Bewaffneter Streik in Kolumbien: Nur ein Kopf der Hydra
Kolumbiens Präsident Duque entledigt sich per Auslieferung eines Drogenbosses und erklärt das Problem für gelöst. Doch das ist es mitnichten.
D er „bewaffnete Streik“ des kriminellen Golf-Clans in Kolumbien zeigt: Die Sicherheitspolitik der Regierung von Präsident Iván Duque ist gescheitert. Duque verfolgt offiziell dieselbe Strategie wie im erfolglosen Krieg gegen Drogen. Anstatt mit einer Umsetzung des Friedensabkommens die Ursachen des mehr als 50 Jahre währenden bewaffneten Konflikts zu bekämpfen, setzt er darauf, prominente Köpfe auszuschalten.
Bei der Festnahme des Drogenbosses Dairo Antonio Úsuga David alias Otoniel verkündete er das Ende des Golf-Clans. Tatsächlich ist der stärker denn je. Nach Lust und Laune nimmt er 3,5 Millionen Menschen in Geiselhaft, wie vier Tage bewaffneter Streik zeigten, dessen Ausmaß Duque öffentlich abstreitet.
Die bewaffneten Gruppen sind nicht mehr so hierarchisch wie früher. Ein Boss hinter Gittern behindert sie kaum. Sie erklären dem Staat nicht mehr offen den Krieg, sondern höhlen ihn von innen aus mit Korruption und schmutzigen Deals. Das betrifft Polizei, Armee, Politik, Landbesitzer, Unternehmer:innen. Duque hat diese Strukturen nicht angetastet. Zu viele Ungereimtheiten gibt es im Fall Otoniel, der offenbar tatsächlich auspacken will.
Seine Aussagen gegenüber der Wahrheitskommission hat die Polizei im Gefängnis massiv behindert. Mitschnitte wurden gestohlen. Dann unterschrieb Duque ein Dekret, um Otoniel an die USA auszuliefern. Die Opfer sind so um die Chance gebracht, die Wahrheit zu erfahren. In der Vergangenheit bekamen Verbrecher für die Drogendelikte – nur einen Teil ihrer Straftaten – in den USA relativ milde Urteile. Die Mächtigen in Kolumbien blieben in Amt und Würden.
Am 29. Mai findet der erste Durchgang der Präsidentschaftswahlen statt. Viele Menschen werden aus Angst nicht wählen gehen. Der Golf-Clan hat das Bündnis des linken Kandidaten Gustavo Petro zum Feind erklärt. Deutschland und die internationale Gemeinschaft sollte die Menschen in Kolumbien unterstützen. Die Zusammenarbeit mit Armee und Polizei, wie in dem dubiosen Militärabkommen vereinbart, ist kontraproduktiv bei der Bekämpfung der Ursachen des bewaffneten Konflikts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Sensationsfund Säbelzahntiger-Baby
Tiefkühlkatze aufgetaut