Besuch beim BER: Klassenfahrt mit FDP

Der BER-Untersuchungsausschuss ging auf Besichtigungstour zum Problemflughafen. Prompt blieb der Bus unterwegs im Stau stecken.

Bis wohin Engelbert Lütke Daldrup das Misstrauen der Politiker steht, lässt sich erahnen Foto: C. Prößer

Klassenfahrt reloaded: Als am Freitagnachmittag ein knappes Dutzend Abgeordnete samt Mitarbeitenden und JournalistInnen vor dem Parlament in einen Bus klettert, fehlt nur jemand, der dem Fahrer eine Kassette mit Chart-Hits zum Abspielen in die Hand drückt. Aber es ist ja nur ein Ausflug des BER-Untersuchungsausschusses zum Flughafen vor den Toren der Stadt – über die Autobahn geht das eh ratzfatz.

Könnte man meinen. Nachdem sich das Gefährt durch den obligatorischen Stau auf dem T-Damm gearbeitet hat, ist auf der A113 dann alles dicht: Vor dem Tunnel in Rudow hat ein Lastwagen die Höhenkontrolle ausgelöst. Der Chauffeur kämpft sich mit wachsender Nervosität durch ebenso verstopfte Nebenstraßen, bei den Passagieren steigt die Stimmung.

„Jetzt kann Herr Stroedter sich das Chaos aus der ersten Reihe anschauen!“, kräht FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja fröhlich von hinten, kommt dann aber auch noch vor, um dem SPD-Kollegen unter die Nase zu reiben, was er auch sonst kassandrahaft wiederholt: Mit Eröffnung des BER stehe Berlin ein Verkehrs­infarkt ins Haus, die Straßenanbindung reiche nicht, ergo müsse Tegel offen bleiben. Stroedter gibt sich stoisch und betont später, so ein halbes Stündchen zusätzliches Warten könne man doch ­verkraften. Auf der A100 rund um Tegel passiere außerdem genau dasselbe – mit dem Unterschied, dass Tegel keinen Gleisanschluss habe.

Die seit Jahren unter dem BER schlummernden Bahnsteige werden nach letztlich geglückter Ankunft ebenso unter Führung von Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup besichtigt wie die im Laufe dieses Jahres hochgezogene Halle des Erweiterungsterminals T2. Dafür müssen alle in gelbe Gummistiefel schlüpfen und Helme aufsetzen: Die Arbeiten sind zwar sichtbar vorangeschritten, selbst die Gepäckförderanlage ist schon teilweise montiert, der Weg führt aber immer noch durch Matsch, und ganz oben schrauben Arbeiter Halterungen für die Blechfassade in den Beton.

Seit Ende November steht der Eröffnungstermin für den Hauptstadtflughafen: Mit neun Jahren Verspätung soll der BER (Codename "Willy Brandt") nun am 31. Oktober 2020 in Betrieb gehen – wobei das lange geheim gehaltene Datum nur den Beginn einer zehntägigen Umzugsphase markiert.

In Tegel wird die Flughafengesellschaft (FBB) ab dem 8. November nur noch die Heizung weiterbetreiben. Der Flugbetrieb endet dann an diesem Standort nach sieben Jahrzehnten. Der ganze Flugbetrieb? Nein: Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will die drei Hubschrauber der Flugbereitschaft bis 2029 dort stationiert lassen. Warum, weiß wohl nur sie selbst.

„Ein fertiges Gebäude“

„Im Hauptterminal brauchen Sie Stiefel und Helme nicht, das ist ein fertiges Gebäude“, betont Lütke Daldrup, was für Gelächter sorgt. Es geht dann gefühlt kilometerweit durch unterirdische Gänge, um einen Blick in den berüchtigten Kabelkanal unter dem Main Pier zu werfen – der Flughafenfront, an der später die meisten Flieger andocken –, ebenso in eine der Brandmeldezentralen, „auf ausdrücklichen Wunsch des Ausschusses“, so Lütke Daldrup. Schwingt da Ironie mit? Als der Sicherheitsmann endlich den richtigen Schlüssel für die Stahltür gefunden hat, befindet sich dahinter ein sehr unspektakulärer Kellerraum mit Stahlschränken, die mutmaßlich Technisches enthalten.

Entsprechend fällt das Fazit der sechs Ausschuss-Obmänner in ihren abschließenden Statements aus: Die Kabel und vieles andere wirkten ja ganz ordentlich – ob sie dann auch funktionierten, könne man als Laie selbstredend nicht beurteilen. SPD-Mann Jörg Stroedter verbessert sein skeptisches Fifty-Fifty zu den Eröffnungschancen auf ein optimistisches 60:40, die Oppositionellen stellen mal wieder die Kapazität des künftigen Single-Airports in Frage.

So gesehen ist der Trip am Ende herzlich erkenntnisarm. Für Christian Gräff (CDU) war trotzdem nicht alles umsonst: „Die Sonne kam zwischendurch raus, und wenn es jetzt noch ein Käffchen gäbe, wäre es der perfekte Nachmittag.“

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