piwik no script img

Besetzte Schule in Berlin-KreuzbergBezirk ist erpressbar geworden

Eine Räumung der von Flüchtlingen genutzten Schule in Kreuzberg ist vorerst vom Tisch - der Justiz sei Dank. Was heißt das für den Bezirk?

Sie werden hier wohl noch eine Weile hängen: Transparente vor der Hauptmann-Schule. Bild: dpa

Eigentlich müsste die grüne Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg der Justiz dankbar sein: Die von Flüchtlingen bewohnte Gerhart-Hauptmann-Schule wie angekündigt von der Polizei räumen lassen zu müssen bleibt Monika Herrmann erspart.

Und einen Schuldigen gibt es auch: die Gerichte. Nach dem Verwaltungsgericht hat am Mittwoch auch das Amtsgericht einen vorläufigen Räumungsstopp für die Schule angeordnet. Streng genommen gilt dieser zwar nur für zwei Bewohner, aber es ist kaum vorstellbar, dass der Bezirk die anderen 43 dort lebenden Menschen während eines laufenden Gerichtsverfahrens von der Polizei vor die Tür setzen lässt.

Selten noch hat man Bezirkspolitiker so planlos agieren sehen wie die Kreuzberger im Fall der Schule. Das Argument, allein gegen den Rest der Welt die Versäumnisse der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik ausbaden zu müssen, zieht schon lange nicht mehr. Politik machen bedeutet, es eben nicht allen recht machen zu können und Menschen auch mal wehtun zu müssen. Was hat den 45 Leuten, die im Juni das Dach des Gebäudes besetzt hatten, eigentlich das Recht gegeben, in der Schule zu bleiben, während 200 andere Flüchtlinge ausziehen mussten?

Gründe, das Gebäude zu schließen, um es unter anderen Vorzeichen neu aufzumachen, hatte das Bezirksamt genug: Kriminalität, Gewalt und Konflikte unter den Flüchtlingen – verstärkt durch Alkohol- und Drogenkonsum – waren dort an der Tagesordnung. Im Nachhinein mutet es wie ein Wunder an, dass es nur einen Toten gegeben hat.

Die Lehre aus dem Sommer ist: Bezirkspolitiker haben sich erpressbar gemacht. Die Quittung dafür bekommen sie nun von den Gerichten. Dass die Stadträte Hans Panhoff und Jana Borkamp (beide Grüne) den Einigungsvertrag mit den Dachbesetzern nur deshalb unterschrieben haben, weil diese damit drohten, sich das Leben zu nehmen, hat die Gerichte in den einstweiligen Verfügungsverfahren nicht interessiert. Unterschrift ist Unterschrift.

Das Mitleid mit der zahnlosen Bürgermeisterin und ihrem Team hält sich in Grenzen. Aber dass 45 Leute den Umbau einer Schule zu einer Flüchtlingsunterkunft blockieren, kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. PLUTONIA PLARRE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Was ist das denn für ein rassistisches Geschwurbel?

    Zitat "Was hat den 45 Leuten, die im Juni das Dach des Gebäudes besetzt hatten, eigentlich das Recht gegeben..." ? Falls Sie es noch nicht wissen: Der (Leidens-)Weg dieser Leute hat denen das Recht gegeben eine menschenwürdige Unterkunft zu bekommen.

    Sind Sie evtl. von PI ausgeliehen worden?

    • @MussManNichtWissen:

      Diese menschenwürdige Unterkunft hatten zumindest die, deren Asylverfahren in anderen Bundesländern läuft/lief, wenngleich nicht im Zentrum Berlins. Sie haben diese menschenwürdige Unterkunft freiwillig verlassen um nach Berlin zu gelangen.

       

      Gibt I.M.n. jeder Weg, d.h. jede Migration dem Migrierenden das Recht, am neuen Aufenthaltsort kostenlos, d.h. auf Kosten der Steuerzahler des neuen Aufenthaltortes, unterzukommen? Unter den Besetzern der GHS mögen auch Flüchtlinge gewesen sein. Aber alle, über deren Lebensweg die Öffentlichkeit genauer informiert wurde wie z.B. aus Anlaß des jüngsten Prozesses, waren dies nicht und kamen auch nicht aus Ländern mit Krieg und Bürgerkrieg.

      Daß manche Medien von "Flüchtlingen" sprechen, wenn sie "landwirtschaftliche Wanderarbeiter" meinen, ist traurig - aber der aufgeklärte Medienkonsument kann sich doch den Neusprech wieder zurückübersetzen.

  • Dieses Behauptung wieder aufzustellen, dass " 45 Leute den Umbau einer Schule zu einer Flüchtlingsunterkunft blockieren" ist Quatsch und dient nur alte Feindbilder wieder aufzuleben. Die dort 45 Bewohner blockieren gar nichts, ganz im Gegenteil: sie wollen mitwirken und mitarbeiten für das Errichten eines Flüchtlingszentrums.

     

    Das wäre echt etwas neu und mütig, wenn diese schlappe Grünen Politiker es wagen würden, Hilfe zur Seblsthilfe zu geährleisten, statt von Oben Dinge zu diktieren, die weit weg von der Realität und der Bedürfnisse der Betroffenen sind.

    • @Ninetto:

      Die Caritas (oder war es die Diakonie?) hat es diese Woche noch einmal bekräftigt, daß nach ihrer Auffassung das Haus zum Umbau leer sein muß. Sie hat lediglich darauf verwiesen, daß sie selbst an der Räumung nicht beteiligt ist, weil das Schaffen der Baufreiheit in einem öffentlichen Gebäude nun mal Sache der Verwaltung sei - in diesem Falle des Bezirksamtes.

      Daher stehen als Alternativen nur

      - Bauen ohne Geld und Plan, aber mit den Bestzern und

      - Bauen mit Geld und Plan, aber ohne Besetzer

      im Raum. Was ist da wohl das Sinnvollere, wenn das eigentliche Ziel, d.h. der Umbau, erreicht werden soll?

    • @Ninetto:

      Das Problem sind wohl die unterschiedlichen Ansichten und Ideen wie das Flüchtlingszentrum am Ende ausschauen und was es leisten soll.

       

      Zweites Problem ist vermutlich die Geldfrage. Weder die 45 Bewohner und ihre Unterstützer haben das nötige Geld und das Bezirksamt auch nicht.

  • Liebe Frau Plarre,

     

    ich finde Ihren Kommentar enttäuschend. Es gab wenig überraschend bereits diverse

    taz-Kommentare, die aus ihrem Verständnis für die "Grünen"-Position von Bezirksamt

    und BVV keinen Hehl gemacht haben. Das macht das Argument nicht richtiger.

     

    Ein Gegen-Argument, das für mich bereits seit Monaten auf der Hand liegt: Nach all

    den (auch richtigen taz-) Berichten über die miesen Winkelzüge, Menschen verachtenden Spielchen

    um das Rechtsgutachten zur Oplatz-Vereinbarung und weiteren Sündenfälle insbesondere des Berliner "CDU"-Innensenators: Wer kann überhaupt noch erwarten, dass refugees in der

    Schule oder andere irgend einer oder einem Politiker_in hier trauen? Egal, wie

    mensch sonst hierzu steht oder dazu, ob die Schule als "gescheitertes Projekt"

    sei oder nicht. Selbst Außenstehende sehen das. Das muss auch den refugees keine_r "einreden" - um einer anderen beliebten Kampagne hier erneut zu

    widersprechen. Das sehen diese von ganz allein.

     

    Selbst nach den von Ihnen hier auch angesprochenen Gerichtsurteilen, die den

    refugees nun - spät - zu nicht unerheblichen Teilen Recht gegeben haben: Wer kann

    einerseits noch erwarten, dass das das Vertrauen der refugees (wieder) herstellt?

    Und wer kann andererseits verlangen, dass sie - auch nur "vorüber gehend" - aus der

    Schule ausziehen, wenn sogar Gerichte - wenn auch vorläufig - mindestens Indizien

    für ein Nutzungsrecht sehen? Nach Ihrer Auffassung natürlich: ein "erpresstes"

    Nutzungsrecht. Geht es nicht noch drastischer und noch öfter wiederholt? Auch würden

    Manche nachweislich nicht wieder rein gelassen.

     

    Die taz-Netiquette vor Augen: Wo ist Ihr hier dargelegtes Argument wirklich eine

    Bereicherung der Diskussion und etwas Neues - bei allem Verständnis? Und wem bzw.

    welchem Ziel hilft das letztlich wirklich? Bringt es das Ganze einer Lösung näher?

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    ein aktiver

    • @aktiver:

      Beide Gutachter, sowohl Lescano als auch Hailbronner, waren sich darüber einig, daß keine gültige Vereinbarung zustandegekommen ist, u.a., weil

      a) die Unterschreibenden der Besetzerseite keine Verhandlungsvollmacht für den Rest der Besetzer hatten und also höchstens für sich selbst unterschrieben und

      b) auch Frau Kolat sachlich nicht zuständig war.

      Hailbronner stellt das in seinem Gutachten groß an den Anfang, Lescano bringt es eher nebenbei und mittendrin - aber das ist auch der einzige Unterschied zwischen beiden in diesem Punkt.

    • @aktiver:

      Egal ob das Nutzungsrecht nun erpresst wurde oder nicht, bezieht sich dieses Jahr nicht auf die ganze Schule und auch nicht auf das Schulgelände.

  • Guter Kommentar...Es ist eine Farce. Die Unfähigkeit der Kreuzberger Verantwortlichen spottet jeder Beschreibung. 45 Leute machen in ihrem Egoismus eine vernünftige Lösung für die Zukunft vieler Flüchtlinge kaputt und die grünen Politik-Luschen wissen dies in ihrer Feigheit und Inkonsequenz nicht zu verhindern...

    • @kasus74:

      Im Winter kann die Schule sowieso nicht renoviert werden. Oder wie stellen Sie sich Bauarbeiten bei Frost und Eiseskälte vor?

      Die Heizung lief in der Schule - on besetzt oder nicht - immer auf Hochtouren, und die Sicherheitsleute sollen ja - auch nach einem Rauswurf der 45 BewohnerInnen - weiter bezahlt werden. Also das Kostenargument ist eine Farce, ebenso wie dieses "Wir müssen morgen, mitten im November - anfangen zu renovieren". Monika Hermann möchte ihr ruiniertes Image vor den Konservativen ihrer eigenen Partei und den Konservativen allgemein retten. Und viele Konservativen und auch Rassisten wollen Flüchtlinge, die in ihrem Leben weit mehr durgemacht haben als sie selbst und täglich von Polizei- und Sicherheitskräften schikaniert werden, erziehen und EINEN RIEGEL VORSCHIEBEN. Politisierte Menschen, die ihre Rechte einfordern, sollen in der Schule nicht wohnen, darum geht es doch. Im WInter wird die Schule - falls die BewohnerInnen zwangsgeräumt werden - mit der Heizung auf Hochtouren und den gleichen Kosten für die Sicherheitsleute leerstehen und Rennovierungsarbeiten werden bei zunehmender Kälte nicht mehr möglich, sein Plutonie Plarre, so revolutiönär der Name auch klingt, so wenig Konstruktiv und revolutionär, sondern destruktiv und "nach Schuldigen Suchend" ist ihr Artikel.Ein Armutszeugnis für eine Journalistin, die weit entfernt vom Geschehen ist