Bilderstreit in Dresden: Die verletzte ostdeutsche Seele
Verdrängen westdeutsche Künstler das Erbe der DDR? Der Bilderstreit über die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wurde kultiviert ausgetragen.
Im Albertinum fanden die Kunstausstellungen der DDR statt, für die das historische Gebäude an der Brühlschen Terrasse vollständig geräumt wurde. Die letzte DDR-Kunstausstellung 1987/88 zählte 1,1 Millionen Besucher und wurde heftig diskutiert. Nach dem Empfinden sensibler Dresdner verdrängen Werke westdeutscher Künstler zunehmend das vorzeigbare Erbe der DDR.
Die Auseinandersetzung um „Staatskunst“, „DDR-Kunst“ oder davon zu unterscheidende „Kunst in der DDR“ hatte 1999 beim Bilderstreit in der Kulturhauptstadt Weimar einen ersten Höhepunkt erreicht. Aktuell wird er überlagert von der Wiederentdeckung der verletzten ostdeutschen Seele.
Angst um eine schwindende, oft erst postum entdeckte Ost-Identität mischt sich mit berechtigtem Ärger über das Verschwinden spezifischer Ost-Komponenten wie der gegenständlichen Malerei oder des Dresdner Spätexpressionismus. Vergleichbaren Frust löst die Respektlosigkeit gegenüber der musikalischen Avantgarde der DDR oder der Umgang mit ihrer architektonischen Moderne aus.
Kein „Schutzstatus“ für DDR-Künstler
Die Diskussion im Albertinum vermochte den Bilderstreit nun auf die Ebene der Kunstkritik und des internationalen Kontextes zu heben und damit teilweise zu entschärfen. Generaldirektorin Marion Ackermann machte klar, dass praktische Raumprobleme und keine „konforme Westverschwörung“ hinter dem Dilemma stecken, die Dynamik aktueller Kunst ebenfalls berücksichtigen zu wollen. Die verdiente Kuratorin Susanne Altmann wiederum erklärte, dass man keinen „Schutzstatus“ für DDR-Künstler oder deren „erneute Ghettoisierung“ wolle.
Der Blick von außen könne dem narzisstischen Selbstbild der Dresdner guttun, lautete der Tenor mehrerer Äußerungen. Thomas Oberender, der aus Jena stammende Intendant der Berliner Festspiele, warnte etwa davor, über Kunst unter identitären Gesichtspunkten zu sprechen.
Äußerungen aus dem Publikum zeigten, dass das Leiden über vermisste Werke einer besonderen Kunstliebe vieler Sachsen entspringt. Der stille Kompromiss des Abends lief auf einen häufigeren Ausstellungswechsel und die Suche nach anderen Präsentationsorten hinaus. Wer akut unter Entzugserscheinungen leidet, kann derzeit auch nach Potsdam in die Barberini-Ausstellung von DDR-Kunst reisen.
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