Billige Energie für Konzerne: Industriestrom spaltet Gewerkschaften
Verdi fürchtet die soziale Sprengkraft von subventionierter Energie für Unternehmen. IG Metall und DGB sind dafür, um Jobs in Deutschland zu halten.
Damit setzte sich Werneke klar von IG Metall, IG Bergbau, Chemie, Energie oder auch dem Deutschen Gewerkschaftsbund ab, die mit subventioniertem Strom die Abwanderung von Betrieben aus Deutschland verhindern wollen. „Damit die energieintensiven Industrien eine grüne Zukunft in Deutschland haben, brauchen sie preisgünstigen grünen Strom“, hatte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann gesagt. Das deutsche Wirtschaftsmodell beruhe auf komplexen Wertschöpfungsketten mit einer hohen Fertigungstiefe. „Diese Produktionsketten dürfen nicht reißen“, so Hofmann. Deshalb müsse der Industriestrom zeitlich begrenzt subventioniert werden.
Auch die Bundesregierung ist gespalten in der Frage. Während sich SPD und Wirtschaftsminister Robert Habeck dafür aussprechen, sind Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die FDP dagegen. Einen Verzicht auf die geplante Streichung des Spitzensteuerausgleichs sowie eine starke Senkung der Stromsteuer hatte unlängst Finanzminister Christian Lindner (FDP) ins Spiel gebracht.
FDP und CDU für Senkung Stromsteuer
Der Spitzenausgleich, durch den etwa 9.000 Großverbrauchern die Stromsteuer erstattet wird, soll nach bisherigen Plänen Ende 2023 auslaufen. Ursprünglich sollte so eine klimaschädliche Subvention im Wert von 1,5 Milliarden Euro abgebaut werden. Der Stahlhersteller Thyssenkrupp spart dadurch allein 60 Millionen Euro im Jahr.
Eine auch von der CDU befürwortete Senkung der Stromsteuer auf die EU-Mindesthöhe von 0,05 Cent je Kilowattstunde würde für den Bundesetat teurer – und würde alle Unternehmen und auch Haushalte betreffen: Die Bundeseinnahmen aus der Stromsteuer belaufen sich derzeit auf 6,8 Milliarden Euro jährlich. Habecks Pläne, nach denen für energieintensive Konzerne 80 Prozent der Stromkosten auf 6 Cent pro Kilowattstunde reduziert werden und für den Rest der Marktpreis gezahlt werden muss, kosten etwa 5 Milliarden Euro pro Jahr – derzeit ist von drei bis fünf Jahren Dauer die Rede.
Auch die Grünen sind in der Stromfrage uneins. Während Ex-Umweltminister Jürgen Trittin die Beihilfen ablehnt, ist Frank Bsirske, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, dafür. Er war vor Werneke Verdi-Chef.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden