piwik no script img

Bio-Produkte bei LidlNicht nur Bioland in Bioland

Produkte könnten auch Rohware anderer Öko-Verbände enthalten, teilt Lidl mit. Laut Bioland stabilisiert die Kooperation die Preise für die Bauern.

Auch bei Joghurt und Käse: Bioland hat grundsätzlich strengere Regeln als der gesetzliche Öko-Standard Foto: dpa

Berlin taz | Nicht alle Bioland-Lebensmittel des Discounters Lidl kommen komplett von Betrieben des Ökobauernverbands. „Die Bioland-Produkte stammen zu 100 Prozent von Bioland-Höfen oder nachrangig von Höfen, die hohe Kriterien anderer von Bioland anerkannten Verbänden wie beispielsweise Demeter erfüllen“, teilte die Supermarktkette auf Anfrage der taz mit. Genaue Anteile wollte das Unternehmen nicht nennen. „EU-Bio- oder konventionelle Betriebe liefern nicht für Bioland-Produkte“, hieß es weiter.

Bioland-Präsident Jan Plagge sagte der taz, bei den Lidl-Produkten sei der Anteil anderer Verbände nicht höher als etwa bei Marken des Naturkostfachhandels. Auch die anderen Verbände würden gegenseitig Ware anerkennen. Sonst müssten etwa Molkereien die Rohmilch nach den verschiedenen Organisationen trennen, was zu aufwendig wäre.

Lidl stellt seit November einen Großteil seiner Bio-Eigenmarke auf das Siegel von Deutschlands größter Öko­bauern­organisation um. Seit Januar tragen alle „BioOrganic“-Molkereiprodukte wie Käse, Milch, Butter und Joghurt in den rund 3.200 deutschen Filialen das grüne Bioland-Zeichen. Ab Mitte April will Lidl auch Wein des Anbauverbands verkaufen.

Öko-Bauern müssen auf chemisch-synthetische Pestizide verzichten und ihren Tieren Auslauf und mehr Platz im Stall bieten. Bioland hat noch strengere Regeln als der gesetzliche Öko-Standard. Derzeit ist aber dem Verband zufolge nur 3,5 Prozent der in Deutschland erzeugten Milch bio.

Lange Wartelisten

„Die Kooperation mit Lidl ist gut angelaufen. Gerade im Bereich Milch und Molkereiprodukte hat sie zu einer deutlichen Verbesserung der Marktsituation für unsere Bauern geführt“, ergänzte Plagge. „Es ist genug Ware da.“ Schließlich hätten in den vergangenen Jahren so viele Bauern auf Bioland umgestellt, dass die Bio-Molkereien sogar einen Aufnahmestopp verhängen mussten. „Schon vor der Kooperation mit Lidl kam der größte Teil der deutschen Bio-Milch von Biolandbetrieben.“ Plagge schloss aus, „dass irgendwer jetzt keine Biomilch bekommt wegen Lidl“.

Plagge wies darauf hin, dass das Angebot in Deutschland, Dänemark, Frankreich und Österreich in den vergangenen Jahren stark gewachsen sei. Die deutschen Bio-Landwirte haben 2018 laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft knapp 20 Prozent mehr Milch gemolken als im Vorjahr. „Da ist es gut für uns, dass wir mit Lidl einen großen Abnehmer haben, der auf heimische Produkte von Bioland und damit Nichtaustauschbarkeit setzt.“

Wenn man abschätzen könne, dass die Nachfrage weiter steigt, „können auch wieder neue Betriebe auf Bioland umstellen“, sagte der Bioland-Chef. Die Wartelisten der Bio-Molkereien seien lang. Umfragen zufolge wollten knapp 20 Prozent der jetzt konventionellen Betriebe zu Bio wechseln.

Plagge wollte aber keine Prognose abgeben, wie viele Bauern der Verband wegen Lidl aufnehmen kann. „Ich weiß nur, dass ein Großteil der Verbraucher sagt, sie wollten häufig oder immer Bio kaufen. Aber bisher liegt der Anteil am gesamten Lebensmittelmarkt nur bei 5,5 Prozent. Da ist also noch viel Potenzial“, sagte der Verbandschef. Bei frischer Trinkmilch betrage der Bio-Anteil knapp 20 Prozent, bei Joghurt liege er deutlich unter 10 Prozent.

Lidl verkauft Bioland-Milch sogar teils billiger als manche andere Läden Milch, die nur das gesetzliche EU-Biosiegel trägt. Entsteht dadurch Preisdruck für die Bauern? „Das können wir derzeit nicht erkennen“, antwortete Plagge. „Manche Molkereien haben ihre Erzeugerpreise erhöht, bei anderen geht der Preis auch schon mal leicht runter, was aber nicht ungewöhnlich ist und eher an den neuen Bio-Milchmengen liegt, die noch nicht im Bio-Markt untergebracht sind.“ Insgesamt zeichne sich ab, dass durch die Nachfrage von Lidl „der Erzeugerpreis weiter stabilisiert wird“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • wer schon immer im Bioladen einkauft und mal probeweise eine Packung z.B. Mozzarella kauft, merkt sofort den Unterschied - für mich: nie wieder ...



    es gibt in den Bioläden übrigens seit kurzem eine gleiche Entwicklung - nämlich dass einst konventionelle Hersteller in den Märkten mit ("angeblichen?") Bioprodukten gelistet werden, z.B. Breitsamer-Honig... das finde ich nicht nur merkwürdig sondern äußerst bedenklich.



    Zudem bin ich der Ansicht, dass ein Produzent nicht Bio UND Konventionell nebeneinander herstellen KANN (und das tun diese Konvens-Hersteller)! Das funktioniert nicht! Und wer das gegenteil behauptet ist ein Scharlatan.



    Ich meine die Biomilchbauern hätten lieber ihre Preise erhöhen und dafür eine geringere Menge, anstatt immer mehr zu produzieren und das dann billiger zu verhökern. Arme Kühe - arme Tiere - reiche Bauern - schaut euch doch ihre Traktoren und Höfe an. Übrigens: Kühe die nur im Stall stehen produzieren in ihrer Milch viel weniger Vitamin D als solche, die in der Sonne stehen - nur mal so zum nachdenken... leider stehen heute zumeist gerade die Milchkühe nur noch im tageslichtfreien Kunstlichtstall! Bei DEMETER ist Weide Pflicht für die Tiere !