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Betrug in der WissenschaftNeue Kultur der Ehrlichkeit

Der Wissenschaftsrat empfiehlt eine Informationsplattform zur Debatte um Betrugsfälle. Es brauche einen Kulturwandel für die Wissenschaft.

Nicht nur Doktorarbeiten sollen auf Zitierverstöße untersucht werden. Bild: dpa

Gefälschte Forschungsergebnisse und geistiger Diebstahl in Doktorarbeiten sind peinliche Flecken auf der weißen Weste der Wissenschaft. Mit einer nationalen Informationsplattform über Betrugsfälle und deren Vorbeugung will der Wissenschaftsrat dem Thema „wissenschaftliche Integrität“ in Deutschland einen neuen Schub verleihen.

„Wir müssen über einzelne Regeln hinaus zu einer umfassenden Kultur der Redlichkeit und Qualität an wissenschaftlichen Einrichtungen kommen“, betonte Ratsvorsitzender Manfred Prenzel bei der Vorstellung eines Positionspapiers (pdf-Datei) des Gremiums. http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4609-15.pdf

Wie notwendig eine solche Breiten-Initiative zur Verbesserung der wissenschaftlichen Ehrlichkeit ist, hatte der Wissenschaftsrat im Vorfeld durch eine Recherche an den deutschen Hochschulen erfahren. Zwar hatten, nach einer ersten Welle von Betrugsfällen, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) 1998 Leitlinien zur „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ (pdf-Datei) erlassen. Doch als der Wissenschaftsrat die Fakultäten der deutschen Hochschulen nach der Umsetzung fragte, bot sich ihm nach eigenen Worten „ein ernüchterndes Bild“.

So waren „selbst die DFG-Denkschrift und die HRK-Leitlinie als bekannteste Direktiven nur etwa der Hälfte bzw. zwei Dritteln der Antwortenden bekannt“. Auch eigene Leitlinien der einzelnen Hochschule sind laut Umfrage „nicht sehr verbreitet“. Immerhin gebe es „fast flächendeckend Verfahrensordnungen“ an den Hochschulen, nach denen bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten gegen die Missetäter vorgegangen werden kann.

„Ungeachtet des geringeren Bekanntheitsgrades der Leitlinien scheinen einige der dort empfohlenen Maßnahmen in größerem Maße umgesetzt zu werden“, bilanziert der Wissenschaftsrat in seinem Papier. Ein hartes Forschungsergebnis liest sich anders.

Für Manfred Prenzel ist klar, dass punktuelle Lösungen die Forschungsfälscher kaum aufhalten können, sondern dass ein Kulturwandel Platz greifen muss. Im ersten Kreis von Maßnahmen soll es um die „Sozialisation“ der Studierenden gehen: Die Prinzipien redlicher Forschung müssen in den grundlegenden Curricula verankert sein. Im zweiten Kreis sind die Bedingungen der Forschungspraxis so zu ändern, dass Betrug sich nicht mehr lohnt. Etwa durch Abkehr von „Tonnenideologie“ (Prenzel) in der Produktion wissenschaftlicher Papiere, wo heute in Berufungen nur die Masse der Aufsätze zählt, nicht aber ihre Qualität.

Transparenz ist notwendig

Schließlich müsse auch eine „Struktur der Transparenz an deutschen Hochschulen“ etabliert werden. Hierzu zählt der Wissenschaftsrat eine nationale Plattform zum Austausch über „Problemfälle“ und einer „Fall-Bibliothek“, von der sich Prenzel bei bundesweiter Nutzung „eine Standardisierung im Vorgehen“ zur Integritätsverbesserung verspricht. Träger dieser Plattform sollte die „Allianz“ der fünf großen deutschen Wissenschaftsorganisationen sein.

Unter anderem empfiehlt der Wissenschaftsrat in seinem Papier, neben den Doktorarbeiten auch normale wissenschaftliche Publikationen auf Zitierverstöße zu untersuchen. „Gerade bei den Mehrfachpublikationen von Wissenschaftlern und ihrer Wiederverwendung von Texten sehe ich neben den Plagiaten noch viel Diskussionsbedarf“, urteilt die Plagiatsexpertin und VroniPlagWiki-Fahnderin Debora Weber-Wulff, Professorin für Medieninformatik an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW).

Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates hält sie für wichtig. „Es bleibt abzuwarten, wie sie mit Leben gefüllt werden können“, gibt Weber-Wulff zu bedenken. Auch die Rats-Vorschläge zur Reform des Medizinstudiums, ausgesprochen 2004, seien heute „leider erst in Ansätzen umgesetzt“.

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3 Kommentare

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  • Es geht um Macht und die Leute, die in diesem System oben sind, die haben eben oft genau das getan, was hier kritisiert wird. Die meisten davon bleiben unentdeckt, jedenfalls bislang. Diese Methoden gehören zum Karriere-Machen in der Wissenschaft dazu.

     

    Und um Qualität geht's in Deutschland schon lange nicht mehr. Seit gut 30 bis 35 Jahren sind erhebliche Defizite festgestellt worden. Die Reaktion darauf ist, dass viele gute Leute im Ausland studieren, anderen kaufen sich eine gute Universität und wieder andere halten einfach durch. Dabei wäre mit realtiv geringem Aufwand mehr machbar und es würde sich auch auszahlen. Aber es gibt keinen politischen Willen dazu.

     

    Dass in deutschen Universitäten eine kriminelle Energie um sich greift, kann folglich niemanden überraschen, schließlich hat es lange so funktioniert und schließlich stand echte Forschung jahrelang auf keinem Vorlseungsverzeichnis - kaum ein Professor hat seine Studenten in so eine Richtung gefördert.

     

    Wer in Deutschland studiert, der beißt sich durch, hilft sich selbst und geht auch mal in den grauen Bereich, seit einigen Jahren wohl massenhaft und eher in den illegalen Bereich.

     

    Aber die hier genannten Organisationen haben auch Annette Schavan lange die Treue gehalten und hätten sie gerne gehalten oder behalten. Deren Äußerungen sind im Kern nicht ernst gemeint.

    Die mischen bei diesem Spiel auch mit.

     

    Gäbe es nicht eine gnadenlose Gruppe von Querulanten und Jägern, dann wäre das nie publik geworden. Von Seiten der Politik und Wissenschaft war das Betrügen jedenfalls kein Problem - aus gutem Grund. Viel sprich dafür, dass es so bleiben wird, ja vielleicht bleiben muss, denn Examenskurse mit 270 Teilnehmern, Promotionskurse mit 45 Leuten - die bürgen für eine schlechte Betreuung.

  • "Im zweiten Kreis sind die Bedingungen der Forschungspraxis so zu ändern, dass Betrug sich nicht mehr lohnt. Etwa durch Abkehr von „Tonnenideologie“ (Prenzel) in der Produktion wissenschaftlicher Papiere, wo heute in Berufungen nur die Masse der Aufsätze zählt, nicht aber ihre Qualität."

     

    Guter Anfang, aber ohne deutliche Erhöhung der Anzahl fester Stellen und der Wissenschaftsfinanzierung ist das zum Scheitern verurteilt.

  • Für Naturwissenschaftler recht einfach:

    Methodisch sauber bleiben und alles erwähnte auch zitieren, die Kollegen merken es sowieso.

     

    Ansonsten nicht auf das Aussageniveau unserer politischen Parteien herabsinken.