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Berlins Ex-Finanzsenator Peter KurthKontakte zu rechter Burschenschaft

Ex-Finanzsenator Kurth soll eine führende Rolle in einer rechten Burschenschaft spielen. Auch ein Projekt der Identitären soll er mitfinanziert haben.

Ex-Finanzsenator Peter Kurth hat offenbar engere Verbindungen ins rechtsradikale Milieu, als bislang bekannt war Foto: Thilo Rückeis/imago

Berlin afp | Der frühere Berliner CDU-Finanzsenator Peter Kurth hat einem Spiegel-Bericht zufolge engere Verbindungen ins rechtsradikale Milieu als bislang bekannt. Wie das Magazin am Freitag berichtet, engagiert sich Kurth bereits seit mehreren Jahren in einer ultrarechten Berliner Burschenschaft und soll in die Finanzierung eines Immobilienprojekts der rechtsextremistischen sogenannten Identitären Bewegung (IB) in Chemnitz eingebunden gewesen sein.

Dem Bericht zufolge gehört der langjährige Christdemokrat Kurth seit 2014 dem Vorstand der „Vereinigung Alter Gothen e.V.“ an, die unter anderem das Vermögen der Berliner Burschenschaft Gothia verwaltet. 2023 übernahm Kurth demnach den Vorsitz des Vereins. Die Burschenschaft Gothia soll weitreichende Kontakte in die rechtsextreme Szene unterhalten.

Auf dem Gelände der Gothia in Berlin-Zehlendorf trafen sich laut Spiegel mehrfach Funktionäre der AfD, ihrer Jugendorganisation Junge Alternative und der IB. Aus internen Unterlagen gehe hervor, dass mehrere Gothia-Mitglieder in der AfD oder der Jungen Alternative aktiv seien – darunter Martin Kohler, Chef der Jungen Alternative in Berlin und Fraktionsvorsitzender der AfD in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf.

Wie das Magazin unter Berufung auf „übereinstimmende Angaben aus Sicherheitskreisen“ berichtete, soll Kurth in die Finanzierung einer Ladenfläche der Identitären Bewegung in Chemnitz eingebunden sein. „Mehreren Quellen zufolge“ soll Kurth „eine hohe Summe“ in das Projekt investiert haben. Die Ladenfläche soll die Identitäre Bewegung später als Treffpunkt genutzt haben.

Gastgeber für Rechtsextreme

Wie die Staatsanwaltschaft Chemnitz dem Magazin bestätigte, läuft im Zusammenhang mit der Immobilie ein Ermittlungsverfahren gegen IB-Funktionäre wegen Geldwäscheverdachts. Bei den Beschuldigten handelt es sich demnach um IB-Bundeschef Philip Thaler und den Chemnitzer Ortsgruppenleiter.

Die Beschuldigten sollen im Oktober 2022 in Chemnitz eine Immobilienfirma gegründet haben, die wenig später das Ladenlokal in der Stadt gekauft haben soll. Im Zuge des Geschäfts soll es eine größere Transaktion gegeben haben, die eine Geldwäscheverdachtsanzeige zur Folge hatte. Ob dieser Vorgang in direktem Zusammenhang mit Kurth stehe, sei unklar. Laut Staatsanwaltschaft werde Kurth in dem Ermittlungsverfahren bislang nicht als Beschuldigter geführt.

In der vergangenen Woche war eine von Kurth initiierte Veranstaltung in dessen Privatwohnung in Berlin-Mitte im Juli 2023 bekannt geworden. Daran sollen Medienberichten zufolge auch die Berliner AfD-Landes- und Fraktionschefin Kristin Brinker, der Rechtsextremist Martin Sellner, der spätere AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, und der rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek teilgenommen haben. Dabei hatte Krah sein Buch „Politik von rechts“ vorgestellt, das in Kubitscheks Verlag erschien.

Seit kurzem kein CDUler mehr

Nach CDU-Angaben trat Kurth im September aus dem Kreisverband Berlin-Pankow aus und ist seitdem nicht mehr Mitglied der Partei. Wie die CDU Brandenburg der Nachrichtenagentur AFP sagte, wurde ein Eintrittsversuch kurz danach im Kreisverband Märkisch-Oberland nicht wirksam, weil Kurth keinen neuen Aufnahmeantrag eingereicht habe. Kurth habe ab Oktober keine Mitgliedsbeiträge mehr gezahlt und nicht an Veranstaltungen der Partei teilgenommen.

Kurth war unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) zwischen 1999 und 2001 Finanzsenator in Berlin. 2009 kandidierte er für die CDU für das Amt des Oberbürgermeisters in Köln. Im Oktober 2009 wurde er Präsident des Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft. Kurz nach Bekanntwerden des Treffens trennte sich der Verband von Kurth.

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8 Kommentare

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  • CDU verbieten?

  • Ach nee. Da soll es Tunnels unter der Brandmauer geben? Die dann hastig mit Brettern zugenagelt werden, sobald wer draufguckt?

    Ich binüberrascht, sag' ich Euch. Ü-ber-rascht.

    • @tomás zerolo:

      Die Brandmauer brennt schon lange! Was man wohl noch so alles in den Reiehn der CDU - und der CSU! - finden würde wenn man mal etwas genauer sucht?

  • "... engagiert sich Kurth bereits seit mehreren Jahren in einer ultrarechten Berliner Burschenschaft und soll in die Finanzierung eines Immobilienprojekts der rechtsextremistischen sogenannten Identitären Bewegung (IB) in Chemnitz eingebunden gewesen sein."



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    Gibt es genauere Informationen zu diesem Engagement? Es ist ein Unterschied, ob er nur gewohnheitsmäßig Mitgliedsbeiträge entrichtet oder aktiv im Altherren-Vorstand sitzt, meine ich.



    Zu etwaigen Schnittstellen lässt sich das taz-Archiv befragen:



    taz.de/Rechte-bei-...spolizei/!5827253/

    • @Martin Rees:

      "(...) Nach einem Rechtsextremismus-Skandal wurde ein neuer Sicherheitschef im Bundestag eingesetzt. Der steht politisch selbst rechts außen (...)". (taz, 21.1.22)

      An den Rechtsextremismus-Skandal bei der Bundestagspolizei kann ich mich noch gut erinnern; auch oder gerade durch die taz medial thematisiert.



      Aber bereits nach kurzer Zeit verschwand dieses Thema aus den Medien - was hat sich nach dieser Berichterstattung geändert und wie ist der diesbezügliche Ist-Zustand dieser Sicherheitsbehörde?

    • @Martin Rees:

      Norman P. und Michael B. waren jedenfalls zur Zeit ihrer "patriotischen" Aktivitäten nicht mehr Teil der Aktivitas, sondern des Philisteriums, genau wie Peter K.. D.h. K. war im AHV-Vorstand, als P. dort Kassenwart war, und als aufflog, dass er sich im Berliner Nazisumpf herumtrieb. B. wurde gefeuert in dem Jahr bevor K. in den AHV-Vorstand ging.

      Als AHV-Vorsitzender einer Burschenschaft bist du das Zentrum der Macht im "Lebensbund", eine klassische Graue Eminenz.

      Pg. Kohler hingegen ist aktuell 25-26 und möglicherweise noch Aktivitas (wenn er promoviert zB) www.tagesspiegel.d...tiert-4108024.html

      Jemand könnte mal Kohlers Facharbeiten anschauen. Schon 2019 wurde vermutet, dass er gezielt zu einer Führungsfigur aufgebaut werden soll, und die Ghostwriter der Rechten sind erfahrungsgemäß ziemlich schlampig beim Zitieren undso.

      Dieser "nette junge Mann" hier ist auch ein Alter Herr der Gotia d.h. Cophilister von P., B. und K.: de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_Kramer



      Der wiederum hat gute Connex zu Putschistenkreisen. Seine politische Karriere fällt komplett in die Amtszeit seines Vereinskollegen und -vorstands Kurth, und er ist notorisch als einer der unverhohlensten NSDAP-Revivalisten in der AfD.

      Dr. jur. Roscher-Meinel ist so deren Hausadvokat, der sich für keinen Klienten zu dreckig ist, solange es nur ein Rechter ist.

      Auffällig auch der hohe Anteil dezidierter Hardcore-(Alt)Nazis. Für Burschis eher ungewöhnlich, das waren tendenziell strikte Monarchisten.

      "Furchtlos und beharrlich!"

      Wann Razzia auf dem Haus? Der ganze Laden müsste so was von hochgenommen werden, mit Versiegelung und Beschlagnahmung aller Aktenbestände. Sollen die Füxe halt paar Wochen im Hotel schlafen; dafür zahl ich gerne Steuern.

      Da muss das Bundesinnenministerium ran.

      Die Berliner CDU wird so dermaßen NICHT dagegen vorgehen: der Gothia-AHV ist ne direkte Verbindung zwischen ihrer Parteimitte & Reichsbürgerterrorgruppen.

    • @Martin Rees:

      Naja steht doch im Artikel: Er ist einer der Chefs des Philisteriums.

      "Dem Bericht zufolge gehört der langjährige Christdemokrat Kurth seit 2014 dem Vorstand der „Vereinigung Alter Gothen e.V.“ an"

      Die Organisationsform eines (gemeinnützigen, zwecks "Brauchtumspflege") e.V. ist für Altherrenverbände in Deutschland üblich.

  • "Nach CDU-Angaben trat Kurth im September aus dem Kreisverband Berlin-Pankow aus und ist seitdem nicht mehr Mitglied der Partei."

    Aber all seine Naziaktivitäten hat er als CDU-Mitglied begangen.