Berliner Wahlwiederholung am 12. Februar: Dann bis nächste Woche

Bei seiner letzten Sitzung vor der Wahl beschließt der rot-grün-rote Senat Eckpunkte einer Verwaltungsreform. Sie soll vor allem Kompetenzen klären.

Das Foto zeigt, wie sich Franziska Giffey (SPD) und Bettina Jarasch (Grüne) die Hand geben.

Dann bis nach der Wahl? Für Giffey (SPD) und Jarasch (Grüne) endet Sonntag ein harter Wahlkampf Foto: dpa

BERLIN taz | Da sitzen sie nun noch einmal gemeinsam vor den Journalisten, nebeneinander, ohne zu streiten oder sich ins Wort zu fallen, wie es schon am Abend bei der RBB-Spitzenkandidatenrunde wieder passieren würde: Franziska Giffey (SPD), Bettina Jarasch (Grüne) und Klaus Lederer (Linke), die aktuelle Regierungschefin, die Frau, die es gern an Giffeys Stelle wäre, und der Mann, der gern weiter mit den beiden Parteien weiter regieren würde. Die letzte Senatssitzung vor der Wahl liegt hinter ihnen, Eckpunkte einer großen Verwaltungsreform haben die drei beschlossen und eine Zusammenfassung unter den Journalisten verteilen lassen. Doch erst der Wahlausgang am Sonntag wird zeigen, ob das Aufgeschriebene haltbarer als fünf Tage ist.

„Wir geben hier zu dritt gerade ein ganz gutes Bild ab, nicht nur in der B-Note“, befindet Lederer. Tatsächlich ist die Stimmung überraschend wenig frostig angesichts voriger Streitereien gerade zwischen Giffey und Jarasch, sei es über Enteignung, den Ende März anstehenden Klima-Volksentscheid oder die Sperrung der Friedrichstraße.

Verworrene Strukturen

Das Thema Verwaltungsreform interessiert über Parteigrenzen hinweg – am Montag erst hat die CDU ihre Ideen vorgestellt, zuvor die FDP Änderungen in den Bezirksämtern gefordert: Berlins Verwaltung soll effizienter werden und schneller arbeiten, egal ob im Bürgeramt oder beim dringend nötigen Wohnungsbau. Dass das oft nicht passiert, liegt – wie viele Studien ergeben haben – an verworrenen Strukturen. Zu viel ist zu wenig geklärt zwischen den beiden Ebenen Senat und Bezirk.

Laut Plan des rot-grün-roten Senats soll sich ab April der Rat der Bezirksbürgermeister mit den beschlossenen Eckpunkten befassen. Danach ist ein „berlinweiter Reformkongress“ vorgesehen. Ab Oktober sollen mit einfacher Mehrheit mögliche Gesetzesänderungen im Parlament diskutiert und im Dezember beschlossen werden. Spätestens ab Anfang 2024 soll es um Verfassungsänderungen gehen. Zu den Änderungsideen gehört auch die Besetzung der Stadtratsposten in den Bezirken: SPD und Grünen streben an, dass sie nicht länger nach der Sitzverteilung in der BVV, sondern wie auf Landesebene allein von den koalierenden Parteien besetzt werden.

Der jetzige Zustand hat viel damit zu tun, dass Berlin ein Stadtstaat ist. In Bundesländern wie Brandenburg sind die Verhältnisse klar: Hier die Landesebene, dort die Städte und Landkreise, jeweils mit eigenen Parlamenten oder ähnlichen Gremien, festen Aufgaben und Finanzen. Berlins Bezirke hingegen sind keine eigenständigen Kommunen, auch wenn sie de facto jeweils mehr als 300.000 Einwohner starke Großstädte darstellen. Ihre auch am Sonntag zu wählenden politischen Vertretungen, die Bezirksverordnetenversammlungen, kurz BVV, sind rein rechtlich keine Parlamente, sondern Teil der Verwaltung.

Oft ist daher vom „Verwaltungs-Ping-Pong“ die Rede, bei dem sich Land und Bezirke gegenseitig verantwortlich machen, wenn etwas nicht klappt. Zu viele Behörden und Ämter reden auch bei einfach erscheinenden Vorhaben mit – ein Tempelhofer BVV-Mitglied rechnete im Tagesspiegel vor, dass 18 Verwaltungsschritte und drei Jahre Zeit nötig sind, bis ein Zebrastreifen auf die Straße gepinselt werden kann. Zwar kann auch jetzt schon der Senat wichtige Projekte aus einem Bezirk an sich ziehen. Einfacher wäre es, wenn dieses Ziehen gar nicht nötig wäre.

Im Kern wollen die Senatsparteien das Gleiche wie die oppositionelle CDU, die schon vor Monaten einen Verfassungskonvent für die nötigen Änderungen gefordert hat. Für landesweite Aufgaben soll allein der Senat zuständig sein, vor Ort sollen allein Bezirke das Sagen haben, mit einem gestärkten Bezirksbürgermeister. Eine Direktwahl der jetzt in der BVV gewählten Bezirkschefs soll in der Koalition aber nicht im Gespräch sein.

In der Herangehensweise unterscheiden sich die Koalition und die CDU allerdings: SPD, Grüne und Linkspartei wollen vorab alles umstrukturieren, was sich ohne Verfassungsänderungen ändern lässt – diese sollen erst am Ende stehen. Denn für sie braucht es im Parlament eine Zweidrittelmehrheit, die absehbar auch eine künftige Regierung nach der Wahl allein nicht haben wird. Die CDU will mit einem auf ein Jahr begrenzten Verfassungskonvent starten, allerdings parallel auch schon an leichter zu ändernden Dingen arbeiten.

Giffey lehnt das ab – ein solcher Konvent würde umfangreiche Vorarbeit ignorieren und „alles auf null setzen“. Jarasch hält das Vorgehen für komplett falsch: „Das würde bedeuten, das Pferd von hinten aufzuzäumen.“ Einen „Reformkongress“, den auch auf Nachfrage keiner der drei genau erläuterte und von einem Konvent abgrenzte, findet sich aber auch in den Senats-Eckpunkten – angeblich auf Wunsch der Grünen.

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