Berliner Stadtschloss: Grüne warnen vor Absacken des Schlosses
Politpromis feiern die Baugrube, seine Kritiker fürchten das finanzielle Risiko.
Die einen feierten das „größte Kulturbauvorhaben in Deutschland“, die anderen sehen am geplanten Schloss-Standort nahe der Staatsoper und dem Bau der U 5 eine weitere Baugrube im Sumpf versinken. „Droht uns ein zweites Köln?“, fragte die Grünen-Fraktion am Donnerstagmorgen in Anspielung auf das dort eingestürzte Stadtarchiv, während Bundesminister von CDU und CSU sowie der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Arbeiten an der Baugrube starteten.
Die Grünen-Abgeordneten Antje Kapek und Sabine Bangert halten dem Senat und der Bundesregierung vor, die Öffentlichkeit werde „gravierend über die Baubedingungen getäuscht“. Sie verlangen vom Senat, den Baugrund des Schlosses – offizell Humboldtforum – umfassend untersuchen zu lassen. Den gesamten Boden auszutauschen und mit einer Sand-Kies-Mischung zu ersetzen ist für die Grünen ein unkalkulierbares Risiko. „Eigentlich könnte man die Baugrube gleich mit Geldscheinen zuschütten“, äußerten sich Kapek und Bangert. Kürzlich war die Wiedereröffnung der nahen Staatsoper auf 2015 verschoben worden, nachdem alte Holzpfähle entdeckt wurden, die die weiteren Arbeiten erschweren.
Senat leitet weiter
Im von den Grünen zur Untersuchung aufgeforderten Senat fühlt sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nicht zuständig. Ihre Sprecherin Daniela Augenstein verwies an die Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum als Bauherrn.
Dort mochte man die Befürchtungen der Grünen nicht nachvollziehen: Anders als bei der Staatsoper befänden sich die Holzpfähle nicht in 17, sondern in 4 Meter Tiefe und seien bekannt gewesen, sagte Stiftungssprecher Bernhard Wolter. Sie herauszuziehen gehöre zum Auftrag der Baufirma. Auch den Vergleich mit Köln hielt Wolter für abwegig. „Bei uns versinkt nichts – das Schloss stand ja auch 300 Jahre an der Stelle.“
Der Start für die Baugrube ist noch nicht der offizielle Start der Bauarbeiten. Die sollen 2014 beginnen, Grundsteinlegung soll nächstes Jahr sein. 2018 soll schließlich der Bau mit drei barocken Fassaden und einer modernen fertig sein. Nutzer sollen die Humboldt-Universität, die außereuropäischen Sammlungen, derzeit in Dahlem beheimatet, und die Zentral- und Landesbibliothek sein. 590 Millionen Euro hat der Bundestag 2009 für den Bau bewilligt, 32 davon soll das Land Berlin zahlen.
Wowereit, Regierungschef und Kultursenator, äußerte sich bei dem Baustellentreff im kryptischen Stil einer pseudointellektuellen Oberstufen-Deutschklausur: Berlin gewinne mit dem Schloss „einen neuen kulturellen Schwerpunkt, der für die globalisierte Gegenwart und Zukunft entscheidende Akzente setzt“. Verständlicher drückte sich Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) aus: Für ihn wird das Schloss „eine kulturelle Visitenkarte für ganz Deutschland“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird