Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Panik vor der Räumung

Die Flüchtlinge in der Schule reagieren geschockt auf die neue Drohkulisse. Linke und Piraten äußern scharfe Kritik an den Grünen.

Wie lange dürfen sie noch in der Schule bleiben? Flüchtlinge auf dem Dach. Bild: dpa

„Panisch“ sei die Stimmung in der besetzten Schule. Canan Bayram ist, drei Stunden nachdem sie den Flüchtlingen die Nachricht von der anstehenden Räumung überbringen musste, noch immer geschockt. „Allein die Meldung davon ist ein zusätzliches Risiko, dass hier was passiert“, sagt die Grünen-Abgeordnete, als sie am Nachmittag der taz-Anruf in der Aula der Gerhart-Hauptmann-Schule erreicht. Ausgerechnet sie, die am Abend zuvor den Flüchtlingen noch die Haltung des Bezirksamts vermittelte, es werde nicht geräumt, musste am Dienstagmittag genau das Gegenteil mitteilen. Die Polizei versicherte am Abend, dass frühestens am Mittwoch geräumt werde.

Von einem Alleingang von Baustadtrat Hans Panhoff, ihres grünen Parteikollegen, spricht Bayram. Tatsächlich hat er und nicht das komplette Bezirksamts die Polizei um Räumung gebeten. Um 12.45 Uhr sei das Ersuchen eingegangen, berichtet Innensenator Frank Henkel (CDU) in der üblichen mittäglichen Pressekonferenz nach der Senatssitzung.

Die Grünen-Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, lange Kreuzberger Bezirksverordnete, geht nicht so weit, Panhoffs Vorpreschen öffentlich abzulehnen. „Ob das der richtige Schritt war, werden wir im Nachhinein sehen“, sagt sie der taz, „das kann ich jetzt nicht sagen.“ Kapek macht aber auch klar: „Das ist nicht das Ersuchen des Bezirks.“ In einer gemeinsamen Erklärung von Fraktionsspitze und den Landesvorsitzenden heißt es kurz darauf, man wolle keine gewaltsame Räumung: „Die Polizei ist beauftragt, unter Hinzuziehung von Psychologen und zivilen Kräften eine Verhandlungslösung zu erzielen.“ Auch die Kreuzberger Grünen distanzieren sich von Panhoff.

Streit im Bezirksamt?

Dass das Ersuchen nur von ihm unterschrieben war, ist ein Grund, warum die Polizei nicht sofort reagiert. Es müsse juristisch geprüft werden, so Henkel und deutet Unstimmigkeiten im Bezirksamt von Friedrichshain-Kreuzberg an: Ihm gehören drei grüne Stadträte und je einer von SPD und Linkspartei an.

Von den anderen Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus gab es harte Kritik. Die Entscheidung zum Räumungsersuchen sei ein schwerer Fehler und „ein tief greifender Vertrauensbruch gegenüber den Flüchtlingen“, empörte sich Linkspartei-Landeschef Klaus Lederer. Piraten-Vorsitzender Christopher Lauer sagte der taz: „Das wird immer grotesker. Wenn Bürgermeisterin Herrmann räumen lassen will, hätte sie das schon vor einer Woche haben können.“ Herrmann sei überfordert. Der Linkspartei-Abgeordnete Hakan Tas, der wie Bayram als Vermittler agiert, erklärte, für weitere Gespräche mit den Flüchtlingen gebe es keine Perspektive, solange nicht die Räumungsandrohung zurückgenommen werde.

Ähnlich sahen das viele Unterstützer, die am Abend in der Umgebung der Schule protestierten. An Straßenblockaden beteiligten sich bis zu 1.000 Menschen. Die Polizei ging teils massiv gegen die Proteste vor.

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