Berliner Wohnungsunternehmen: Miete steigt in 200.000 Wohnungen
Mieterverein rät zur Prüfung: Nach dem gekippten Mietendeckel hatten kommunale Wohnungsfirmen und Senat vereinbart, Mieten ab 2022 steigen zu lassen.
David Eberhart, Sprecher des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmer BBU, sagte der taz: „Die Mietanpassung ist sehr moderat und beträgt durchschnittlich 4,81 Euro je Wohnung und Monat.“ Die ersten Schreiben seien bereits verschickt – die meisten Mieterhöhungen würden ab April wirksam. Betroffen sind Mieter*innen von Degewo, Gesobau, Gewobag, Howoge, Stadt und Land sowie WBM, die neben privaten Wohnungsunternehmen im BBU organisiert sind.
Eberhart sagte, die Mieterhöhungen „sind unverzichtbar, um die Liquiditätsentwicklung der Unternehmen sicherzustellen“ – insbesondere mit Blick auf Investitionen wie Neubau und energetische Maßnahmen im Bestand. Die zusätzliche Liquidität liege durch die Erhöhungen bei 11,3 Millionen Euro.
Sämtliche Erhöhungen seien im Einklang mit dem Senatsbeschluss vom Juni 2021 nach dem vom Verfassungsgericht gekippten Mietendeckel und Gesellschafterbeschlüssen aus dem August. Eberhart betonte: „Selbstredend gelten bei den Mietanpassungen auch die umfangreichen Härtefall-Regelungen, auf deren Grundlage individuelle Lösungen zur Vermeidung einer Überforderung der betreffenden Haushalte gefunden werden.“
Mieterverein rät zu Prüfungen
Reiner Wild vom Berliner Mieterverein hält die Erhöhungen „für sozial vertretbar“, aber rät betroffenen Mieter*innen dennoch dazu, die Erhöhungen daraufhin zu überprüfen, ob alle Vereinbarungen aus dem Juni 2021 eingehalten werden: Durch den Mietendeckel abgesenkte Mieten könnten schrittweise maximal bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben werden. Dabei dürfe die Mietanhebung nicht mehr als 2,5 Prozent jährlich betragen. Übrige Bestandsmieten dürften maximal um 1 Prozent jährlich angehoben werden – und auch nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Ab dem Jahr 2025 könnten Mieterhöhungen in Höhe der Inflationsrate erfolgen.
Trotz der Erhöhungen sagte Wild: „Im Vergleich zu vielen privaten Anbietern bieten kommunale Wohnungsunternehmen einen deutlich besseren Schutz.“ Gleichzeitig kritisierte er, dass der Mieterverein auch bei den kommunalen Wohnungsunternehmen in den letzten Monaten „häufig eine schleppende Mängelbeseitigung“ festgestellt hätte sowie einen „teilweise unzulänglichen Mieterservice“.
Martin Pallgen, Sprecher des neuen Senators für Stadtentwicklung und Wohnen Andreas Geisel (SPD), nannte den Senatsbeschluss aus dem Juni richtig. Das Vorgehen der Wohnungsbaugesellschaften sei wirtschaftlich sinnvoll. „Es liegt auch im Interesse der Mieterinnen und Mieter, dass die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften wirtschaftlich leistungsfähig bleiben“, sagte Pallgen. Es gehe um energetische Sanierungen, Sicherung der Wohnqualität und darum, Substanzverlust zu verhindern.
Immerhin hätten die Landeseigenen die Mieten zwei Jahre lang nicht erhöht, man rede lediglich über eine Steigerung von 8 Cent pro Quadratmeter im Monat. „Diese Steigerung liegt deutlich unter der Inflationsrate“, so Pallgen. Menschen, die sich das finanziell nicht leisten könnten, rate er dringend dazu, Härtefall-Regelungen in Anspruch zu nehmen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip