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Bilderberg-Konferenz in DresdenDrei sagen zu, vier sagen ab

An sieben Mitglieder der Bundesregierung gingen Einladungen raus. Die Kanzlerin kommt nicht, dafür aber drei ihrer Kollegen.

Ein Treffpunkt der Eliten: das Taschenbergpalais in Dresden Foto: imago/Hanke

Berlin taz | Die Bundesregierung wird bei der „Bilderberg“-Konferenz in Dresden mit drei Ministern vertreten sein. Das private Treffen von rund 140 Vertretern von Politik, Wirtschaft, Militär, Medien und Forschung aus Westeuropa und Nordamerika wird Ende nächster Woche in der sächsischen Landeshauptstadt stattfinden – und damit erstmals auf der Ostseite des ehemaligen Eisernen Vorhangs.

Zugesagt haben nach taz-Informationen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU). Die Rheinische Post hatte bereits die Teilnahme von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gemeldet. Bundeskanzlerin Angela Merkel, ihr Kanzleramtsminister Peter Altmaier und die SPD-Minister Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier haben die Einladungen nicht angenommen und werden nicht nach Dresden kommen. Bundespräsident Joachim Gauck wird ebenfalls nicht an der Konferenz teilnehmen.

Über die Gründe der Ab- und Zusagen gab es keine Auskunft.Auffallend ist, wie stark sich die Organisatoren der Bilderberg-Konferenz – der 31-köpfige sogenannte Lenkungsausschuss, in dem unter anderem der schwedische Investor Jacob Wallenberg, der ehemalige Google-Chef Eric Schmidt und der Ryanair-Gründer Michael O’Leary sitzen – um die Mitglieder der Bundesregierung bemüht haben. Beim letztjährigen Treffen in Tirol nahm Bundespräsident Heinz Fischer, aber kein Mitglied der österreichischen Regierung teil. Zur Konferenz vor zwei Jahren in Kopenhagen kam nur eine dänische Ministerin.

Durch eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken waren die Einladungen an die Mitglieder der Bundesregierung bekannt geworden. Erst danach ging die Einladung an Thomas de Maizière ein, heißt es im Innenministerium. Ob die Bilderberg-Organisatoren wegen der vielen Absagen nachgelegt haben und ihn nachträglich eingeladen haben, war nicht zu erfahren. Im Ministerium betont man, dass de Maizière nur „kurzzeitig“ an der Konferenz teilnehmen werde.

Tillich darf nur zum Essen kommen

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der sich im April gegenüber der taz erfreut über die Konferenz in Dresden gezeigt hatte, nimmt an einem Abendessen am Samstag teil, ist aber nicht zur eigentlichen Konferenz eingeladen. Der Ministerpräsident gehe ohne besondere Ziele oder Vorstellungen zu dem Termin, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei der taz.

Wegen des privaten, intransparenten Charakters der Bilderberg-Konferenz, die seit 1954 stattfindet, ranken sich Gerüchte und Verschwörungstheorien um die Treffen. Wie bei Gerüchten üblich, fehlen die nachweisbaren Fakten.

Zudem können verbindliche Entscheidungen von globaler Tragweite schwer verabredet werden, weil in den vergangenen Jahren relativ wenige aktive Regierungspolitiker an den Treffen teilnahmen. Zudem ändert sich die Zusammensetzung der Teilnehmerliste von Jahr zu Jahr – ein geheimer Weltbund wäre statischer. Allerdings kann es für einen Dauergast wie Airbus-Chef Thomas Enders und für seine Geschäfte nützlich sein, wenn er, wie im vergangenen Jahr, in einem vertraulichen Rahmen auf Ursula von der Leyen und deren Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder trifft.

Protest direkt am Veranstaltungsort, dem Hotel Taschenbergpalais Kempinski, wird in diesem Jahr wohl nur eingeschränkt möglich sein. Die Stadt Dresden veröffentlichte am Donnerstag eine Allgemeinverfügung, die „Menschenansammlungen mit mehr als 15 Personen“ in der unmittelbaren Umgebung verbietet.

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7 Kommentare

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  • Einmal angenommen, nur so als Gedankenexperiment, ja es ist die Weltverschwörung, die es nicht seit 1954 sondern schon seit den 1920er Jahren und früher gibt. Was folgt daraus? Nichts.

     

    Denn was macht das Treffen interessant? der Investor Jacob Wallenberg, Google-Chef Eric Schmidt, Ryanair-Gründer Michael O ’Leary, der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Paul Achleitner und Airbus-Chef Thomas Enders. Diese Leute sehen sich als Weltregierung.

     

    Doch bitte nicht missverstehen. Man strebt nicht nach Macht, man sie bereits. Es gilt vielmehr zu gestalten. Welche Entwicklungen werden als positiv gesehen, welche gilt es zu bremsen. Das große Thema ist natürlich TTIP bzw deren Derivate. Erinnert sich noch einer an ACTA? Sollte CETA auch scheitern, steckt der nächste Vertrag bereits in der Pipeline.

     

    Wie war das mit dem Airbus A400M? Obwohl Deutschland weniger Flugzeuge abnimmt, bleibt der Preis nahezu gleich. Dafür wird später geliefert, aber die Spezifikationen werden trotzdem nicht eingehalten. Die Deutsche Bank musste aufgrund von US-Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung Rekordstrafen in Milliardenhöhe zahlen. Google gibt nun doch Daten an die US-Regierung weiter und Ryanair gilt nicht als das Unternehmen mit den höchsten Standards bei Beschäftigtenrechten. Die Iren dürfen stolz darauf sein, das Berufsbild des Piloten dauerhaft geändert zu haben. Vielleicht waren es diese Rahmenbedingungen, die den Piloten von Germanwings-Flug 9525 in die Verzweifelung getrieben haben.

     

    Es ist eine merkwürdige Weltregierung. In Afrika herrschen Hunger, Krieg Hoffnungslosigkeit. Die Spannungen mit China und Russland nehmen zu. Überall blüht der Nationalismus.

     

    "Anders als staatliche Gipfel haben die Treffen privaten, informellen Charakter. Es gibt keine offiziellen Beschlüsse, Berichterstatter sind nicht zugelassen." Wenn es denn Beschlüsse gäbe, welchen Effekt hätten sie denn? Wir fluchen immer auf die Politiker. Diese Runde ist keinen Deut besser.

  • Die Moderation: Kommentar entfernt.

  • Ich denke, das ist ein Fall für Transparency International.

  • ich will auch mitkommen!

  • 1. Wer früher von Bilderbergern erzählt hat, wurde als Spinner angesehen. Diese "Verschwörungstheorie" war anscheinend keine.

     

    2. Die betroffene Öffentlichkeit wurde daran gewöhnt, dass Weichenstellungen von größerer Tragweite unter Ausschluss dieser Öffentlichkeit stattfinden. Ob das die Bilderberger, die Trilaterale Kommission oder die EU-Kommission ist, spielt im Grunde keine Rolle.

     

    3. Auch dieser Artikel beschreibt das Treffen als etwas ganz normales. Klar können sich auch die Einflussreichen auf ein Weinchen zum Networking treffen. Im Unterschied zum normalen geselligen Abend sind hier potentiell ganze Länder von den direkten oder indirekten Ergebnissen betroffen.

     

    4. Länder stellen den Weichenstellern die Infrastruktur für deren Geschäfte für lau hin, ermöglichen Steuerflucht und Missachtung von Rechten und treiben ihnen außerdem das Kundenvieh zu.

     

    5. Durch solche Konferenzen klappt das geräuschlos.

     

    6. Wenn man das alles akzeptiert hat, braucht man das Gebilde, in dem wir leben, aber nicht mehr Staat oder Rechtsstaat oder gar demokratischen Rechtsstaat zu nennen. Es ist dann eine Zone, in der das Recht des Stärkeren gilt.

     

    7. Und sonst nichts.

     

    8. Moment ... es gibt ja ein Wort dafür: Marktkonforme Demokratie.

  • Werte Frau Elbe, können Sie bitte noch einmal, nur einmal noch, aus Ihrem Bette springfluten - und nur das Taschenberg bis zur Dachkante...

  • Der Kapitalismus braucht keine Verschwörungen und solche turnusartigen Treffen von so einer bunten Mixtur an Leuten bringt's sowieso nicht, außer dass es dem Ego der Akteure hilft. Aber die könnten auch ohne auskommen. Interessant allerdings, dass man nicht dagegen demonstrieren darf, das sorgt dann wenigstens bei der Verschwörungsecke für neuen Diskussionsstoff ...