Betriebsversammlung bei VW: Dampf ablassen durch heiße Luft
Auf der Betriebsversammlung bei VW sprachen Bundesarbeitsminister Heil und Konzernchef Oliver Blume. Für Heil gab es Applaus, gegen Blume Protest.
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Zudem sagte Heil an die Adresse von Konzernchef Oliver Blume, die Investitionen, die die Zukunft der Standorte sicherten, müssten sichergestellt werden. Angesichts der seit Monaten ohne Annäherung verlaufenden Tarifgespräche sagte der SPD-Politiker: „Diese drei Punkte, die Sicherung von Standorten, die Sicherung von Beschäftigung und die Sicherung der Zukunft des Unternehmens, das muss am Ende rauskommen.“ Heil hat seinen Wahlkreis direkt neben Wolfsburg, dem Hauptsitz von VW.
Konkrete Vorschläge hat Heil nicht mit nach Wolfsburg gebracht. Konkrete Aussagen des SPD-Politikers zum gerade laufenden Tarifstreit hatte der Betriebsrat aber auch nicht erwartet. Die Politik mische sich hier traditionell nicht ein.
Heil sagte, die Sozialpartnerschaft in Deutschland und bei Volkswagen müsse sich in dieser Stunde bewähren. „Ich weiß als Arbeitsminister, Sozialpartnerschaft, das ist keine romantische Kuschelveranstaltung“, räumte der Politiker ein. Es gehe um harte, auch unterschiedliche Interessen. Doch faire Lösungen seien zentral. „Der langfristige wirtschaftliche Erfolg dieses Unternehmens geht nur mit den Beschäftigten dieses Unternehmens – und nicht gegen sie“, so der Arbeitsminister der rot-grünen Übergangsregierung. „Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Volkswagen, das sind Menschen mit Rechten, und das sind keine Kostenstellen mit Ohren!“
Knapp zwölf Wochen vor der angepeilten Bundestagswahl sagte Heil: „Wenn wir unsere industrielle Basis sichern wollen, dann müssen wir in Deutschland und Europa auf eine aktive Industriepolitik setzen.“ Deutschland müsse Autoland bleiben. Heil fungierte bereits bei der früheren Regierung als Arbeitsminister, und in der inzwischen gescheiterten Ampel-Regierung wurde er es erneut.
VW-Beschäftigte protestierten gegen den Vorstand
Die Betriebsversammlungen wurde von Protesten der VW-Arbeiter*innen begleitet. Auf einem Transparent war zu lesen „Wann spart der Vorstand?“. „Alle Werke müssen bleiben!“, wurde auf einem Flugblatt gefordert, das direkt unter dem Namen des Konzernchefs Oliver Blume am Podium angebracht war.
Blume verteidigte auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg den verschärften Sparkurs von Europas größtem Autobauer. „Die aktuelle Situation ist ernst“, sagte Blume laut einer Mitteilung bei dem nicht öffentlichen Belegschaftstreffen im Stammwerk.
„Deshalb braucht es dringend Maßnahmen, um die Zukunft von Volkswagen abzusichern.“ Der Wettbewerbsdruck steige, zugleich schrumpfe die Nachfrage. „Dazu kommt: Unsere Arbeitskosten sind in Deutschland inzwischen zu hoch geworden“, sagte Blume.
Mit Blick auf den laufenden Tarifstreit mit der IG Metall betonte er: „Wir sind gemeinsam an einer Lösung interessiert.“ Deshalb müsse weiter verhandelt und gemeinsam an messbaren und vor allem nachhaltigen Lösungen gearbeitet werden. Das von der IG Metall vorgelegte Gegenkonzept für Einsparungen ohne Werkschließungen reiche hier bei weitem nicht aus. Es könne aber ein „Startpunkt“ sein, sagt der VW-Chef.
Am Montag traten 47.000 Beschäftigte in den Warnstreik
„Unsere Produkte sind gut, jetzt müssen wir mit den Kosten runter – in allen Bereichen“, fordert Blume. „Wir können die besten Autos der Welt bauen – das spielt aber keine Rolle, wenn wir damit kein Geld verdienen.“
Erst am Montag hatten zehntausende Beschäftigte vor dem Vorstandshochhaus gegen die harten Sparpläne des Konzerns protestiert. 47.000 traten allein in Wolfsburg in einen Warnstreik.
Europas größter Autobauer verlangt wegen der schwierigen Lage 10 Prozent Lohnkürzung. Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen stehen im Raum. Die Tarifgespräche zwischen Konzern und IG Metall werden am kommenden Montag fortgesetzt.
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