Betriebsratswahl bei Tesla: Echte Demokratie in Grünheide
Die Tesla-Beschäftigten haben einen neuen Betriebsrat gewählt. Stärkste Liste wurde die IG Metall – zum Ärger von Gewerkschaftsfeind Elon Musk.
Wie der Wahlvorstand der Belegschaft mitgeteilt hat, erhielt die Liste „IG Metall Tesla Workers GFBB“ 3.516 der 8.917 gültigen Stimmen, also rund 39,4 Prozent. Im neuen Betriebsrat kommt sie auf 16 von insgesamt 39 Sitzen. Mit 3.201 Stimmen landete die Liste „Giga United“ um die derzeitige Betriebsratsvorsitzende Michaela Schmitz nur auf Platz 2. Sie kommt auf 15 Sitze. Die restlichen Plätze teilen sich drei kleinere Listen.
Vorausgegangen war ein ungewohnt hart geführter Betriebsratswahlkampf. Die IG-Metall-Liste warb mit einem zehn Punkte umfassenden Programm für sich. Wobei gleich der erste Punkt einem Misstrauensvotum gegen den bestehenden Betriebsrat gleichkam: „Der Betriebsrat muss auf der Seite der Belegschaft stehen – ohne Wenn und Aber.“ Genau das ist aus Sicht der Gewerkschaft bislang nicht der Fall. Außerdem kritisierte sie Tesla scharf. So würde „zu oft beim Unfallschutz gespart“. Es dürfte auch keinen Lohnentzug mehr bei Krankheit geben.
Als zentrale Forderung benannte die Gewerkschaft den Abschluss eines Tarifvertrages, mit dem höhere Entgelte, kürzere Arbeitszeiten und mehr Urlaub rechtssicher vereinbart werden sollten. „Ein besseres Tesla ist möglich“, gab der IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze als Losung aus.
Stimmungsmache gegen die IG Metall
Betriebsratschefin Schmitz machte demgegenüber heftig Stimmung gegen die IG Metall. „Was wir nicht brauchen, ist eine Gewerkschaft, die versucht, uns auszubremsen, die versucht, uns eine Schablone drüberzulegen, nur damit wir allen anderen Autobauern gleicher werden“, wetterte sie in der vergangenen Woche laut Handelsblatt in einer Rede vor der Belegschaft. In ihrem Programm warnte „Giga United“ vor „Frontenbildung und Klassenkampf“.
Auch Elon Musk mischte sich persönlich ein. Mit Blick auf die IG Metall verkündete er bei seinem Besuch am Mittwoch vergangener Woche, „eine externe Instanz, deren Interessen vielleicht nicht mit denen von Tesla übereinstimmen“, würde „nicht so gut sein“. Auch sprach er sich strikt gegen einen Tarifvertrag aus. Nach seiner Erfahrung würden Tarifverträge dazu neigen „Unternehmen zu spalten“, meinte Musk.
Nun wird sich das Tesla-Management wohl erst einmal auf einen weniger gefälligen Kurs der Arbeitnehmer:innenvertretung einstellen müssen. Denn bisher galt der Betriebsrat des Elektroautobauers als arbeitgebernah.
Das hat etwas mit seiner Gründungsgeschichte zu tun. Denn der erste Betriebsrat wurde Ende Februar 2022 noch vor der offiziellen Eröffnung des Grünheider Werkes gewählt. Damals war der Personalaufbau noch in vollem Gange und es gab dort nur rund 2.500 Beschäftigte, die sich an der Wahl beteiligen konnten. Vor allem in der Produktion, wo üblicherweise die Kernklientel der IG Metall beschäftigt ist, fehlte noch ein großer Teil der Belegschaft. Mittlerweile arbeiten 12.500 Menschen bei Tesla.
Hinter der von der IG Metall kritisierten frühen Betriebsratswahl stand der Versuch, die Gewerkschaft auszutricksen und auszubremsen. Mit Erfolg: Damals gelang es ihr nicht einmal, mit einer eigenen Liste anzutreten. Die Wahl gewann seinerzeit „Gigavoice“, eine laut IG Metall „in weiten Teilen dem Management nahestehende Liste“, auf der etliche leitende Beschäftigte kandidierten – die Vorläuferin von „Giga United“.
Doch das ist Geschichte. Zum Leidwesen von Elon Musk und dem Tesla-Management ist die IG Metall nun mit zweijähriger Verzögerung doch in den Betriebsrat eingezogen. Jetzt werden die Karten neu gemischt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe