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Bildungsministerin von BrandenburgBritta Ernst tritt zurück

Überraschend legt die SPD-Bildungsministerin von Brandenburg ihr Amt nieder. Als Grund nannte sie fehlenden Rückhalt in ihrer Fraktion.

Britta Ernst im August 2020 Foto: Soeren Stache/dpa

Berlin taz | Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) hat überraschend ihr Amt niedergelegt. Wie die Staatskanzlei in Potsdam am Montag mitteilte, habe Ernst um ihre Entlassung gebeten. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) entsprach diesem Wunsch, bedauerte aber die Entscheidung. Er bedankte sich für die „engagierte Arbeit“ der Ministerin.

Mit ihrer Amtszeit würden wichtige Meilensteine wie die kontinuierliche Verbesserung des Kita-Personalschlüssels und der Einstieg in die Beitragsfreiheit verbunden bleiben. Ernst, die mit Bundeskanzler Olaf Scholz verheiratet ist, ist seit September 2017 Bildungsministerin in Brandenburg. Ihr Nachfolger wird der bisherige Staatssekretär Steffen Freiberg (SPD).

Die Gründe für ihre Entscheidung fasste Ernst in einer Stellungnahme zusammen, die das Ministerium noch während der Pressekonferenz am Montagnachmittag in der Staatskanzlei verbreitete. Darin bemängelt die 62-Jährige fehlende Unterstützung für ihre Politik in der eigenen Fraktion. „Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir die anstehenden Herausforderungen nur mit maximaler Geschlossenheit bewältigen werden können“, heißt es darin. „Diese Geschlossenheit ist nicht mehr gegeben.“

Konkret geht es um die Umwidmung von 200 Schulplanstellen, für die Ernst seit Wochen in der Kritik steht. Weil in Brandenburg Hunderte Lehrkräfte fehlen, schlug Ernst vor, mithilfe der unbesetzten Lehrerstellen Verwaltungsfachkräfte und Schul­so­zi­al­ar­bei­te­r:in­nen einzustellen. So sollen die Schulen anderweitig entlastet werden. Die Umwidmung ist Teil eines Maßnahmenpakets gegen den akuten Lehrermangel. Und das geht selbst den eigenen Leuten zu weit.

Kritik auch aus der SPD

Laut den Plänen aus dem Ministerium nämlich sollen Schulen weniger Ressourcen für Zusatzangebote wie Förder- und Ganztagsunterricht sowie Inklusion erhalten. In einer Sondersitzung des Bildungsausschusses musste sich Britta Ernst kürzlich auch vom Koalitionspartner – den Grünen – und der eigenen Fraktion deutliche Kritik anhören. „Jedes pädagogische Angebot, ob über dem Rahmenlehrplan, im Ganztagsunterricht, in Förderstunden oder im gemeinsamen Lernen ist unverzichtbar“, sagte etwa SPD-Bildungspolitikerin Katja Poschmann.

Ob das Bildungsministerium mit der neuen Spitze die umstrittenen Pläne nun zurückzieht, blieb am Montag offen. Der designierte Bildungsminister Freiberg äußerte sich auf der Pressekonferenz vage zu möglichen Kurskorrekturen: „Neben und nach Corona sind Dinge unerledigt geblieben, die einer Lösung bedürfen.“ Der 41-Jährige ist seit Januar 2022 Staatssekretär in Potsdam. Zuvor war er Staatssekretär bei der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern.

Der Landeselternrat bedauerte Ernsts Rücktritt. Die scheidende Ministerin habe viele gute Ideen gegen den Lehrermangel gehabt.

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3 Kommentare

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  • Ich fand den Ansatz von Frau Ernst gar nicht so schlecht: wenn die Lehrerstellen nun absolut nicht zu besetzen waren... weil nicht einmal Berwerber:innen da waren, dann kann doch den zu wenigen Lehrerinnen und Lehrern wenigstens ein Teil der Organisations- und Schulsozialarbeit abgenommen werden.

    Klar ist das auch ein Offenbarungseid, aber besser als immer weiter Potemkinsche Dörfer zu bauen:

    „Jedes pädagogische Angebot, ob über dem Rahmenlehrplan, im Ganztagsunterricht, in Förderstunden oder im gemeinsamen Lernen ist unverzichtbar“, sagte etwa SPD-Bildungspolitikerin Katja Poschmann.

    Es nutzt aber nichts, wenn dies alles nur im Stundenplan steht, also auf dem Papier, sozusagen als Titel ohne Wert.

    Wenn man die Leute nicht hat, muss das Angebot reduziert oder umstrukturiert werden. Mehr als 32 Kinder in eine Klasse packen und in der halben Zeit nur Vertretungsunterricht zu machen kann keine Dauerlösung sein.

  • Jetzt ist dann der Weg frei für genug Lehrkräfte?

  • Realpolitik ist eben schmerzhaft. Wenn ich einen Platz nicht besetzen kann, kann es sehr wohl sinnvoll, dass Geld anderweitig zu nutzen.

    Aber klar, zugegeben, dass widerspricht unserem System. Hier muss das Geld der Behörde für Straßenbau etc. jeweils ausgegeben werden, weil sonst das Budget im nächsten Jahr sinkt.