Bildungsgipfel, Fifa und Karstadt: Der Bund hat nichts zu sagen

Die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) veranstaltet einen Bildungsgipfel und keiner geht hin – außer Berlin und Hamburg.

Stark-Watzinger gestikuliert beim Sprechen mit dem Finger

Stark-Watzinger spricht bei einer Pressekonferenz am Rande des Bildungsgipfels Foto: Christophe Gateau/dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Haftbefehle gegen Trump und Putin.

Und was wird besser in dieser?

Doppelzelle.

Galeria Karstadt Kaufhof will fünf Warenhäuser weniger schließen als noch zu Wochenbeginn angekündigt. Bringt Sie das in Kaufhauslaune?

Mein Bürofenster schaut auf die Kölner Filiale. Mittags laufe ich gelegentlich kurz rein, um das Gefühl zu genießen, irgendwo mal der Jüngste zu sein. 2019 hatte der Signa-Konzern noch eine Milliarde, um Kaufhof zu übernehmen, und unterwegs akquirierte man auch Sportscheck, Ruinen von Thomas Cook und Fiege Logistik. Zugleich schoss der Bund rund 700 Million Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds ein, Gläubiger verzichteten auf zwei Milliarden. Kurz: Das Geschäftsmodell ist mit bloßem Auge von Ladendiebstahl kaum zu unterscheiden. Ganze Läden, natürlich. Nach den Belegschaften und den Steuerzahlern sollen jetzt die Vermieter liefern, an fünf Standorten hat auch das schon funktioniert. Man ist verführt zu fragen, was an einer Verstaatlichung schlimmer sein sollte.

Der deutsche Film „Im Westen nichts Neues“ hat vier Oscars bekommen. Zu Recht? Und was sagt uns dieser Erfolg?

Man gönnt sich den wohligen Schauder, doch sehr pazifistisch in den Abspann zu weinen, bevor man blinzelnd aus dem Kinosaal stapft und die nächste Waffenlieferung unterstützt. Die Parallelen – Verdun und Bachmut, „Abnutzungskrieg“, „Siegfrieden“ und „Die Ukraine muss den Krieg gewinnen“ sind offenkundig. Drei von vier Oscars gingen an technische Gewerke, man feiert die Kunst, mit Wucht Gefühle aufzuwühlen. Nicht Inhalte. Vielleicht tut es trotzdem gut, 148 Minuten nicht für diese oder gegen jene zu sein, sondern zu spüren: Nein, das alles nicht.

Bei Bild ist ganz schön was los. Können Sie uns sagen, was?

Nur Gerüchte, Geraune und viel aus zweiter Hand – wie es sich bei Bild gehört. Also: „Übermedien“ staunt, dass nun Print-Veteranen „den digitalen Wandel aktiv vorantreiben“ sollen, während man Johannes Boie, der das „paid content Angebot“ der Süddeutschen entwickelte, wegrotiert. Der Spiegel freut sich auf die nächste Peinlichkeit – die neue Bild-Chefin Horn sei damit Vorgesetzte ihrer Tochter, die BamS redigiere. Und ohne die flugs mitgerechnete BZ schrammt Bild inzwischen die Millionengrenze. Oder, wie man dort sagen würde: „Kein Thema“

Stellen Sie sich vor, die Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) veranstaltet einen Bildungsgipfel und keiner geht hin (außer Berlin und Hamburg). Haben die anderen Bundesländer schon aufgegeben?

Jetzt weiß die Bundesbildungsministerin mal, wie das ist: wenn man als die esoterisch verpeilte Religionslehrerin gilt, die aus menschlichen Motiven Fehlstunden nicht ins Klassenbuch einträgt. Die Länder spreizen sich in ihrer Bildungshoheit und wissen: Der Bund hat nichts zu sagen. Das deutsche Bildungswesen ist unreformierbar – weil es keins gibt. Sondern 16 Dorfschulkonzepte.

Antje Vollmer, erste Grüne im Bundestagspräsidium, Vorkämpferin der Frauen in der Politik und Pazifistin, ist gestorben. Welche Erinnerung haben Sie an sie?

Viele, gute. „In der Mitte bekommst du Pfeile von allen Seiten“, als sie die Befriedung mit der RAF anschob, mit Vertriebenen verhandelte, Genugtuung für Heimerzogene vermittelte. Sie blickte weit voraus und aufs Ganze, deshalb lag ihre Mitte oft zwischen Polen, die noch keiner sah – und sah entsprechend verirrt aus. Etwa zuletzt, als sie die Mitte im Frieden für die Ukraine ausmachte. Wir werden noch staunen, wenn wir da ankommen, wo sie war.

Der Fifa-Präsident Gianni Infantino wurde ohne Gegenkandidat in seinem Amt bestätigt, und die Weltmeisterschaft der Männer wird ab 2026 mit 104 statt 64 Spielen ausgetragen. Wann platzt die globale Fußballblase?

Der DFB hat – mit Norwegen und Schweden – bei Infantinos Akklamation „nicht geklatscht“. Sie könnten noch die „One Love“-Armbinde über die Augen tragen. Zu Reformvorschlägen oder einer Gegenkandidatur hat es nicht gereicht. Mit Gianni als Papst stünde die katholische Kirche ganz anders da.

Und was machen die Borussen?

Der BVB twittert eine Google-Suche nach dem Wort „Legend“ und das zugehörige Ergebnis: „Marco Reus“.

Fragen: vag, waam

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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