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Bildungsministerin Karin PrienRhetorischer Eskapismus

Simone Schmollack

Kommentar von

Simone Schmollack

Bildungsministerin Karin Prien erklärt Kita-Investitionen zur „Schicksalsfrage für Deutschlands“. Das verkennt die wahren Probleme im Bildungsbereich.

Karin Prien ist scheinbar Freundin der Schicksalsfragen. Nur ob die Fragen wirklich stimmen, steht auf einem anderen Blatt Foto: Elisa Schu/dpa

S chicksalsfrage scheint ein Lieblingswort von Bildungsministerin Karin Prien zu sein. Schon 2018 erklärte die CDU-Politikerin, damals Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, dass Bildung, nun ja, eine Schicksalsfrage sei – jetzt ist es die frühkindliche Bildung, die über Deutschlands Zukunft entscheidet. Da hat sie nicht ganz unrecht: Aus doofen Kindern werden nun mal nur selten schlaue Erwachsene. Aber wie Prien das Problem, dass Bildung in Kitas und Schulen vielfach mit ungenügend bewertet wird, aufgreift, verdient auch keine Eins.

Den Geburtenrückgang als „demografische Rendite“ zu bezeichnen und damit von anderen Qualitätsmängeln in Kitas abzulenken – Stichworte hier unter anderem: zu große Gruppen, Er­zie­he­r:in­nen am Rande des Nervenzusammenbruchs, fehlende Plätze in nicht wenigen Regionen, dafür Platzüberschuss in anderen Ecken der Republik –, ist schon ein ausgebuffter rhetorischer Kniff.

Denn es geht um viel mehr als nur um frühkindliche Bildung. Beispielsweise um Entlastung und bessere Bezahlung des Kitapersonals, Gleichbehandlung aller Kinder und eben keine zu kurz gedachte Migrationsquote in Schulen (Prien-Idee in diesem Sommer), mehr Sportangebote und – ja, natürlich – mehr spielerische Lernangebote in Vor- und Grundschulen. Diese und andere langjährige Forderungen von Kita- und anderem Bildungspersonal umzusetzen, ist dezidierte Aufgabe einer Bildungsministerin.

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Ausgebuffte Rhetorik ist Priens „Schicksalsfrage“ aber vor allem, weil sie suggeriert, dass Wirtschaft und Demografie des Landes einzig und allein von den Jungen und ganz Jungen abhängen – und nicht etwa von aktueller Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Wie wäre es denn, jungen Menschen – neben ausreichender Bildung – Angebote zu machen, die sie wenigstens ein bisschen sorgenfreier in die Zukunft schauen lassen: beispielsweise soziale Absicherung, bezahlbare Wohnungen, echte Klimamaßnahmen, eine Politik, die Familien mit Kindern unterstützt und nicht die Ehe an sich – das sind wahre demografische Renditen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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