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Beziehungen Türkei und EUMaas streckt die Fühler aus

Bei seinem Türkeibesuch spricht sich der Außenminister für eine Wiederannäherung der EU an die Türkei aus. Ende der Woche soll es weitergehen.

Maas am Montag mit seinem Amtskollegen Çavuşoğlu Foto: ap

Istanbul taz | Eine Rückkehr zu konstruktiven und freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei wie auch zwischen der EU und der Türkei: Das sei das Ziel für das Jahr 2021, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bei seinem Besuch in Ankara am Montag. Bei einer anschließenden Pressekonferenz mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu gingen beide äußerst jovial und zuvorkommend miteinander um.

Beide reden sich schon länger auch öffentlich mit Vornamen an und insbesondere Maas machte keinen Hehl daraus, dass er nach dem schwierigen letzten Jahr davon ausgeht, dass nun wieder bessere Zeiten für die Beziehungen mit der Türkei kommen werden. Voraussetzung dafür sei, dass die für den 25. Januar angekündigten Gespräche zwischen der Türkei und Griechenland über den Streit um die Ausbeutung von Gas- und Ölvorräten im östlichen Mittelmeer ernsthaft und nachhaltig geführt würden.

Der türkische Außenminister bekräftigte, dass sein Land selbstverständlich dazu bereit sei, beschuldigte aber nur wenige Sätze später Griechenland, es würde nach wie vor die Türkei provozieren, um dann nach entsprechenden Reaktionen aus Ankara in Brüssel erneut Sanktionen gegen die Türkei zu fordern.

Maas will aber – das machte er am Montag sehr deutlich – von Sanktionen gegen die Türkei nichts mehr wissen: „Statt über Maßnahmen zu sprechen, muss es jetzt um den konstruktiven Dialog gehen“, betonte er mehrfach und versicherte, dass insbesondere Deutschland dazu bereit sei. „Die konfrontative Situation, wie sie im letzten Jahr bestand, kann keinen deutschen Außenminister zufrieden stellen.“

Reger Kontakt zwischen Ankara und Brüssel

Çavuşoğlu will am Donnerstag und Freitag dieser Woche sowohl mit dem EU-Außenbeauftragten Joseph Borrell wie auch mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Claude Michel über die türkische Position in der Ägäis und dem Mittelmeer sprechen und gleichzeitig die Chancen auf einen Türkei-EU-Gipfel ausloten.

Wie türkische Zeitungen am Montag meldeten, sollen von der Leyen und Michel bereits am 26. Januar zu einem eintägigen Besuch in die Türkei kommen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan will dann mit den beiden höchsten EU-Repräsentanten über die Erneuerung des Flüchtlingspaktes und über die Ausweitung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei sprechen.

Auf die Frage einer türkischen Journalistin nach visafreiem Reiseverkehr für türkische Bürger sagte Maas, im letzten Jahr habe nicht die Atmosphäre geherrscht, um darüber zu sprechen.

Über Menschenrechts- und Demokratiefragen in der Türkei wurde in der Pressekonferenz nicht gesprochen. Maas erwähnte lediglich, man habe in guter Atmosphäre über anhängige Konsularfälle gesprochen, also über deutsche Staatsbürger, die in der Türkei in Haft sind oder aber das Land nicht verlassen dürfen. Einzelheiten dazu wollte er nicht ausführen.

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8 Kommentare

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  • Was genau hat sich in letzter Zeit in der Türkei zum Besseren getan, dass eine solche Idee überhaupt aufkommen kann?

  • Wenn ich das Foto der beiden Buddies sehe kommt mir das Essen wieder hoch. Die Pressefreiheit ist abgeschafft, Can Dündar wurde enteignet und die Knäste sind voll mit oppositionellen Politikern und kritischen Journalisten. Izmirübel...

    • @Grenzgänger:

      Gut kommentiert: mir geht es genau so!!



      DAs Gleiche gilt für Kommentar 2 und drei.



      zu K.4: Griechenland (richtig geschrieben) braucht unsere 'militärische Unterstützung', lese ich recht ? "Griechenland rüstet auf. Am Donnerstag wurde von der Vollversammlung mit großer Mehrheit die Beschaffung von 18 Kampfflugzeugen des Typs Rafale beschlossen, wobei es sich um sechs neue und zwölf gebrauchte Maschinen handelt. Der Kaufpreis – einberechnet ist auch die Bewaffnung und sonstige Ausrüstung – beträgt 2,3 Mrd. Euro. Hintergrund für den Kauf sind die angespannten Beziehungen mit der Türkei."(15.1.2021) zit. aus



      Griechenland-Zeitung. Da wird sich Herr Macron als Waffenverkäufer freuen. Als ob man mit Krieg den (zurzeit leicht abgekühlten ) Konflikt in der Ägäis beenden könnte.

      • @Thomas Kniep:

        Die Türkei stellt Gebietsforderungen an Griechenland. Das G. seine, wesentlich kleinere Armee, etwas vergrößern will, ist als nicht ganz unlogisch.

  • Das Vorbild von Erdogan ist anscheinend Machiavelli, ansonsten ist das schizoide Verhalten Erdogans gegenüber Deutschlands und der EU nicht zu erklären. Bitte keine Visumerleichterungen und vor allem keine Erweiterung der Zollunion. Den sollte man erstmal zappeln lassen und zeigen, dass wir nicht über jedes Stöckchen springen.

  • Was hat sich denn in der Türkei geändert, Herr Maas?

  • "Eine Rückkehr zu konstruktiven und freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei wie auch zwischen der EU und der Türkei"

    Als Bürger bin ich da dediziert dagegen. Erst wenn der Diktator gestürzt wurde, die Kriegsverbrecher vor einem internationalen Gericht stehen und wieder die Demokratie neu konstituiert wurde, kann man solche Schritte befürworten.

  • Wieder macht sich Deutschland schuldig,genau wie bei dem Völkermord an den Armeniern.Dass ausgerechnet ein SPD Minister einem Faschistischen Regime entgegenkommt,das ist für mich auch Verhöhnung der eigenen SPD Geschichte.Gruechenkand braucht militärische Solidarität und nicht Bündnispartner die Ihm das Messer in den Rücken stoßen.