verändern.“ Damit meint er auch Supermärkte, die sich gute Umsätze über ihr Bioangebot versprechen.

Discounter haben Bio-Angebot deutlich erweitert

So haben etwa die Discounter Lidl, Aldi oder Norma ihr Angebot an Biolebensmitteln deutlich erweitert. Rewe beispielsweise hat mehr als 2.500 Öko-Artikel gelistet. Auf Anfrage teilt der Lebensmitteleinzelhändler mit, dass das Sortiment ausgeweitet werden soll.

Viele Pioniere kämpfen derweil um nichts weniger als ihre Existenz. Elke Röder, Geschäftsführerin des Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), spricht von einem strukturellen Nachteil der Erreichbarkeit von Naturkostläden. Rund 2.500 dieser Läden gibt es bundesweit. Dem stehen rund 40.000 Verkaufsstellen des Lebensmittel­einzelhandels gegenüber. Im Zweifelsfall müsse man einen zusätzlichen Weg zum Bioladen einplanen, sagt Röder der taz.

Aus ihrer Sicht wird sich der Bioboom auch in Zukunft fortsetzen. Das heißt für sie, dass sich auch die Rahmenbedingungen für Landwirte hierzulande verbessern müssen. So sollten sie beispielsweise Unterstützung bekommen, um auf nachhaltiges Arbeiten umstellen zu können. „Zu den Wünschen der Kunden gehört auch die sinnvolle Verbindung von bio und regional“, sagte Röder. Dafür müssten Strukturen geschaffen werden, um der großen Nachfrage nachkommen zu können.

Wer kann die Verbraucher überzeugen?

„Der Wettbewerb im Handel wird sich verschärfen“, vermutet Gerald Wehde von Bioland. Dem Verband für ökologischen Landbau gehören mehr als 7.300 Landwirte, Gärtner, Imker oder Winzer an. Hinzu kommen rund 1.000 Vertreter von Bäckereien, Molkereien, Metzgereien oder aus der Gastronomie. Discounter, Biosupermärkte und der klassische Naturkostfachhandel konkurrieren immer erbitterter um Kundschaft. „Gewinnen werden die, die die Verbraucher von ihrem Angebot überzeugen“, sagt Wehde.

Das gehe nur, wenn die Regierung mehr für den Ökolandbau tue. Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD dazu verpflichtet, bis 2030 den Ökolandbau von derzeit 7,5 auf 20 Prozent auszuweiten. Die Politik müsse also helfen: Zum Beispiel durch Forschungsförderung, über Beratungs- und Ausbildungsangebote für Bauern – oder auch über mehr Bioangebote in öffentlichen Kantinen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.