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Debatte über SolarenergieMentalitätswechsel nötig

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Die Menge des Stroms aus privaten Solaranlagen, der ungenutzt bleibt, steigt rapide. Zeit für ein Ende der garantierten Einspeisevergütung.

Es wächst der Anreiz, den Solarstrom unmittelbar selbst zu nutzen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

D ass die Stadtwerke den starken Zubau an Photovoltaik auf Privathäusern inzwischen skeptisch beäugen, kann man ihnen nicht verdenken. Schließlich müssen die Unternehmen in immer mehr Stunden des Jahres Strommengen handhaben, die den Verbrauch vor Ort weit überschreiten. Sie müssen ihre Verteilnetze aufwendig ausbauen, um den Strom abführen zu können, was ihnen aber immer öfter nicht mehr gelingt.

In Zahlen: Im dritten Quartal 2024 lag die abgeregelte Menge an Solarstrom in Deutschland bei 589 Millionen Kilowattstunden. Noch sind das weniger als drei Prozent des erzeugten Solarstroms, aber die Verluste steigen rapide an. Also müssen neue Lösungen her. Nachdem die Photovoltaiklobby immer betont, wie billig Solarstrom geworden ist – was auch stimmt –, wäre es tatsächlich an der Zeit, für Neuanlagen die garantierten Einspeisevergütungen zu beenden.

Im April wird das Erneuerbare-Energien-Gesetz ein Vierteljahrhundert alt; dass ein Fördermodell, das zur Markteinführung einer Technologie gedacht war, so lange Bestand haben würde, hätte ohnehin niemand für möglich gehalten. Natürlich gibt es nun die obligatorischen Proteste. Bizarr ist der Vorschlag, statt die Subventionierung des eingespeisten Stroms zu kappen, zusätzlich den Bau von Speichern zu fördern.

Umgekehrt nämlich wird ein Schuh daraus: Wenn Strom vom Privatdach künftig nur noch in Höhe des jeweils aktuellen Marktpreises vergütet wird, dürfte das den Ausbau von Heimspeichern von ganz alleine vorantreiben, weil Hausbesitzer den Strom so billig nicht mehr hergeben wollen. Zugleich wird der Verzicht auf Garantievergütungen auch Anpassungen beim Stromverbrauch bewirken; es wächst nämlich der Anreiz, den Solarstrom unmittelbar selbst zu nutzen, zum Beispiel für das Elektroauto. Was die Energiewende dringend braucht, ist ein Mentalitätswechsel: Man sollte davon wegkommen, immer alle Schieflagen durch zusätzliche Förderungen lösen zu wollen.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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6 Kommentare

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  • Sehr viel sinnvoller als tausende Einzelspeicher im Privatbereich sind Großspeicher bei den Netzbetreibern, aus denen bei Bedarf Leistung für alle entnommen werden kann, ohne in die Privatsphäre des Einzelnen einzugreifen, wie das etwa bei bidirektionalem Laden von Kfz gedacht ist. Ein Heimspeicher ist an verschiedenen Tagen sehr unterschiedlich ausgelastet, je nachdem, welche Hausgeräte betrieben werden. Im Verbund vieler Anschlüsse gleicht sich das eher aus.

  • "Dass die Stadtwerke den starken Zubau an Photovoltaik auf Privathäusern inzwischen skeptisch beäugen, kann man ihnen nicht verdenken." Warum, wer so bremsend wie die Stadtwerke noch immer nur am Netzausbau arbeitet, noch immer nicht damit fertig ist, und rumjammert muss kein Verständnis ernten. Warum stellen die Stadtwerke den Kunden nicht einfach Batteriespeicher ins Haus mit dem Anreiz für einen gringeren Stromtarif. Der wäre schnell verdient durch Vermeidung von Abschaltung und zusätzlicher nächtlicher Vergleichmässigung der Stromabnahme mit billigstem Marktstrom.



    Da fehlt es einfach nur an Innovationsgeist und dem Willen voranzukommen. Aber die Kapazitätserweiterung der Solarenergie lief schon immer auf der Grundlage von privater Initiative.

  • "Dass die Stadtwerke den starken Zubau an Photovoltaik auf Privathäusern inzwischen skeptisch beäugen..."



    Inzwischen? Schon immer! Und da wird nicht nur skeptisch beäugt sondern aktiv gebremst. Auch gerade vom VKU.

  • Zustimmung. Der Zeitpunkt ist nach neuen Preisrückgängen für PV und Speicher günstig, und man nimmt damit auch den ewigen Erneuerbaren-Nörglern ein wichtiges Argument.

    Außerdem wird ein weiterer Anreiz gesetzt: die netzdienliche Nutzung der Speicher. Das heißt, die Speicher nicht schon morgens volladen, wie es heute häufig der Fall ist, sondern zur Mittagszeit, wenn der Strom an der Börse am billigsten ist. Dann verkauft man lieber den etwas teuereren, weil knapperen Morgens- und Nachmittagsstrom.

  • Lieber Herr Janzing,



    die Netzbetreiber haben es in den zurückliegenden Jahren versäumt, Großspeicher ins Verteilnetz einzubinden, was mittlerweile in China flächendeckend passiert. Eine moderate Subventionierung von Heimspeichern, könnte daher für viele ein Anreiz sein, einen solchen nachträglich einzubauen, um das Netz zu entlasten, vor allem wenn die Smartmeter-Gateways dann auch mal endlich Realität werden.

  • Speicher sind zu teuer. Und wie kommt man darauf, ein 10 kWh-Speicher würde Stromspitzen merkbar glätten. Das kommt bei uns ab 10 Uhr für eine Stunde, Dach Südost. Übrigens abgeregelt, die Anlage, damit die armen Netzbetreiber ja nicht fix investieren müssen.



    Aber wahrscheinlich will man die Energiewende nun mit Balkonkraftwerken bestreiten.